Sewall Green Wrights Vater Philip Green Wright war Lehrer, seine Mutter hieß Elisabeth Quincy Sewall Wright und war eine Cousine des Vaters. Sewall hatte zwei jüngere Brüder: den späteren Politikwissenschaftler Quincy Wright und Theodore Paul Wright, der Luftfahrttechniker wurde. Ab Sewalls drittem Lebensjahr lebte die Familie in Galesburg (Illinois).
Wright war bis ins hohe Alter körperlich und geistig sehr aktiv. Er starb 1988 im Alter von 98 Jahren in Madison an den Folgen einer Beckenfraktur, die er sich bei einem Sturz während einer Wanderung zugezogen hatte.
Werk
Schon in seiner 1916 veröffentlichten Dissertation äußerte Wright die Ansicht, dass Wechselwirkungen der Erbfaktoren innerhalb von Populationen viel wichtiger seien als die Veränderungen (Mutationen) einzelner Gene, auf die sein Lehrer Castle und andere bedeutende Genetiker bislang vor allem geschaut hatten. Ab 1917 verwendete er „als selbstverständliches Prinzip“ (Jahn[1]) das schon 1908 von Wilhelm Weinberg und Godfrey Harold Hardy formulierte Hardy-Weinberg-Gesetz, ohne von den Publikationen dieser Vorgänger Kenntnis zu haben. Dieses Gesetz beschreibt einen Gleichgewichtszustand, in dem die relativen Häufigkeiten von Allelen in einer Population konstant bleiben, sofern keinerlei Selektion erfolgt.
In den frühen 1920er Jahren publizierte Wright das Konzept des Inzuchtkoeffizienten, die neu entwickelte Methode der Pfadanalyse zur Interpretation von Korrelationen in komplexen kausalenSystemen und die Theorie, dass allmähliche genetische Veränderungen in Populationen durch das Zusammenwirken von Inzucht, Kreuzung und Selektion bewirkt werden. Später fügte er das maßgeblich von ihm selbst entwickelte Konzept der Gendrift hinzu. Damit gehört Wright neben Ronald Fisher und J. B. S. Haldane zu den Begründern der theoretischen Populationsgenetik.
Eine weitere Erfindung Wrights sind die „Fitness-Landschaften“. Dabei handelt es sich um grafische Darstellungen der Fitness (Reproduktionserfolg) unterschiedlicher Gen-Kombinationen, die sowohl ein bestimmtes phänotypisches Merkmal (z. B. Auge, Kiemen, Außenskelett) als auch den gesamten Phänotyp repräsentieren können. Täler in diesen Landschaften bedeuten geringeren Reproduktionserfolg der Genkombinationen, Hügel repräsentieren günstigere Genkombinationen. Die natürliche Selektion verschiebt das Merkmal bzw. den Phänotyp als evolutionäre Anpassung auf die Gipfel der Hügel. Dort ist das Merkmal an seine Umwelt adaptiert. Zufälligen Bewegungen in anderen Richtungen der Fitness-Landschaft werden als genetische Drift bezeichnet. Eine Anpassung, ausgehend von einem lokalen Gipfel auf dem Weg bergab und wieder bergauf zu einem anderen, höheren Gipfel ist evolutionär in der Regel nicht möglich. So kann etwa ein Wal etwa keine Kiemen mehr entwickeln, die er in einer phylogenetisch früheren Phase einmal hatte.[2][3] Im Englischen wird die von ihm entwickelte Theorie Shift Balance Theory genannt.
An Intensive Study of the Inheritance of Color and Other Coat Characters in Guinea-pigs, with Especial Reference to Graded Variations, Carnegie Institution, Washington D. C., Publ. Nr. 241, 1916, S. 59–160
On the Nature of Size Factors, Genetics, Band 3, 1918, S. 367–374
Color Inheritance in Mammals, 11 Teile, Journal of Heredity, Band 8 und 9, 1917/1918
Correlation and Causation, Journal of Agricultural Research, Band 20, 1921, S. 557–585
Systems of Mating, 5 Teile, Genetics, Band 6, 1921, Teil 1, S. 111–123
The Effects of Inbreeding and Crossbreeding on Guineapigs, 3 Teile, US Department of Agriculture, Bulletin Nr. 1090, 1922, S. 1–36, 37–63, Bulletin Nr. 1121, 1922
Coefficients of Inbreeding and Relationship, American Naturalist, Band 56, 1922, S. 330–338
Review of „The Genetical Theory of Natural Selection“ (Review des Buches von Ronald A. Fisher), Journal of Heredity, Band 21, 1930, S. 349–356
Evolution in Mendelian Populations, Genetics, Band 16, 1931, S. 97–159, PMID 17246615
The Roles of Mutation, Inbreeding, Crossbreeding and Selection in Evolution, Proceedings of the 6th International Congress of Genetics, 1932, S. 356–366
Statistical Genetics and Evolution, Bulletin of the American Mathematical Society, Band 48, 1942, S. 223–246
On the roles of directed and random changes in gene frequency in the genetics of populations, Evolution, Band 2, 1948, S. 279–294.
Evolution and the Genetics of Populations, 4 Bände, University of Chicago Press, 1968 bis 1978
Band 1: Genetic & Biometric Foundations, Band 2: Theory of Gene Frequencies, Band 3: Experimental Results and Evolutionary Deductions, Band 4: Variability within and Among Natural Populations
The shifting balance theory and macroevolution, Annual Review of Genetics, Band 16, 1982, S. 1–19
William B. Provine (Hrsg.): Sewall Wright Evolution. Selected Papers, University of Chicago Press 1986
↑Ilse Jahn et al.: Geschichte der Biologie. 2. Aufl. Jena 1985, S. 483
↑S. Wright: Proceedings of the Sixth International Congress on Genetics. 1932, The roles of mutation, inbreeding, crossbreeding, and selection in evolution, S.355–366 (blackwellpublishing.com [PDF]).
↑Richard Dawkins: Gipfel des Unwahrscheinlichen: Wunder der Evolution. rororo, 2008. S. 85 ff.