Die Schachblume wächst als ausdauerndekrautige Pflanze. Dieser vorsommergrüne Geophyt[1] bildet als Überdauerungsorgan eine runde, im Durchmesser 1 bis 2 Zentimeter große Zwiebel, die aus wenigen Zwiebelschuppen besteht.[2] Im zeitigen Frühjahr treibt sie einen etwa 15 bis 20 Zentimeter langen unverzweigten und beinahe runden Stängel. Die oberirdischen Pflanzenteile sind kahl.[2]
Am Stängel stehen wechselständig meist vier bis sechs (drei bis acht)[2] graugrün gefärbte Laubblätter. Die einfache Blattspreite ist maximal 1 Zentimeter breit, linealisch und schmal-rinnig.[3]
Blüte und Frucht
Die Blütezeit reicht von April bis Mai. Die meist einzelnen, selten zu zweit stehenden Blüten sind nickend[3] bis nach unten hängend. Die zwittrigen, dreizähligen Blüten sind fast geruchlos und breit glockenförmig. Die sechs gleichgestaltigen, etwa 4 Zentimeter langen Perigonblätter, deren stumpfe Spitze meist etwas umgebogen ist, sind schachbrettartig purpurrot-weiß oder grünlich-weiß gefleckt. Selbst bei der völlig weißen Form Fritillaria meleagris f. alba ist die namensgebende Musterung noch schwach zu erkennen. Die sechs Staubblätter werden deutlich von den Perigonblättern überragt. Die 10 bis 13 mm langen freien Staubfäden sind weiß und die Staubbeutel sind gelb. Es sind auffällige Nektarien vorhanden. Drei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen, dreikammerigen Fruchtknoten verwachsen. Der Griffel ist dreispaltig.[2]
Die aufrechte, bis 15 mm lange, kantige, dreifächerige Kapselfrucht enthält zahlreiche Samen pro Fruchtfach.[4][3]
Die Schachblume vermehrt sich über Samenbildung und vegetativ durch Brutzwiebeln. Die Schachblume ist ein Kaltkeimer. Die Bestäubung erfolgt über Insekten, wobei Hautflügler wie Hummeln und Bienen eine zentrale Rolle spielen.
Standort und Pflanzensoziologie
Die Schachblume ist eine Lichtpflanze, das heißt, sie wächst in vollem Licht und erträgt nur in Grenzen eine Beschattung. Ihr ökologischer Schwerpunkt liegt auf nassen, zum Teil überschwemmten, luftarmen, mäßig stickstoffreichen, neutralen Lehm- und Tonböden.[6] Die Schachblume kommt besonders in Gesellschaften der Ordnung Molinietalia, aber auch in denen der Ordnung Arrhenatheretalia vor.[7]
Die Schachblume ist in Deutschland stark gefährdet und gilt nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV)[1] ebenso wie in Österreich in den einzelnen Bundesländern als besonders geschützt. 1993 wurde sie als Blume des Jahres ausgewählt. Sie ist hauptsächlich durch die Zerstörung ihrer natürlichen Lebensräume in Feucht- und Nasswiesen, Auwäldern und Überschwemmungsbereichen von Flüssen (Flussauen) bedroht. Weiter wirkt sich die anhaltende Eutrophierung der Böden durch Düngemittel ursächlich bestandsmindernd aus. In Österreich gilt die Schachblume als vom Aussterben bedroht. In der Schweiz ist sie seit 2000 vollständig geschützt.[3]
Nicht mehr zu Fritillaria meleagris gehört[16]Fritillaria tubiformis var. burnatii(Planch.) Rouy (Syn.: Fritillaria meleagris subsp. burnatii(Planchon) Rix[2]).
Giftigkeit
Wie die meisten Fritillaria-Arten ist die Schachblume für den Menschen giftig. Vor allem die Zwiebel enthält eine Reihe von giftigen Alkaloiden, darunter Fritillin[17] und das Steroidalkaloid Imperialin,[17] das zu Kreislaufbeschwerden, Erbrechen und Krämpfen führen kann –, bei hohen Dosen (besonders bei Kindern) auch zum Herzstillstand.[18] Zur Behandlung werden Spasmolytika verabreicht.
Verwendung als Zierpflanze
Die erstmals 1572 in botanischer Literatur erwähnte Schachblume wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Gartenpflanze nach Mitteleuropa eingeführt. Ein Stillleben des Holländers Jakob de Gheyn II., das zwischen 1600 und 1603 entstand, zeigt Schachbrettblume, Gretchen-im-Grünen, Rosen, Akelei, Maiglöckchen, Stiefmütterchen und eine Schrenk-Tulpe.[19] Sie zählte im 17. Jahrhundert zu den beliebtesten Zierpflanzen der Barockgärten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts geriet sie aus der Mode.
Die Schachblume wird, wenn auch wohl seltener als früher, in Gärten zur Bepflanzung von Rabatten und Steingärten und als Schnittblume[20] gezogen. Es existieren Sorten mit weißen, dunkelroten, hellrosafarbenen, rötlichvioletten oder braunpurpurnenen Blütenhüllblättern mit unterschiedlich ausgeprägtem Schachbrettmuster.[20] Sie benötigt feuchten Boden[20] und übersteht trockene Sommer häufig nicht.
Trivialnamen
Für die Schachblume bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Fritillariablum, Kiewitsei (Unterweser), Kiwitzei, Kukukstulpe (Pommern) und Perlhuhntulpe (Pommern).[21]
Literatur (alphabetisch sortiert)
Herbert Hollmann: Verbreitung und Soziologie der Schachblume Fritillaria meleagris L. (= Abhandlungen und Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. Neue Folge. Supplement. Band 15). Paul Parey, Hamburg/Berlin 1972.
Heinz-Dieter Krausch: Kaiserkron und Päonien rot … Von der Entdeckung und Einführung unserer Gartenblumen. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-423-34412-8, S.169–171.
Ummo Lübben: Die Schachblume: Fritillaria meleagris L. In: Ökoporträt. Band 43, 2007, ISSN0176-4926, S. 1–4 (PDF-Datei; 778 kB).
Edward Martin Rix: Fritillaria L. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 5: Alismataceae to Orchidaceae (Monocotyledones). Cambridge University Press, Cambridge 1980, ISBN 0-521-20108-X, S.31 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Gabriele Russell: Hommage an eine kleine Lilie. Die Schachbrettblume eine kulturhistorische Spurensuche. Heimatverein Sassenberg. Harlinghausen-Druck, Lippstadt 2019.
↑ abcdef
Edward Martin Rix: Fritillaria L. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 5: Alismataceae to Orchidaceae (Monocotyledones). Cambridge University Press, Cambridge 1980, ISBN 0-521-20108-X, S.31 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4, S.693.
↑
Bryan Ness: Fritillaria. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 26: Magnoliophyta: Liliidae: Liliales and Orchidales. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2002, ISBN 0-19-515208-5, S.164 (englisch, online).
↑
Heinz Ellenberg, Heinrich E. Weber, Ruprecht Düll, Volkmar Wirth, Willy Werner, D. Paulißen: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. (= Scripta Geobotanica. Band 18). 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Erich Goltze, Göttingen 1992, ISBN 3-88452-518-2, S. 107.
↑ abErich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S.131.
↑Werner Hempel: Die Pflanzenwelt Sachsens von der Späteiszeit bis zur Gegenwart. Weißdorn, Jena 2009, ISBN 978-3-936055-57-3, Die Frühneophyten des 18. und 19. Jahrhunderts (1750–1870). S. 182–196.
↑
Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands – Band 7: Pflanzen Landwirtschaftsverlag Münster 2018, ISBN 978-3-7843-5612-9, S. 22.
↑Schutzgrundstücke – Schachblumenwiesen bei Bayreuth. In: bund-naturschutz.de.Bund Naturschutz in Bayern, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Mai 2012; abgerufen am 24. April 2012: „Nur noch an zwei Stellen Bayerns kann man im Frühjahr die Schachblume (Fritillaria meleagris) bewundern: im unterfränkischen Sinn-Tal und an fünf Stellen in und um Bayreuth.“
↑Fritillaria meleagris. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 25. Februar 2014.
↑ abUwe Lochstampfer: Schachblume, auf: Botanikus. Abgerufen am 22. November 2020.
↑
Florence Hopper Boom: An early Flower Piece by Jacques de Gheyn II. In: Simiolus, Netherlands Quarterly for the History of Art. Band 8, Nr. 4, 1975/76, S. 198.
↑ abc
Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8, S.686–687.
↑Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 155. (online).