Die Ausgrabungen in Solutré wurden kurz nach der Entdeckung erster Funde im Jahr 1866 begonnen. Die ersten Grabungen wurden von den französischen Geologen Henry Testot-Ferry und Adrien Arcelin durchgeführt. Als Kulturstufe des Paläolithikums wurde das Solutréen erstmals 1869 von Gabriel de Mortillet verwendet.[1]
Die zeitlich relativ kurze Epoche des Solutréens folgt ab zirka 21.000 Jahren BP recht abrupt auf das Gravettien, ohne dass sich ein langsamer und kontinuierlicher Übergang erkennen ließe.
Früheste Fundschichten und datierbare Felsbilder des Solutréens liegen im Ardèche-Tal und vor allem im Périgord (Frankreich), seinem Hauptverbreitungsgebiet. Darüber hinaus war es in Kantabrien (Nordspanien) sowie an der spanischen Mittelmeerküste (nahe Valencia) und in Portugal verbreitet. Obwohl früher auch weiter östlich gelegene Fundstellen mit Blattspitzen dem Solutréen zugeschrieben wurden, gilt es heute als auf Westeuropa beschränkt. Lediglich für die in der Eifel gelegene Magdalenahöhle wird eine kurze Besiedlung des Solutréens diskutiert.[2]
Unter unklaren Umständen verschwindet das Solutréen gegen 17.500 Jahren BP ebenso plötzlich wieder wie es aufgetaucht war. Als nachfolgende Kultur etabliert sich das Magdalénien, das dem Oberen Jungpaläolithikum zugehört und in den Zeitraum von 18.000–12.000 v. Chr. datiert. Es wird seinerseits vom Azilien (Federmesser-Gruppen) abgelöst.
Klima und Tierwelt
Klimatisch fällt das Solutréen noch in den kältesten Abschnitt (Würm III) der Würm-Eiszeit. Das Untere und das Obere Solutréen waren sehr kalt und trocken. Im Mittleren Solutréen herrschten die etwas gemäßigteren und feuchteren Bedingungen des Laugerie-Interstadials, im abschließenden Solutréen die des Lascaux-Interstadials.
Typisch für das Solutréen sind Gegenstände, die durch Abschlagen dünner Lamellen aus Feuerstein hergestellt wurden. Charakteristisch sind die mittels einer neuartigen Drucktechnik flächenretuschierten Blatt- und Kerbspitzen, wovon ein Depot von etwa 20.000 Jahre alten Blattspitzen in Volgu (nahe Digoin) gefunden wurde. Die im Musée Dénon in Chalon-sur-Saône ausgestellten, bis zu 40 cm großen, hauchdünnen (fünf bis sechs Millimeter dicken) Spitzen zählen zu den eindrucksvollsten Steingeräten des gesamten europäischen Paläolithikums. Natürlich blieben auch viele Geräte aus dem Aurignacien weiterhin in Gebrauch, insbesondere Schaber. Seltener finden sich Stichel, Rückenmesser und Bohrer – ebenfalls oft mit Rand- und Flächenretuschen versehen.
In Frankreich lässt sich eine Vierteilung in Unteres Solutréen, Mittleres Solutréen, Oberes Solutréen und End-Solutréen (franz.Solutréen final) anhand des Fundinventars vornehmen. An einigen Fundplätzen wird ein Proto-Solutréen vorangestellt. Leittypen der Substufen sind folgende Projektilspitzen:
Proto-Solutréen: unregelmäßige, nur recht wenig retuschierte Blattspitzen
Mittleres Solutréen: doppelseitig retuschierte Lorbeer- und Weidenblattspitzen
Oberes und End-Solutréen: Kerbspitzen, die leichter aufgesetzt werden konnten
Geschossspitzen für Wurfspeere und Weiteres wurden aus Geweih oder Knochen hergestellt.
Mit dem Niedergang der Kulturstufe des Solutréens verschwanden auch die für sie typischen, hervorragend gefertigten Blattspitzen, um dann später im Neolithikum als Pfeilspitzen und in der Kupferzeit beispielsweise als Dolche des dynastischen Ägyptens wieder aufzutauchen.
Entdeckungen und Erfindungen
Die Erfindung der aus Knochen hergestellten Nadeln mit Öhr im Oberen Solutréen erleichterte das Nähen der (Fell-)Bekleidung. Auch treten erstmals Lochstäbe auf.
Es erschienen bis zu 18 × 9 Meter große Feuerstellen, auf denen mehrere Tiere gleichzeitig gebraten werden konnten. Fast alle angetroffenen Knochen sind zur Gewinnung des Knochenmarks aufgeschlagen worden. An der Typlokalität bei Solutré-Pouilly fand man an einem steilen Berghang zahlreiche Knochen von Wildpferden, die durch Ausfällung von Kalk in Verbindung mit Wasser und Sediment zu sogenanntem Pferdemagma (frz. Magma de cheval) verbacken sind. Die konglomeratartige Masse bedeckt dort eine mehr als einen Hektar große Fläche und erreicht Dicken von bis zu einem Meter. Man geht deshalb davon aus, dass dort mehrere 10.000 Wildpferde erlegt wurden.[5]
Weit vom Eingang entfernte Höhlenbereiche wurden erkundet, was sich etwa an Felszeichnungen und Reliefs von Tieren zeigt. Auch Kleinkunst findet sich: gravierte Knochen, bemalte Steinplättchen mit Figuren und Ohrgehänge, weisen auf ein entwickeltes Kunstverständnis hin.[6] Es fehlen allerdings fast vollständig Vollplastiken.
Adrien Arcelin: Les fouilles de Solutré. Académie de Mâcon, Mâcon 1873.
Henri Breuil: Quatre cents siècles d’art pariétal. Les cavernes ornées de l’âge du renne. Centre d’Études et de Documentation Préhistoriques, Montignac (Dordogne) 1952.
François Djindjian, Janusz Koslowski, Marcel Otte: Le Paléolithique supérieur en Europe. Colin, Paris 1999, ISBN 2-200-25107-6.
Philip E. L. Smith: Le Solutréen en France (= Institut de préhistoire de l’Université de Bordeaux. Mémoire. Band5). Université de Bordeaux – Institut de préhistoire, Bordeaux 1966.
↑Gabriel de Mortillet: Essai d’une classification des cavernes et des stations sous abri, fondée sur les produits de l’industrie humaine. In: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des sciences. Band 68, Nummer 9, 1869, S. 553–555.
↑Mathias Probst: Das Paläolithikum der Magdalenahöhle bei Gerolstein. Universitätsbibliothek der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2012, (Mainz, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Magisterarbeit, 2012, urn:nbn:de:hebis:77-32195).
↑EPICA community members: Eight glacial cycles from an Antarctic ice core. In: Nature. Band 429, Nr. 6992, 2004, S. 623–628, doi:10.1038/nature02599.
↑Jean R. Petit, Jean Jouzel, Dominique Raynaud, Nartsiss I. Barkov, Jean M. Barnola, Isabelle Basile, Michael Bender, Jérôme Chappellaz, J. Davis, Gilles Delaygue, Marc Delmotte, Vladimir M. Kotlyakov, Michel Legrand, Vladimir Lipenkov, Claude Lorius, Laurence Pépin, Catherine Ritz, Eric Saltzman, Michel Stievenard: Climate and Atmospheric History of the Past 420,000 years from the Vostok Ice Core, Antarctica. In: Nature. Band 399, Nr. 6735, 1999, S. 429–436, doi:10.1038/20859.