Vor 12.000 Jahren besiedelten Paläo-Indianer das Gebiet des heutigen Tennessee. Neben Projektilspitzen fand man das Skelett eines Mastodonten im Williamson County mit für diese früheste Periode typischen Schnittspuren.[1]
Aus der Archaischen Periode (ca. 8000–1000 v. Chr.) stammt die archäologische Fundstätte Icehouse Bottom südlich von Fort Loudoun im Monroe County, die sich auf die Zeit um 7500 v. Chr. datieren ließ.[2] Weitere Fundstätten dieser Periode, jedoch wesentlich jünger sind Rose Island, nur wenige Kilometer flussabwärts von Icehouse Bottom, und die Eva site im Benton County. Sie wird der Big Sandy culture zugerechnet und war zwischen 2000 und 1000, möglicherweise 500 v. Chr. bewohnt.
Aus der Woodland-Periode (1000 v. Chr.–1000 n. Chr.) wurden die Pinson-Mounds im Madison County und Old Stone Fort im Coffee County ausgegraben, die beide in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends n. Chr. entstanden. Dabei zählen die Pinson Mounds zu den größten Mounds der Mittleren Waldlandperiode im Südosten der USA. Zu diesem Bauwerk gehören mindestens 12 Mounds.[3] Die Stätte Old Stone Fort ist eine ausgedehnte zeremonielle Stätte mit einem komplizierten Zugangsweg. Sie lag seinerzeit auf einer kaum zugänglichen Halbinsel.[4]
Aus der Ära der Mississippi-Kultur (um 1000–1600) stammen Dörfer an den meisten Flussläufen des Bundesstaates, darunter Chucalissa bei Memphis, Mound Bottom im Cheatham County, die Shiloh Mounds im Hardin County und die Toqua site im Monroe County.[5] Ausgrabungen an der McMahan Mound Site im Sevier County – dort fand sich ein Mound mit einer Breite von 73 m aus der Zeit um 1200 bis 1500 – und bei Townsend im Blount County – dort förderten Archäologen eine Dorfpalisade aus der Zeit um 1200 zutage[6] – präzisierten das Bild von diesen Mound-Buildern in Tennessee.
Von 1539 bis 1543 durchzog der spanische Entdecker Hernando de Soto das Gebiet östlich des Mississippi River. Welchen Stämmen die archäologischen Überreste des 16. und 17. Jahrhunderts zuzuordnen sind, ist umstritten. Im 18. Jahrhundert lebten nur die Cherokee permanent in Tennessee. Die Chickasaw kontrollierten zwar den Westen des heutigen Bundesstaates, doch gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sie dort mehr unternahmen, als zu jagen. Die Shawnee und Creek besetzten kurzzeitig einige Gebiete, doch es gibt praktisch keine archäologischen Spuren.
Zu Beginn der Besiedlung durch europäische Kolonisten wurden die meisten Ureinwohner nach Süden und Westen verdrängt, insbesondere die Stämme der Muskogee und Yuchi. Bis zur Gründung des Staates stand das Gebiet unter der Verwaltung von North Carolina und war als Südwest-Territorium bekannt. Das Südwest-Territorium galt sehr lange Zeit als gesetzloses Gebiet, da die Regierung von North Carolina es nicht schaffte, eine ausreichende Verwaltung zu etablieren.
1785 bis 1788 wurde der erste Versuch unternommen, einen Bundesstaat der USA zu gründen. Im Osten des heutigen Tennessee wurde der Staat Franklin gegründet. Nach fünf Jahren des Streits mit der Regierung von North Carolina und häufiger Indianerüberfälle brach die Regierung in Greeneville zusammen, und das Gebiet geriet wieder unter die Kontrolle von North Carolina. Am 1. Juni 1796 trat Tennessee den Vereinigten Staaten durch eine vom Senat gebilligte Gründung als 16. Staat bei. Von 1838 bis 1839 wurden die restlichen verbliebenen ca. 17.000 Cherokee in den Westen von Arkansas deportiert. Dieser Gewaltmarsch, bei dem etwa 4000 Indianer zu Tode kamen, ist unter dem Namen Pfad der Tränen (Trail of Tears) bekannt.[7]
Am 8. Juni 1861 löste sich Tennessee nach einer im zweiten Anlauf erfolgreichen Volksabstimmung als letzter der Südstaaten aus der Union und trat am 2. Juli den Konföderierten Staaten von Amerika bei. Es gab in bestimmten Gegenden eine klare Mehrheit von Sezessionsgegnern, die nach dem Referendum auf einer Versammlung in Greeneville den Verbleib Osttennessees in den Vereinigten Staaten beschlossen, ohne sich gegen Nashville durchsetzen zu können.[8] Während des Krieges fanden mehrere Schlachten auf dem Boden Tennessees statt, so zum Beispiel die Schlacht von Chattanooga, die Schlacht von Nashville und die Schlacht von Franklin. Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg gab sich der Staat am 22. Februar 1865 eine neue Verfassung, durch die die Sklaverei abgeschafft wurde, und ratifizierte am 18. Juli 1866 den 14. Zusatzartikel zur US-amerikanischen Verfassung. Tennessee war damit der erste der abtrünnigen Staaten, der den Vereinigten Staaten wieder beitrat (am 24. Juli 1866).
Im 20. Jahrhundert erlebte Tennessee einen enormen Wirtschaftsaufschwung. Insbesondere das Oak Ridge National Laboratory machte Tennessee zu einem bedeutenden Industriestandort der USA. In den 1960er und 1970er Jahren war der Staat ein Brennpunkt der Bürgerrechtsbewegung, die gegen die damals vorherrschende Rassentrennung kämpfte. Tennessee war dabei aus Sicht der Kämpfer für die Gleichberechtigung einer der rückständigsten Staaten. Erst 1967 wurde Tennessee durch den Obersten Gerichtshof dazu gezwungen, als einer der letzten Staaten der USA das Verbot der Mischehen aufzuheben. 1975 erklärte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein Gesetz Tennessees für illegal, das anordnete, dass der PseudowissenschaftIntelligent Design und der Evolutionstheorie im Biologieunterricht an Tennessees staatlichen Schulen der gleiche Anteil an Zeit eingeräumt werden müsse.[9]
Geografie
Nachbarstaaten
Tennessee wird im Norden durch die Staaten Kentucky und Virginia, im Osten durch North Carolina und im Süden durch Georgia, Alabama und Mississippi sowie im Westen durch Arkansas und Missouri begrenzt. Damit ist Tennessee (gemeinsam mit Missouri, das ebenfalls an acht Staaten grenzt) der US-Bundesstaat mit der größten Zahl an Nachbarstaaten. Durch den Bundesstaat fließt der Tennessee River.
Gliederung
Tennessee besteht landschaftlich wie auch in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht aus drei unterschiedlichen Großregionen, welche auch im Verwaltungsaufbau des Staates an verschiedenen Stellen eine Rolle spielen, den so genannten „Grand Divisions“ von Osttennessee (East Tennessee), Mitteltennessee (Middle Tennessee) und Westtennessee (West Tennessee). Während Osttennessee durch die Appalachen dominiert wird, weist Mitteltennessee sanfte Hügellandschaften und fruchtbare Flusstäler auf, auch befindet sich die Hauptstadt Nashville in Mitteltennessee. Westtennessee, zwischen dem Tennessee River und dem Mississippi gelegen, gehört geographisch bereits zur Golfküstenebene. Jede der drei „Divisions“ umfasst ungefähr ein Drittel des Staatsgebiets.
Die Großregionen sind landesrechtlich definiert, der Tennessee Code benennt die einzelnen Counties einer jeden „Division“.[10] Rechtliche Bedeutung haben die Regionen beispielsweise, sofern ein bestimmter Proporz zwischen ihnen bei der Besetzung von Richterposten (etwa am Tennessee Supreme Court) oder in Verwaltungsräten eingehalten werden muss. Symbolisch sind die drei „Divisions“ (auch die „drei Tennessees“ genannt) in den drei Sternen der Staatsflagge repräsentiert.
20 Prozent der Einwohner Tennessees wurden (Stand: 2008) außerhalb der Südstaaten geboren, 1990 waren es lediglich 13,5 Prozent. Vor allem aus den nördlichen und westlichen USA sind Menschen nach Tennessee gezogen, angezogen in erster Linie durch den boomenden Gesundheitssektor und die Automobilbranche, hier vor allem die Nordamerika-Zentrale des japanischen Autoherstellers Nissan in Nashville, das zu jenem Zeitpunkt eine der am stärksten wachsenden Metropolregionen der Vereinigten Staaten war.[16]
Beim Zensus 2010 gaben die Befragten die folgende Herkunft (im engl. Original: „racial“, etwa „rassische“) an:
In jenem Jahr gaben 4,6 % der Einwohner an, sich Hispanics oder Latinos (gleich welcher Hautfarbe) zugehörig zu fühlen.[17] 2011 gehörten 36,3 % der Unter-Einjährigen in dem Bundesstaat einer der Minoritäten an, definiert als: Hispanic, Afroamerikaner, asiatische Amerikaner, Indianer oder Ureinwohner Alaskas oder Hawaiis.[18]
2000 waren die fünf am häufigsten genannten Ethnien Amerikanisch (17,3 %), Afroamerikanisch (13,0 %), Irisch (9,3 %), Englisch (9,1 %) und Deutsch (8,3 %).[19] Die meisten derjenigen, die „amerikanisch“ als Herkunft nannten, sind englischer oder „schottisch-irischer“ Herkunft, wobei letztere allerdings auch calvinistische Emigranten aus anderen Teilen Europas umfassen kann. Nach einer anderen Schätzung sind etwa 21–24 % der Einwohner Tennessee mehrheitlich englischer Abstammung.[20][21] Beim Zensus 1980 hatten noch 45 % der Einwohner angegeben, mehrheitlich englischer Abstammung zu sein.[22]
Die Bevölkerung Tennessees konzentriert sich vor allem in drei Korridoren: zum einen um Memphis im Westen herum, zum anderen um Nashville im Zentrum und zum dritten entlang des Tennessee River mit Chattanooga ganz im Süden sowie Knoxville im Osten des Bundesstaates.
Tennessee war in den 1960er Jahren der Mittelpunkt der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, die ihren Höhepunkt 1968 durch das Attentat auf Martin Luther King in Memphis erreichte. Die politische Landschaft Tennessees änderte sich früher als in den anderen Südstaaten. Durch die Tennessee Valley Authority war eine frühere Industrialisierung und damit auch eine modernere Gesellschaftsordnung eher möglich als zum Beispiel in Mississippi oder Alabama. Die konservativen Demokraten der Südstaaten verloren ihre Machtstellung hier bereits in der Zeit der Bürgerrechtsbewegung. Die Etablierung der Republikaner begann mit der Präsidentschaftswahl 1952. Seither gewannen die Demokraten nur 1964, 1976 sowie mit Bill Clinton 1992 und 1996. Der Heimatstaat von Al Gore, der heute maßgeblich vom Bible Belt beeinflusst ist, gilt als überwiegend konservativ. Er kann daher mittlerweile als Red State bezeichnet werden. Im Electoral College stellt Tennessee elf Wahlmänner. 1980 waren es noch zehn.[25]
In Tennessee gab es seit 1976 dreizehn Hinrichtungen, zuletzt im Februar 2020.[26] Im Juni 2024 waren 45 zum Tod Verurteilte inhaftiert.[27] Nachdem es zu Lieferengpässen beim Medikamentencocktail für die letale Injektion (der aktuell in Tennessee verwendeten Hinrichtungsmethode) gekommen war, unterzeichnete Gouverneur Bill Haslam am 22. Mai 2014 ein Gesetz, das den elektrischen Stuhl wieder zur ersten Alternative erklärt, für den Fall, dass die Hinrichtung per Giftspritze aufgrund von Medikamentenmangel nicht vollstreckt werden kann.[28]
Das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (engl. per capita real GDP) lag im Jahre 2016 bei USD 49.430 (nationaler Durchschnitt der 50 US-Bundesstaaten: USD 57.118; nationaler Rangplatz: 35).[29] Die Arbeitslosenrate lag im Februar 2023 bei 3,5 %[30] (Landesdurchschnitt: 4,1 %).
Entscheidende Wirtschaftsimpulse gingen von der Tennessee Valley Authority aus, die zum Ausbau der Elektrizitätsgewinnung, der Infrastruktur und Industrialisierung führte.
Zu den bekannteren Unternehmen mit Sitz in Tennessee gehören der Frachtdienstleister FedEx und der Papierhersteller International Paper, die ebenso ihren Sitz in Memphis haben wie der zweitgrößte After Sales-Autoteilelieferant AutoZone mit 1200 Beschäftigten in seiner Zentrale.[31] Die Kinokette Regal Entertainment Group ist in Knoxville beheimatet, das aus Kodak abgespaltete Chemieunternehmen Eastman Chemical in Kingsport. Der Baugerätehersteller Caterpillar ist in Nashville mit dem Sitz seiner Finanzsparte vertreten, der Versicherungskonzern Unum mit seiner Zentrale in Chattanooga und der japanische Autohersteller Nissan mit seiner Nordamerika-Zentrale in Franklin. In dem Bundesstaat hat zudem Volkswagen 2008 ein Montagewerk eröffnet, in dem verschiedene Modelle produziert werden. International bekannt sind darüber hinaus die beiden Whiskey-Hersteller Jack Daniel’s und George Dickel, deren Destillerien sich in Tennessee befinden.
Verkehr
Straßen
Die Interstate 40, die von Barstow (Kalifornien) nach Wilmington (North Carolina) führt, durchquert den Bundesstaat in west-östlicher Richtung und verbindet dabei die Metropolregionen Memphis, Nashville und Knoxville. Diese Magistrale kreuzen kleinere Interstates: Die I-240 in Memphis, I-440 in Nashville, I-140 von Knoxville nach Alcoa und I-640 in Knoxville.
In Nord-Süd-Richtung verlaufen die Interstates 55 (von Chicago nach LaPlace (Louisiana), in Tennessee entlang des Mississippi nahe Memphis), 65 (von Gary (Indiana) nach Mobile (Alabama), in Tennessee nahe Nashville), 75 (von Miami zur kanadischen Grenze im Bundesstaat Michigan, in Tennessee als Verbindung von Chattanooga nach Knoxville) und 81, der an der I-40 bei Dandridge (Tennessee) beginnt und in nordöstlicher Richtung zur kanadischen Grenze im Bundesstaat New York führt. I-155 ist ein Zubringer aus Richtung Missouri, der nördlich von Memphis endet, während I-275 ein Zubringer des I-75 in Knoxville ist. Die I-75 trägt in Tennessee den offiziellen Namen Albert Arnold Gore Sr. Memorial Highway nach dem Politiker der Demokraten.
Wichtige Wasserstraßen sind der Mississippi und der Tennessee River.
Trivia
Tennessee ist Namensgeber des radioaktiven chemischen Elements Tenness, das 2010 erstmals künstlich hergestellt werden konnte und im Juni 2016 nach diesem Bundesstaat benannt wurde. Damit ist Tennessee nach Kalifornien bereits der zweite Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika, der Namensgeber eines chemischen Elements wurde. (Nach dem Staat am Pazifik wurde das chemische Element Californium benannt.)
↑Gerald F. Schroedl: Mississippian Culture. In: The Tennessee Encyclopedia of History and Culture. 2002.
↑Iva Butler: Archaeologists Pack Up Townsend Dig. The Maryville-Alcoa. In: The Daily Times. 17. Februar 2001.
↑Samuel Carter (III): Cherokee sunset: A nation betrayed. A narrative of travail and triumph, persecution and exile. Doubleday, New York 1976, S. 232.
↑James B. Jones, Jr: Tennessee in the Civil War: Selected Contemporary Accounts of Military and Other Events, Month by Month. McFarland, Jefferson 2014, ISBN 978-0-7864-6129-5, S. 4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Table of Contents. In: Tennessee Code Unannotated: Title 4, Chapter 1, Part 2 (Grand Divisions and State Capital). via LexisNexis; abgerufen im 1. Januar 1 (englisch).
↑Angela Brittingham, G. Patricia de la Cruz: Census 2000 Brief: Ancestry: 2000. (PDF; 468 kB) In: U.S. Census Bureau. 22. Juni 2004, S. 6, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. September 2004; abgerufen am 13. April 2023 (englisch).
↑David Hackett Fischer: Albion's Seed: Four British Folkways in America. Oxford University Press, New York 1989, ISBN 0-19-503794-4, S.633–639 (englisch).
↑Dominic J. Pulera: Sharing the Dream: White Males in a Multicultural America. Continuum, New York 2004, ISBN 0-8264-1643-8, S.57 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑US Department of Commerce, BEA, Bureau of Economic Analysis: Bureau of Economic Analysis. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. August 2017; abgerufen am 27. August 2017 (englisch).