Dieser Artikel beschreibt das 1976 eingestellte Straßenbahnnetz der Stadt Hagen, zum heutigen Busunternehmen in derselben Stadt siehe Hagener Straßenbahn AG.
Straßenbahn Hagen
Düwag-Triebwagen am Bahnübergang Hohenlimburg (1960)
Am 29. Juli 1884 wurde in der Stadt Hagen die Hagener Straßenbahn-Gesellschaft gegründet, die in der Stadt eine Pferdebahn betreiben wollte. Am 2. August des Jahres ist mit der Stadt ein Vertrag über den Bau und Betrieb einer solchen Bahn geschlossen worden. Nach den Probefahrten am 5. und 6. November ging die Pferdebahn am 13. November 1884 in Betrieb. Die 2.050 Meter lange Bahn führte vom Bahnhof der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft über Schwenke sowie die Elberfelder und die Frankfurter Straße zum Bahnhof Oberhagen. Am 9. Februar 1885 wurde eine Verlängerung von 1.280 m bis Eilpe in Betrieb genommen. Zudem weihte man eine weitere Strecke von Schwenke nach Kückelhausen ein, welche man allerdings bereits nach ein paar Monaten wieder stilllegte. Aufgrund der Bahnübergänge, die Verzögerungen verursachten, und der fehlenden direkten Verbindung zur ersten Strecke wurde sie von den Hagenern nicht angenommen und eingestellt. Da die Ausgaben bald die Einnahmen der Bahn überstiegen, musste die Gesellschaft am 30. Juli 1889 Konkurs anmelden.
Der Konkursverwalter führte die Gesellschaft zunächst auf Kosten der Konkursmasse weiter. In der Zwischenzeit war eine Unterführung unter der Eisenbahnstrecke entstanden und die Strecke nach Kückelhausen hatte auf Kosten der Stadt einen Anschluss erhalten. So wurde der Betrieb auf ihr wieder aufgenommen. 1891 ist die Bahn von der Kölner Firma Hammacher&Co erworben worden. Diese erweiterte die Pferdebahn vom Markt über die Körnerstraße, den Hauptbahnhof und die Wehringhauser Straße bis nach Kückelhausen.
Eckeseyer Straßenbahn
Die noch selbstständige Gemeinde Eckesey gründete am 8. Juni 1894 eine eigene Straßenbahngesellschaft. Am 7. Juli 1895 eröffnete sie eine 2.550 Meter lange Strecke von Eckesey nach Altenhagen, wo sie an die Hagener Straßenbahn-Gesellschaft anschloss.
Elektrische Straßenbahn
Akkubahn
Der Unternehmer Adolph Müller aus Hagen gründete 1888 die Akkumulatorfabrik Hagen AG. Da er für seine Produkte eine Referenzstrecke haben wollte, bot er der Pferdebahn an, kostenlos elektrische Straßenbahnen mit Akkumulatoren zur Verfügung zu stellen. Ab dem 7. Januar 1895 fuhren diese Akkubahnen in der Stadt.
Oberleitungen
Am 1. Juli 1896 erwarb die Firma Siemens & Halske die Pferdebahn. Man beabsichtigte, die Bahn zu einer elektrischen Straßenbahn auszubauen. Zunächst wurde aber die Pferdebahn am 18. November 1896 von Kückelhausen nach Haspe verlängert. Da die Stadt sich weiterhin gegen die Oberleitungen in der Stadt wehrte, betrieb man weiter Bahnen mit Akkumulatoren. Zusammen mit der Akkumulatorfabrik Hagen AG gründete sie die Hagener Straßenbahn AG. Da die Stadt nur innerhalb des Stadtgebietes keine Oberleitungen haben wollte, wurde auf der am 12. April 1900 eröffneten Strecke von Haspe nach Gevelsberg der Betrieb über Oberleitung aufgenommen.
Am 20. Oktober 1900 wurde die Eckeseyer Straßenbahn von der Hagener Straßenbahn AG erworben.
Am 22. Oktober 1901 gab der Regierungspräsident einen Erlass heraus, der Oberleitungen in der Innenstadt von Hagen zuließ. Einen Widerspruch der Stadt wies das Ministerium für öffentliche Arbeiten am 11. März 1902 ab. Am 20. Dezember 1902 waren die Oberleitungen in der Stadt installiert und die Akkubahn hatte ausgedient.
Bis zum Ersten Weltkrieg
In den folgenden Jahren wuchs das Streckennetz kontinuierlich.
Am 6. Februar 1906 kaufte die Stadt der Firma Siemens die Aktien der Straßenbahn zu 105 % des Kurswertes ab.
Erster Weltkrieg
Im Krieg hatte die Gesellschaft wie alle unter dem Personal- und Materialnotstand zu leiden. Zudem schwankten die Fahrgastzahlen in diesem Zeitraum sehr. 1915 beförderte man 9,9 Millionen Personen, 1918 hingegen 18,1 Millionen. Zudem wurde die Bahn zum Transport von Gütern herangezogen. Die 1917 eingeführten Kohlezüge fuhren bis 1923. Einige Wagen waren sogar für die Verwendung sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße ausgestattet worden.
Zwischen den Weltkriegen
Nach dem Ersten Weltkrieg begann man, das Netz weiter auszubauen. Es wurden folgende Strecken eingeweiht:
1929 war die Hagener Straßenbahn AG im Besitz von insgesamt 54,49 Kilometern Strecke mit 74,05 Kilometern Gleis. Auf diesem Netz befuhr sie 11 Linien.
Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten musste die „Kleinbahn Voerde-Haspe Ges. m. b. H.“ den Personenverkehr auf der Kleinbahn Haspe–Voerde–Breckerfeld einstellen. 1927 übernahm die hundertprozentige Tochterfirma „Hagener Vorortbahn GmbH“ die Anteile der am Betrieb und Bau der beteiligten Firmen, elektrifizierte die Strecke und betrieb sie fortan. Die Stadt versprach sich davon Einfluss auf die Umlandgemeinden, zumal die Eingemeindung der Stadt Haspe bevorstand. Nach der Eingemeindung 1929 konnte die mit 3 Millionen Mark verschuldete „Hagener Vorortbahn GmbH“ ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen und ging nach Konkurs und Liquidation am 29. Mai 1931 direkt in den Besitz der „Hagener Straßenbahn AG“ über, die nun die Defizite mit Überschüssen aus anderen Bereichen decken musste. Die Bahn wurde als Überlandstrecke in das Netz integriert, wobei hauptsächlich die Linie 11 vom Markt nach Breckerfeld fuhr, es gab jedoch auch Fahrplanperioden, in denen die Linie 3 dorthin durchgebunden wurde.
Zweiter Weltkrieg
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges bestand das Netz, nachdem man es mehrfach umstrukturiert hatte, aus insgesamt 9 Linien.
Zunächst erzwang der Krieg 1942 nur die Einstellung der Strecke in Richtung Wengern. Zwei Bombenangriffe am 1. Januar 1943 und am 15. März 1945 zerstörten jedoch weite Teile des Gleisnetzes. Einzig die Linien in den Vororten blieben bis zum Einmarsch der Amerikaner am 14. April 1945 in Betrieb.
Bis zur Einstellung der Straßenbahn
Bis zum Jahr 1950 konnte das Netz wiederhergestellt werden. Es waren auch schon zahlreiche Neuplanungen in Angriff genommen worden, von denen nur wenige umgesetzt wurden. Stattdessen wurde ab dem 15. August 1949 die Straßenbahn mehr und mehr durch den Omnibus ersetzt. Trotzdem wurden weite Teile des Hauptnetzes modernisiert und am 6. November 1966 in Oberhagen ein neuer Straßenbahnbetriebshof eröffnet. 1971 war das Netz auf sechs Linien in der Stadt geschrumpft. Am 29. Mai 1976 fuhr zwischen Markt und Kabel die letzte Straßenbahn.
Acht sechsachsige Zweirichtungstriebwagen (82–89) wurden nach der Einstellung an die Straßenbahn Innsbruck abgegeben und, zu Achtachsern umgebaut, bis 2009 auf der Stubaitalbahn eingesetzt. Die Sechsachser 70–81 gingen an die Straßenbahn Würzburg und zehn weitere Sechsachser (60–69) sowie alle vierachsigen Großraumwagen (50–59) gelangten zur Straßenbahn Belgrad.
Chronologische Tabelle der Eröffnungen und Stilllegungen
Eröffnungen
Eröffnungsdatum
Strecke
Streckenlänge
In dieser Tabelle werden die heutigen Namen der Straßen und Orte verwendet
13. November 1884
Bf. der BME (Hbf) – Oberhagen
2,05 km
9. Februar 1885
Oberhagen – Eilpe
1,28 km
Frühling 1885
Schwenke – Kückelhausen
1. März 1886
Wiedereröffnung Schwenke – Kückelhausen
14. Mai 1892
Wiedereröffnung Schwenke – Kückelhausen Bf. der BME – Markt
3,25 km
7. Juli 1895
Bf. der BME – Altenhagen – Eckeseyer Straße/Schwerter Straße Teil der eigenständigen Pferdebahn der Gemeinde Eckesey
Haspe, Nordstraße – Schwenke Markt – Haßleyer Straße Emster Straße – Bissingheim, Köhlerweg
29. Mai 1976
Kabel – Innenstadt – Eilpe
Aussichten Regionalstadtbahn Hagen
In den 1960er Jahren wurde ein Gutachten von der Stadt Hagen in Auftrag gegeben, die Rentabilität einer Straßenbahn in der Stadt zu überprüfen. Obwohl dieses Gutachten zu Gunsten der Straßenbahn ausfiel, wurde diese 1976 stillgelegt. Seitdem gab es wiederholt Diskussionen um deren Wiedereinführung.
Es gab Bestrebungen, in und um Hagen ein Regionalstadtbahnnetz nach dem Karlsruher Modell einzurichten, d. h. Straßenbahnen gehen an Verknüpfungspunkten auf die Deutsche Bahn über und verbinden so das Stadtzentrum auch mit weiter entfernten Orten. In einem Gutachten von 1997 sind für eine erste Phase die Strecken der heutigen Regionalbahnlinien 52 (von Dortmund über Hagen–nach Lüdenscheid) und 91 (Hagen–Iserlohn, jedoch nicht der Ast nach Siegen) vorgesehen. Aber auch andere Bahnstrecken, unter anderem die derzeit nicht im regulären Fahrgastbetrieb bediente Ennepetalbahn nach Ennepetal waren in dem Gutachten für weitere Phasen berücksichtigt.[2] Das Konzept wurde trotz des verkehrlichen Nutzens aus Kostengründen abgelehnt.
Ein im Januar 2020 von der Stadtverwaltung für den städtischen Ausschuss für Umwelt, Stadtsauberkeit, Sicherheit und Mobilität in Auftrag gegebenes Gutachten ergab im November 2022, dass die Errichtung einer Straßenbahn am geeignetsten dafür ist, die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs auf den am stärksten ausgelasteten Korridoren zu erhöhen. Auf Grundlage der Ergebnisse des Gutachtens werden mögliche Trassierungsvarianten sowie die allgemeine Eignung eines Straßenbahnnetzes für die topografische Situation der Stadt überprüft, wobei als Alternativoption ein höherwertiges Busnetz in Betracht gezogen wird.[3]
Literatur
Wolfgang Reimann, Rolf Löttgers: Rund um Hagen. Verlag Monika Reimann, Wuppertal 1989, ISBN 3-925298-06-1.
Dirk Göbel, Jörg Rudat: Bitte Einsteigen! – Mit der Straßenbahn durch Hagen. ardenkuverlag, Hagen 2009, ISBN 978-3-932070-95-2.
Dirk Göbel, Jörg Rudat: Bitte Umsteigen! – Über Haspe und Voerde nach Breckerfeld – Mit der Linie 11 ins Grüne. ardenkuverlag, Hagen 2012, ISBN 978-3-942184-08-3.
Dirk Göbel, Jörg Rudat: Bitte Zusteigen! – Von Hagen über Herdecke nach Wetter – Mit der Linie 4 von der Volme an die Ruhr. ardenkuverlag, Hagen 2014, ISBN 978-3-942184-13-7.