Im Jahre 1959 wurden in Ralswiek im Zuge eines Kulturauftrages der DDR die Rügenfestspiele ins Leben gerufen.[1] Der Platz für die damaligen Rügenfestspiele wurde im Frühjahr 1959 zwischen dem Schloss Ralswiek und dem Boddenufer gefunden. Daraufhin wurde eine Naturbühne in fünfmonatiger Bauzeit errichtet und das Dorf Ralswiek zu einem Festspielort umgebaut.
Von 1959 bis 1961 und von 1980 bis 1981 wurde die Dramatische Ballade „Klaus Störtebeker“ von Kurt Barthel unter der Leitung von Hanns Anselm Perten und der Chorleitung von Günther Wolf mit ca. 1.000 Mitwirkenden aufgeführt.[2][3][4] Im Jahre 1960 wurden vom Hinstorff VerlagDie Legende vom Klaus Störtebeker und auch ein dazugehöriger Tonträger veröffentlicht.[5][6][7] In den fünf Sommern wurden insgesamt 670.000 Besucher gezählt. Für die Ausstattung der Festspiele in den Jahren 1980 und 1981 war Falk von Wangelin zuständig, für die Musik Günter Kochan und für die Erarbeitung des historischen Hintergrundes Hans-Joachim Theil.[8][9]
Im Jahr 1992 entschied sich der damalige Intendant der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg, Peter Hick, in die verfallene Naturbühne in Ralswiek zu investieren und rief die „Störtebeker Festspiele“ ins Leben.
Am 3. Juli 1993 wurde das erste Stück „Wie einer Pirat wird“ auf der Naturbühne aufgeführt. Als erster Klaus Störtebeker stand Norbert Braun gemeinsam mit Dietmar Lahaine als Goedeke Michels auf der Naturbühne. Der erste Zyklus der Festspiele bestand aus 5 Episoden (Wie einer Pirat wird; Kampf um Stockholm; Sturm auf Gotland; Piraten der Westsee; Das Schwert des Henkers), die zwischen 1993 und 1997 aufgeführt wurden. Der zweite Zyklus der Festspiele umfasste jedoch nur 4 Episoden (Gesprengte Ketten; Die Vitalienbrüder; Die Kreuzritter; Hamburg – Hanse – Henker), welche zwischen 1998 und 2001 inszeniert wurden. Norbert Braun verkörperte die Hauptrolle Klaus Störtebeker nach 11 Saisons zum letzten Mal am 1. September 2001 in der Inszenierung „Hamburg – Hanse – Henker“, dem letzten Abschnitt des zweiten Zyklus.
Der Nachfolger von Norbert Braun als Klaus Störtebeker wurde von 2002 bis 2012 Sascha Gluth. Dietmar Lahaine war ab 2003 in der Rolle des Goedeke Michels bis 2012 auf der Bühne zu sehen, da seine Rolle 2002 nicht im Stück vorhanden war. Der dritte Zyklus bestand wieder aus 5 Episoden (Die Strandräuber; Der Wolf der Meere; Im Zeichen des Kreuzes; Piraten vor Britannien; In Henkers Hand), die zwischen 2002 und 2006 aufgeführt wurden. Der vierte Zyklus, indem Sascha Gluth und Dietmar Lahaine das letzte Mal zu sehen waren, umfasste 6 Episoden (Verraten und Verkauft; Der Seewolf; Das Vermächtnis; Der Fluch des Mauren; Der Schatz der Templer; Störtebekers Tod) von 2007 bis 2012, die zwischen 2009 und 2011 (Das Vermächtnis; Der Fluch des Mauren; Der Schatz der Templer) eine Trilogie mit dem Namen „Störtebekers Gold“ über den Schatz Störtebekers beinhaltete. 2006 wurde ein geringer Rückgang der Besucherzahlen verzeichnet, was auch dem allgemeinen Trend der Tourismuszahlen auf der Insel Rügen entsprach und auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland zurückzuführen war. Am 17. August 2007 wurde in der 912. Vorstellung seit 1993 der viermillionste Besucher der Festspiele gezählt. Am 19. Juli 2010 wurde in der 1091. Vorstellung seit 1993 der fünfmillionste Besucher in Ralswiek gezählt.
Nach Sascha Gluth übernahm die Rolle des Klaus Störtebeker Bastian Semm. Die Rolle des Goedeke Michels wurde von Andreas Euler übernommen. Beide spielten ihre Hauptrollen von 2013 bis 2017 nur im fünften Zyklus (Beginn einer Legende; Gottes Freund; Aller Welt Feind; Auf Leben und Tod; Im Schatten des Todes). Mit dem Ende der Saison 2016 kamen die Festspiele auf über 7,3 Mio. Besucher in 24 Jahren in über 1500 Vorstellungen.
Auf Bastian Semm folgte Alexander Koll in der Rolle des Klaus Störtebeker.[11] Alexander Hanfland übernahm die Rolle des Goedeke Michels im sechsten Zyklus.[11] Alexander Koll spielte die Hauptrolle nur in den ersten beiden Episoden des sechsten Zyklus (Ruf der Freiheit; Schwur der Gerechten), da er 2020 bekannt gab, dass er aus privaten Gründen nicht mehr bei den Störtebeker Festspielen mitwirken werden. Daraufhin wurde Anfang 2020 bekanntgegeben, dass Moritz Stephan ihn als Klaus Störtebeker ersetzen werde.[12] Auf Grund von COVID-19 mussten jedoch die Saison 2020, sowie die Saison 2021 abgesagt werden, weshalb Mortiz Stephan erst 2022 in der dritten Episode des sechsten Zyklus (Im Angesicht des Wolfes) sein Debüt auf der Naturbühne gab.
Mitwirkende
Die Störtebeker Festspiele beschäftigen über 150 Statisten, diverse Schauspieler, 30 Pferde, vier Schiffe mit Schiffsführern und weitere Mitarbeiter hinter den Kulissen. Das Casting für die Statisten findet im März bzw. April des jeweiligen Jahres statt.
Ab 16. August 2019 bis zum Ende der Spielzeit 2019 sprang Marco Bahr als Ersatzbesetzung für Norbert Braun ein, der die restliche Spielzeit über krankheitsbedingt nicht spielen konnte.
Als Hauptdarsteller für die Saison 2020 und 2021 wurde Moritz Stephan angekündigt. Die Regie für beide Jahre wurde bis zu den Absagen allerdings nicht bekanntgegeben.
Geschäftsführerin Anna-Theresa Hick gab nach der Saison 2022 bekannt, dass man keine Besucherzahlen mehr bekanntgeben wird, um sich aus dem „Wettkampf“ mit anderen Freilichttheatern über die größten Besucherzahlen zu entziehen.
Dokumentationen
Am 26. Dezember 2007 zeigte der NDR eine Dokumentation mit dem Namen „Der wahre Schatz des Störtebeker“ über Klaus Störtebeker, die Tourismusindustrie und bot einen Einblick hinter die Kulissen der Störtebeker Festspiele.
Die Dokumentation mit dem Namen „Sonne, Sand und Störtebeker“ befasst sich ebenfalls mit den Festspielen.
Hinter die Kulissen blickte auch Welt der Wunder im Jahr 2015 und zeigte die Inszenierungen seit 1993 mit dem Intendanten Peter Hick und Mitwirkenden hinter und auf der Bühne. In der Dokumentation wurden u. a. Bastian Semm zu seiner Störtebeker-Interpretation als „Robin Hood der Meere“ interviewt. Auch Wolfgang Lippert und weitere Mitwirkende wurden interviewt.[18]
Anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums der Störtebeker Festspiele veröffentlichte das MDR Fernsehen 2023 den Beitrag „Auf den Spuren der Piraten: Störtebeker-Festspiele feiern spektakuläre Premiere“ und gab einen Einblick hinter die Kulissen des Stückes 2023. Außerdem wurden auch Aufnahmen der Rügenfestspiele aus den 1950er und 1980er Jahren gezeigt und der Aufbau und die Entwicklung der Störtebeker Festspiele als Lebenswerk der Familie Hick und Wirtschaftsfaktor der Insel Rügen thematisiert.[19]
Die Störtebeker Festspiele GmbH & Co. KG ist ein privates Familienunternehmen, das keine staatlichen Zuschüsse erhält und von Sponsoren mitfinanziert wird. Seit 1993 ist Peter Hick Intendant der Störtebeker Festspiele. Seine Frau Ruth Hick und Tochter Anna-Theresa Hick sind Geschäftsführerinnen des Unternehmens.
Literatur
Matthias Puhle: Die Vitalienbrüder. Klaus Störtebeker und die Seeräuber der Hansezeit. 2., durchgesehene Auflage. Campus-Verlag Frankfurt am Main u. a. 1994, ISBN 3-593-34525-0.
Heinz Gundlach (Hrsg.): Klaus Störtebeker in Ralswiek. Legende, Traum und Wirklichkeit. [Mit Beiträgen von Peter Herfert, Hans-Joachim Bernhard, Heinz Gundlach, Christine Gundlach, Bernhard Scholz, Horst Zimmermann und Hans-Joachim Theil] Hinstorff Verlag, Rostock 1984. (DNB850864623).
KuBa, Hanns Anselm Perten: Klaus Störtebeker. Dramatische Ballade in 6 Episoden. Ein Vorspiel und ein Nachspiel. In der Inszenierung und dramaturgischen Einrichtung der Rügenfestspiele 1959. VEB Friedrich Hofmeister, Leipzig 1960. (DNB1035745585) (Elektronische Ressource, DNB)
KuBa, Hanns Anselm Perten: Die Legende vom Klaus Störtebeker. Hinstorff Verlag, Rostock 1960
↑Kuba: Klaus Störtebeker. Dramatische Ballade in 6 Episoden, einem Vorspiel und einem Nachspiel. Dramaturgische Einrichtung: Hanns Anselm Perten. Erarbeitung des Anhangs und Zusammenstellung der Bildbeilage durch Hans-Joachim Theil. Musik: Günter Kochan. Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig 1959. DNB1035745585
↑Rügen-Festspiele: „Klaus Störtebeker“, Ralswiek 31. Juli – 21. August 1960. DNB575923563
↑Klaus Störtebeker: Dramatische Ballade von KuBa. (Programmheft zur Aufführung der Dramatischen Ballade Klaus Störtebeker) Hrsg.: Rat des Bezirkes Rostock 1980; Erarbeitung des historischen Teils Hans-Joachim Theil mit Darstellung der überlieferten Schlupfwinkel Störtebekers nach einer Vorlage von Georg Hülsse. DNB953711196
↑Die Legende vom Klaus Störtebeker / Kuba. [Hrsg.: Hanns Anselm Perten. Mit 16 Farbaufn. v. Gerhard Vetter vers.], Hinstorff Verlag 1960. DNB366326872
↑Klaus Störtebeker : Günter Kochan, Kuba; Suite aus d. dramat. Ballada op. 23 / Sprecher Jörg Kaehler. Hrsg.: Hanns Anselm Perten. Fotos v. Hildegard Levermann-Westerholz. DNB577238515
↑Klaus Störtebeker / Kochan, Günter (Ausführender); Perten, Hanns Anselm (Ausführender); Verlag: Berlin (Ost) : Deutsche Schallplatten1960. DNB1041562640
↑Programmheft + Beilage zur Aufführung der Dramatischen Ballade Klaus Störtebeker Hrsg.: Rat des Bezirkes Rostock; Rostock 1980, 1981. DNB953711250