Zum Ende des Zweiten Weltkrieges, im Januar 1945, flüchtete Waechter mit ihrer Familie über die Ostsee. Die Familie hatte Passagierkarten für die Gustloff, war aber irrtümlich auf den NetzlegerNajade gelangt. Deshalb entkam sie dem Schicksal der Versenkung der Gustloff durch das sowjetische U-Boot S-13 mit bis zu 8.000 Toten.
Die Kindheit und Jugend verbrachte sie mit ihrer Mutter, Tante und ihren beiden Brüdern Bernd und Friedrich-Karl Waechter im Dorf Sahms und in Mölln.[2]
Waechter begann 1957 ein Studium an der Muthesius-WerkkunstschuleKiel. Ihre künstlerische Ausbildung unterbrach sie wegen einer Jugendpsychose nach zwei Semestern. Sie unternahm zwei Suizidversuche, nachdem sie eine große Arbeitsmappe mit ihren Kinder- und Jugendarbeiten dem Müll übergeben hatte.
Nach der Genesung begann sie eine Ausbildung zur Arzthelferin. Nach Abschluss dieser Ausbildung arbeitete sie von 1960 bis 1975 als medizinische Schreibkraft für verschiedene Firmen der deutschen Pharmaindustrie.
Im Rahmen dieses Studiums lernte sie ihren späteren Ehemann Michael Mohr kennen, mit dem sie regelmäßig gemeinsam malte und zunächst in Köln-Kalk, später in Köln-Sürth bis zu ihrem Tode ein gemeinsames Atelier hatte.[1]
Im April 1990 wurde der Künstlersonderbund in Berlin gegründet, in dem sich vor allem gegenständlich-figürlich arbeitende Künstler zusammenschlossen. Waechter gehörte zu den Gründungsmitgliedern.[4][5][6]
Waechter starb nach langer Krankheit am 5. Januar 2024 im Alter von 84 Jahren.
Werk
Waechter konzentrierte sich in ihren Zeichnungen und Gemälden, die meist in Eitemperatechnik realisiert wurden, auf einen „friedvoll nach innen gerichteten Blick“.[7] Sie portraitierte in hunderten Arbeiten sich selbst und ihren Ehemann Michael Mohr. Daneben dominieren Fensterbilder, Ausblicke und Einblicke aus ihrem und in ihr Atelier die von ihr gewählten Motive. Meist malte sie in ihrem Atelier zusammen mit ihrem Ehemann und Künstlerkollegen Michael Mohr, oft portraitierten sie sich gegenseitig.[1]
Rezeption und Hintergrund
Günther Ott, freier Mitarbeiter im Außenreferat des Kulturdezernenten Kurt Hackenberg der Stadt Köln, schreibt 1985 in Begegnungen – Kunst und Künstler aus Ostmitteleuropa über Roswita Waechter:
„Frau Waechter ist eine Realistin von einer Art, die an die Maler der Neuen Sachlichkeit der zwanziger Jahre erinnert. Bei ihr ist allerdings die Auseinandersetzung mit dem Raumproblem wichtig. Der Betrachter wird geradezu auf den Raum verwiesen, in ihren Interieurs finden sich kaum Möbelstücke. […] Die Künstlerin bekennt, dass sie noch nie zwei Menschen auf einem Bild dargestellt habe. Da gibt es keine Begegnung von Freunden, Partnern, kein Zwiegespräch zwischen Leuten, auch keine Konfrontation oder ein Nebeneinanderleben, Themen die unendliche Male in der Kunst variiert wurden. Hier ist der ‚Porträtierte‘ sich allein überlassen, ein kontemplativer Mensch, und wenn er etwas tut, zeichnet oder einen Apfel schält, so empfindet man die Ruhe die ihn umgibt.“[8]
↑ abcUli Kreikebaum: Die Selbstporträtistin. Nachruf auf Roswita Waechter im Kölner Stadtanzeiger vom 20. Januar 2024.
↑2000 erschien ihr Buch Erinnerungskette Kindheit. BOD - Books on Demand, ISBN 3-8311-0250-3, in dem sie Flucht und Kindheit bis zu ihrem 11. Lebensjahr schildert. Dieses Buch war 2006 Teil der Ausstellung „Flucht und Vertreibung“ im Deutschen Historischen Museum, Berlin.
↑Die Kölner Werkschulen wurden als Fachbereich Kunst und Design in die 1971 neu gegründete Fachhochschule Köln überführt (seit September 2015 umbenannt in TH Köln).
↑„Künstler im Porträt" zum 20-jährigen Bestehen des Künstlersonderbundes in Deutschland, Berlin 2010 ISBN 978-3-00-031702-6
↑Elvira Reith, Kuratorin zur Ausstellung Roswitha Waechter – Zur Erinnerung – Sich suchen – Selbst Sein am 24. April 2024 in der Überlebensstation Gulliver, Köln
↑Günter Ott, S. 122 in Begegnungen Kunst und Künstler aus Ostmitteleuropa, Westkreuz-Verlag Berlin, 1985, ISBN 3-922131-41-7