Die Schafiiten oder Schāfiʿiten (arabisch الشافعية, DMGaš-šāfiʿīya), veraltet Schafeiten, sind Angehörige einer der vier traditionellen Rechtsschulen (Madhahib) des sunnitischenIslams. Die schafiitische Rechtsschule gilt nach den Hanafiten als die zahlenmäßig zweitgrößte der Schulen. Der größte Teil der Schafiiten gilt als Befolger des Ascharismus.[1] Die schafiitische Schule geht auf Muḥammad ibn Idrīs asch-Schāfiʿī zurück.
Bei den definierten Quellen des fiqh spielen traditionell der Koran und die Sunna sowie der Analogieschluss (qiyās) eine große Rolle, während die eigenständige Lehrmeinung (raʾy) eine kleinere Rolle spielt.[2]
Asch-Schāfiʿī machte ausgiebig und, wie Kritiker meinen, zu wenig skeptisch von den Hadithen Gebrauch, schloss Ra'y, die selbständige Entscheidung, überwiegend aus und versuchte als Eklektiker zwischen der selbständigen Rechtsfindung und dem Traditionalismus vermittelnd einzutreten. Dagegen war der Analogieschluss (qiyās) sein Hauptinstrument.
Nach Lowry dreht sich asch-Schāfiʿīs Risāla vor allem um das juristisch-hermeneutische Konzept des bayān (Erläuterung). Nach diesem Konzept ist das islamische Gesetz grundsätzlich in Koran und Sunna enthalten, wobei sich die einzelnen rechtlichen Regeln auf fünferlei Art aus diesen Quellen ergeben: (1) aus dem Koran allein; (2) aus Koran und Sunna zusammen, wobei beide auf dasselbe hinauslaufen; (3) aus Koran und Sunna zusammen, wobei die Sunna den Koran erläutert; (4) aus der Sunna allein; (5) aus keiner der beiden Rechtsquellen. In letztgenanntem Fall ist eigene Urteilsbemühung (Idschtihad) erforderlich.[3]
Die Verbreitung der schāfiʿitischen Rechtsschule in Ägypten, Palästina, Jordanien und Teilen Syriens geht auf das Wirken des Sultans Saladin zurück, der ein schafiitischer Kurde war.
Liste bekannter schafiitischer Gelehrter
Die Schāfiʿiten stellten im Mittelalter den größten Teil der herausragenden Gelehrten des sunnitischen Islam.
Norman Calder, Jawid Mojaddedi, Andrew Rippin: Classical Islam: A Sourcebook of Religious Literature; London: Routledge, 2003. Section 7.1.
Theodoor Willem Juynboll: Handbuch des islāmischen Gesetzes: nach der Lehre der schāfiʿitischen Schule nebst einer allgemeinen Einleitung. Brill/Harrassowitz, Leiden/Leipzig, 1910. Digitalisat
↑Diwān Imām al-Shāfi‘ī. Damascus, Syria: Karam Publishing House Verses are translated by Salma al-Helali
↑Otto, Jan Michiel (2010). Sharia Incorporated: A Comparative Overview of the Legal Systems of Twelve Muslim Countries in Past and Present. pp. 151–158. ISBN 978-90-8728-057-4.
↑Joseph Lowry: Early Islamic Legal Theory. The Risāla of Muḥammad ibn Idrīs al-Shāfiʿī. Leiden 2007. - Vgl. Lowry 23f.