Der Fall sorgte für besondere Brisanz, da die Polizei einen zuvor erlassenen Haftbefehl zurückgezogen und die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren eingestellt hatte. Der Beschuldigte ist eine bekannte Persönlichkeit und in Japan sind sowohl Anzeigen als auch Verurteilungen wegen Vergewaltigung eine Seltenheit.[4][5][6] Des Weiteren muss nach japanischem Gesetz bei Vergewaltigungen nachgewiesen werden, dass der Täter Gewalt anwendete oder das Opfer bedrohte.[4]
Aufgrund der Tatsache, dass Shiori Itō während des Vorfalls teilweise nicht bei Bewusstsein war, konnte der Tatbestand nicht nachgewiesen werden. Dass ihr jedoch im anschließenden Zivilprozess Schadensersatz zugesprochen wurde, wird als Grundsatzurteil gesehen, dass eine Änderung des Strafrechts und der gesellschaftlichen Definition von Sexualstraftaten nach sich ziehen könnte.[7]
Während eines Praktikums bei Thomson Reuters traf sich Itō im April 2015 mit Noriyuki Yamaguchi, einem in Japan bekannten Fernsehjournalisten, in einem Izakaya in Ebisu im Tokioter StadtbezirkShibuya zu einem Geschäftsessen.[9] Während des Treffens wurde sie eigener Aussage nach auf der Toilette des Restaurants ohnmächtig, nachdem ihr schwindelig geworden war.[10] Yamaguchi behauptet, dies sei durch den Alkoholkonsum während des Treffens geschehen.[4] Nach dem Essen fuhr sie, woran sie sich nicht erinnern kann, per Taxi mit Yamaguchi in ein Hotel.[4] Dem Taxifahrer zufolge erbrach sich Itō auf dem Rücksitz, äußerte aber noch die Bitte, an einer Haltestelle aussteigen zu dürfen, bevor sie nicht mehr ansprechbar war.[4] Als sie wieder erwachte, hatte sie eigener Aussage nach Geschlechtsverkehr mit Yamaguchi, ihm zufolge einvernehmlich.[4]
Sie verklagte ihn daraufhin auf 11 Millionen Yen (etwa 90.000 Euro) Schmerzensgeld, nachdem das Strafverfahren wegen Vergewaltigung aufgrund der geringen Beweise fallengelassen worden war. Yamaguchi reichte Gegenklage ein, beschuldigte sie der Rufschädigung und Falschaussage und forderte von ihr 130 Millionen Yen (umgerechnet eine Million Euro) Schadensersatz.[4][10] Im Oktober 2017 zog sie aufgrund öffentlichen Drucks bzw. Diffamierung von Tokio nach London.[11][12] Im Frühjahr 2019, vor der Anhörung mit Yamaguchi, versuchte sie sich das Leben zu nehmen.[4]
Im Dezember 2019 sprach ihr das zuständige Gericht 3,3 Millionen Yen (etwa 27.000 Euro) Schadensersatz zu.[13] Der Beschuldigte kündigte an, in Berufung gehen zu wollen.[14] Wegen Vergewaltigung strafrechtlich verurteilt wurde er allerdings nicht, da dafür die Beweise in diesem Fall laut Staatsanwaltschaft nicht eindeutig genug waren.[15]
Buchveröffentlichungen
Shiori Itō: Black Box. 2017.
Shiori Itō: Japan’s Secret Shame. 2018.
Auszeichnungen
Free Press Association of Japan – Freedom Of The Press Award (2018) for Black Box[16]
New York Festivals Silver award (2018)for directingUndercover Asia: Lonely Deaths[17]
↑Motoko Rich: She Broke Japan’s Silence on Rape. In: The New York Times. 29. Dezember 2017, ISSN0362-4331 (Online [abgerufen am 5. November 2019]).
↑Rebecca Nicholson: Japan’s Secret Shame review – breaking a nation’s taboo about rape. In: The Guardian. 28. Juni 2018, ISSN0261-3077 (Online [abgerufen am 5. November 2019]).
↑ abcdefghiShiori Ito und die Blumen-Bewegung: Der Missbrauchsfall, der Japan verändert. In: Spiegel online. (spiegel.de [abgerufen am 5. November 2019]).
↑At court hearing, journalist Shiori Ito says she was 'desperate to protect' herself during rape. In: The Japan Times Online. 8. Juli 2019, ISSN0447-5763 (Online [abgerufen am 5. November 2019]).
↑Prozess um Vergewaltigung: Japanische Journalistin gewinnt Schadensersatzklage. In: Spiegel Online. 18. Dezember 2019 (Online [abgerufen am 18. Dezember 2019]).