Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI = Selective Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor; deutsch auch Selektive Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Hemmer) sind Arzneistoffe, die vorwiegend als Antidepressiva eingesetzt werden. Die SSNRI (oft nur als SNRI bezeichnet) entfalten ihre Wirkung an den Serotonin- und Noradrenalin-Transportern. Der erste Vertreter dieser Gruppe war 1993 der Wirkstoff Venlafaxin.
Die SSNRI binden im Zentralnervensystem an Transporter des Serotonin- und Noradrenalin-Typs und hemmen dadurch die Wiederaufnahme (englisch Re-Uptake) dieser beiden Neurotransmitter in die präsynaptische Nervenzelle. Auf diese Weise erhöht sich die Konzentration dieser zwei Substanzen im synaptischen Spalt an den postsynaptischen Rezeptoren. Das Ergebnis ist eine entsprechende Signalverstärkung und damit eine Verstärkung einer vom zentralen Nervensystem herabsteigenden (deszendierenden) Hemmung. Die antidepressive Wirkung ist – wie bei allen Antidepressiva – auf die höhere Neurotransmitterverfügbarkeit durch Anpassung der Rezeptoren und ähnlicher Strukturen, die mit einer zeitlichen Verzögerung auftritt, zurückzuführen. Das Dopaminsystem wird dabei in direkter Weise im Wesentlichen nicht beeinflusst. SSNRI sind nebenwirkungsärmer als die älteren trizyklischen Antidepressiva. Letztere wirken zusätzlich antihistaminisch oder modifizieren die cholinerge Übertragung.
Wirkstoffe
In Deutschland sind folgende Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer zugelassen:
Die drei Wirkstoffe unterscheiden sich vor allem darin, wie stark sie den Noradrenalinspiegel erhöhen: Während Duloxetin und Desvenlafaxin[2] eine 10-fach größere Selektivität für Serotonin zeigen, blockiert Milnacipran die Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme etwa gleich stark. Venlafaxin besitzt eine 30-fach größere Selektivität für Serotonin.[3]
Nebenwirkungen
Magen-Darm-Beschwerden (auch Übelkeit und Erbrechen) treten besonders zu Beginn der SSNRI-Einnahme häufig auf. Vermehrte Unruhe und Angstzustände werden ebenfalls oft berichtet. Das Risiko für Magen-Darm-Blutungen steigt auf das bis zu 2,9-fache, wenn kein Magenschutzmittel genommen wird.[4]
Bei abruptem Absetzen von SSNRI können Absetzerscheinungen auftreten (SSRI Discontinuation Syndrome). Die dabei auftretenden Symptome werden im Vergleich zu denen beim Absetzen von SSRI als stärker empfunden. Ein langsames Ausschleichen ist daher ratsam.
Kinder und Jugendliche
Bei einigen Präparaten ist das Risiko für aggressives oder autoaggressives Verhalten, sowie für suizidale Tendenzen, bei Kindern und Jugendlichen, erhöht. Laut Empfehlung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte sollten Medikamente dieses Types, sofern sie keine explizite Zulassung für diese Altersgruppe haben, möglichst nicht eingesetzt werden.[5]
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!