Praktisch jeder ans Internet angeschlossene Rechner bekommt einen Nameserver zugewiesen, der Namen wie „de.wikipedia.org“ auf technische Nummern (IP-Adressen) übersetzen kann. Hat der Nameserver keine Information zur angefragten TLD (in diesem Fall „org“), wendet er sich an die Root-Server. Dort werden die für „org“ zuständigen Nameserver abgefragt. Bei den org-Nameservern wiederum werden die für „wikipedia.org“ verantwortlichen Nameserver erfragt und dort schließlich die IP-Adresse von „de.wikipedia.org“. Damit der Nameserver diese Kette nicht jedes Mal neu durchlaufen muss, speichert er die Antworten für eine gewisse Zeit.
Es gibt 13 Root-Nameserver, die fortlaufend nach dem Schema <Buchstabe>.root-servers.net benannt sind. Jeder Root-Nameserver ist unter einer IPv4-Adresse und einer IPv6-Adresse erreichbar. Alle Root-Nameserver setzen Anycast zur Lastverteilung ein, sodass die 13 Adressen gleichzeitig von verschiedenen Orten der Welt bedient werden. Stand August 2024 gibt es zusammen mit allen Anycast-Instanzen 1865 Root-Server.[1]
Historisch lag die Aufsicht über die Verwaltung der Root-Zone und weiterer IANA-Aufgaben bei der US-Regierung. Die Telekommunikationsbehörde NTIA, die dem US-Handelsministerium unterstellt ist, beauftragte die ICANN mit den IANA-Aufgaben. Kritiker erachteten das Mitspracherecht der US-Regierung als problematisch. Neben der vertraglichen Bindung wurde auch kritisiert, dass die ICANN als kalifornische Organisation dem Risiko einer politischen Einflussnahme ausgesetzt ist.[2]
Seit 2016 trägt die ICANN die Verantwortung selbst, da die NTIA auf ihre Aufsichtsrolle verzichtet hat. Die ICANN gab die IANA-Aufgaben an ihre neu gegründete Tochterfirma Public Technical Identifiers (PTI) ab, um technische und strategische Funktionen organisatorisch zu trennen.
Änderungsanträge an der Root-Zone werden zunächst von der PTI entgegengenommen, auf technische und formale Korrektheit geprüft[3] und anschließend an Verisign weitergeleitet. Verisign führt die Änderung durch, signiert die geänderte Root-Zone mit DNSSEC und verteilt die neue Zonendatei über dedizierte Verteilungs-Server an die Root-Server-Betreiber.[4] Bis 2002 erfolgte die Verteilung direkt über Zonentransfers vom A-Root-Server, was aus Sicherheitsgründen aufgegeben wurde.[5]
Ausfallsicherheit und Angriffe
Die Root-Server bearbeiten eine sehr große Anzahl von Anfragen, ein erheblicher Teil davon verursacht durch fehlerhafte Software oder Netzwerkkonfiguration.[6] Eine Filterung auf DNS-Ebene findet nicht statt, da dies aufgrund der Einfachheit einer DNS-Anfrage mehr Ressourcen aufwenden würde, als alle Anfragen zu beantworten.
Gemäß RFC 2870[7] muss jeder Root-Server mit dem dreifachen Peak des am stärksten belasteten Root-Servers umgehen können. Das bedeutet, dass ein Root-Server im Normalbetrieb nur maximal ein Drittel seiner Kapazität ausnutzen darf. Fallen zwei Drittel der Root-Server aus, soll das noch betriebsfähige Drittel die Anfragen beantworten können.
Der Angriff mit der größten Wirkung auf die Root-Server fand am 21. Oktober 2002 statt. Ein DDoS erfolgte 75 Minuten lang mit zusammen 900 MBit/s (1,8 Mpkts/s) auf alle 13 Root-Server. Alle Root-Server blieben zwar lauffähig, da die vorgeschalteten Firewalls den Angriffsverkehr verwarfen, allerdings waren etwa neun Root-Server durch die überfluteten Leitungen schlecht bis gar nicht erreichbar. Root-Server-Lookups wurden dadurch deutlich verzögert, durch das Caching gab es jedoch kaum Störungen bei den Anwendern. Ausgelöst durch den DDoS-Angriff wurde die Umsetzung von Anycast beschleunigt.
Ein weiterer Angriff fand am 15. Februar 2006 statt, einige Tage, nachdem die Nameserver einer von der ICANN nicht genannten Top-Level-Domain angegriffen worden waren.[8] Dieser DDoS-Angriff wurde als DNS Amplification Attack durchgeführt, wodurch sich das aufgekommene Datenvolumen vervielfachte. Zwei der lediglich drei angegriffenen Root-Server waren 15 Minuten lang nicht erreichbar.
Am 6. Februar 2007 fand ein weiterer DDoS-Angriff auf die Root-Server und gleichzeitig auf einige TLD-Nameserver statt. Zwei Root-Server waren nicht erreichbar.[9]
Alternative DNS-Roots
Neben den ICANN-Root-Servern gibt es alternative Root-Server-Netzwerke, die aus politischen oder kommerziellen Gründen entstanden sind. In der Regel bezwecken die Anbieter eine Autonomie gegenüber dem etablierten Root-Server-Netzwerk. Vereinzelt werden Domains unterhalb eigener Top-Level-Domains verkauft. Diese TLDs sind ausschließlich Nutzern des jeweiligen Anbieters zugänglich, da sie in der ICANN-Root-Zone nicht vorhanden sind. Durch die Einführung neuer Top-Level-Domains besteht das Risiko von Kollisionen für die Nutzer alternativer Root-Server.
Aktive Anbieter:
OpenNIC ist ein DNS-Root, der nach eigener Aussage von Freiwilligen ohne kommerzielle Interessen betrieben wird. Neben den Top-Level-Domains der ICANN löst OpenNIC auch einige eigene TLDs auf.
Yeti DNS ist ein offenes Testbed zur Durchführung technischer Experimente an einem DNS-Root.[10][11]
Ehemalige Anbieter:
Bis 2019 existierte das Open Root Server Network (ORSN), um den Einfluss der ICANN auf das Domain Name System zu senken.
Public-Root war ein Anbieter, der sich als unabhängige Non-Profit-Alternative verstand. Seit 2011 wird die Website nicht mehr gepflegt und die DNS-Server sind außer Betrieb.
Enhanced Domain Name Service (eDNS) bot bis zur Außerbetriebnahme 1998 die zusätzlichen Top-Level-Domains .biz, .corp, .fam, .k12, .npo, .per und .web an.
Aus der Geschichte
Historisch wurde die Anzahl der Server auf 13 beschränkt:[12][13]
Die maximale Größe (MTU) eines Datenpaketes, welches das Internet zuverlässig passieren kann, wurde konservativ angenommen (brutto 576 Byte, abzüglich Verwaltungsdaten).
Da aus Leistungsgründen das verbindungslose UDP das bevorzugte Transport-Protokoll für DNS-Anfragen ist, musste die Antwort in nur einem Paket untergebracht werden.
So wurde die maximale Größe einer DNS-Antwort auf 512 Byte festgelegt, damit konnten Informationen über maximal 13 Server übermittelt werden.
Aktuelle Software kann mit größeren DNS-Datenpaketen umgehen.
Bevor Anycast eingesetzt wurde, befanden sich 10 der 13 Root-Server in den USA. Dies wurde hinsichtlich der Ausfallsicherheit kritisiert, da eine geografische Zentrierung dem Dezentralisierungsgedanken des Internets entgegenläuft.
Historische Root-Server-Karte vor dem Einsatz von Anycast
Historische Karte mit 123 Anycast-Instanzen (Stand 2006)