Dieser Artikel behandelt den prähistorisch-antiken Rundbau. Für den Gattungsnamen vulkanischer Kuppeln auf Planeten und Monden siehe Tholus.
Die Tholos (altgriechischἡ θόλοςhē thólos, daher fachsprachlich Femininum, allgemeinsprachlich auch Maskulinum;[1] Plural Tholoi) war in der griechisch-römischen Antike ursprünglich ein sakraler Rundbau mit oder ohne Säulenumgang. Der Begriff wurde später auf jeden Rundbau und insbesondere das runde Dach ausgedehnt. Daher konnten runde Profanbauten ebenfalls Tholos genannt werden. In römischer Zeit konnte Tholos (lateinischtholus) auch den runden Grabbau bezeichnen.
Das Wort taucht zuerst in HomersOdyssee (22. Gesang, Verszeilen 442, 459, 466) auf. Daher werden in der Forschung auch bronzezeitliche Rundbauten, vor allem sogenannte Kuppelgräber des mediterranen Raumes und Rundbauten mit Kraggewölbe, als Tholos bezeichnet.
Wegen der Verwendung des Begriffs bei Homer wurde er zunächst auch für mykenische Rundbauten, die sogenannten Tholosgräber von Mykene, benutzt. In Anlehnung hieran wurde der Begriff in der Folge auf Rundbauten anderer vorgeschichtlicher Kulturen übertragen.
Die Toten der iberischen Kupfersteinzeit wurden auch in natürlichen oder künstlichen Höhlen bestattet. Eine künstliche Höhle wurde meist in Form eines mit einem Gang versehenen Iglus aus dem Kalksteinfelsen herausgearbeitet. Von Georg und Vera Leisner wurde diese Anlagenform als Felskuppelgräber bezeichnet. Die ersten Felskuppelgräber wurden zwischen 1868 und 1878 von Carlos Ribeiro bei Palmela untersucht („künstliche Höhlen von Quinta do Anjo oder Casal do Pardo“).
Auf Kreta wurden 94 Tholosgräber gefunden, die aus der frühen Bronzezeit stammen. Etwa 50 datierbare Tholoi befinden sich im Süden der Insel. Große Funde wurden insbesondere in der Messara-Ebene und deren Umgebung gemacht, wo 75 Tholosgräber entdeckt wurden, wovon 25 der im Süden Kretas gefundenen Tholosgräber in die Zeitstufe Frühminoisch I datiert wurden. Es handelt sich dabei um relativ kleine Kuppelgräber, die etwa 5,50 Meter Durchmesser aufweisen.[2]
Ein größeres mykenisches Beispiel in fortgeschrittener Stein- und Gewölbetechnik ist das Schatzhaus des Atreus. Es handelt sich um das älteste Beispiel eines Deckenausbaus unter ausschließlicher Verwendung mittelformatiger Steine. Ähnlich monumentale Grab-Tholoi wurden z. B. 1880 in Orchomenos und in den 1990ern bei Tzanata auf Kefalonia entdeckt.
Zahlreiche Tholoi fanden sich im Innern der zumeist ins 8. bis 5. Jahrhundert datierten sardischenNuraghen, doch sind davon nur wenige gut erhalten.
Antike
Die antike Tholos weist meist eine kreisrunde Cella und einen die Cella konzentrisch umgebenden Säulenumgang auf. Man spricht dann von peripteraler Tholos. Sie kann im Innern einen weiteren Säulenring oder eine Halbsäulengliederung der Innenwand umfassen. Doch gibt es auch schlichte Lösungen ohne Säulenumgang wie die Tholos auf der Agora von Athen, die antiken Lexigraphen meist als Referenz für ihre Definition des Begriffs Tholos diente.
Die Bauform der peripteralen Tholos war besonders im 4. Jahrhundert v. Chr. beliebt. Als besonders schönes Beispiel der griechischen Klassik gilt die Tholos der Marmaria im Athena-Heiligtum in Delphi. Sie ist zugleich auch eine der bekanntesten. Berühmt ist auch die Tholos von Epidauros, die auch innerhalb der Cella einen Säulenring aufweist. Von diesem inschriftlich Thymele genannten Bau unbekannter Funktion sind zahlreiche Inschriften mit Bauabrechnungen erhalten. Weitere bekannte Tholoi waren das Arsinoeion in Samothrake und der Rundtempel für Philipp II. von Makedonien und seine Familie, das sogenannte Philippeion in Olympia.
Ein der peripteralen Tholos oberflächlich ähnelndes Bauwerk ist der Monopteros, dem jedoch der entscheidende Rundraum, die Cella fehlt. In der antiken Literatur konnte der Begriff Monopteros dennoch gleichbedeutend mit Tholos verwandt werden.
Obwohl die meisten Trulli in Apulien geschichtlich erst in die Zeit ab dem 16./17. Jahrhundert einzuordnen sind, reichen ihre architektonischen Vorbilder bis zu den antiken Tholosbauten zurück.
Im Nahen Osten werden bis in die Gegenwart Feldställe, Hütten oder Unterstände mit Kraggewölben errichtet, wie die bienenkorbförmigen Lehmgebäude in Harran (Türkei) oder ähnliche bei Aleppo und Hama (Syrien).
Joachim Losehand: Häuser für die Herrscher Roms und Athens? Überlegungen zu Funktion und Bedeutung von Gebäude F auf der Athener Agora und der Regia auf dem Forum Romanum (= Schriftenreihe Antiquitates. 42). Kovač, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-3397-4.
Stephen G. Miller: Circular Roofing Systems and the Athenian Tholos. In: Πρακτικά του ΧΙΙ Διεθνούς Συνεδρίου Κλασικής Αρχαιολογίας, Αθήνα, 4–10 Σεπτεμβρίου 1983. Band D. Ταμείο Αρχαιολογικών Πόρων και Απαλλοτριώσεων, Αθήνα 1988, S. 134–139, (Akten des Internationalen Kongresses für Klassische Archäologie in Athen 4.–10. September 1983).
Florian Seiler: Die griechische Tholos. Untersuchungen zur Entwicklung, Typologie und Funktion kunstmäßiger Rundbauten. Philipp von Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0918-X.
Weblinks
Commons: Tholos – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien