Robert Jungk war der Sohn des Dramaturgen, Schauspielers und Regisseurs David Baum (Künstlername Max Jungk, 1872–1937) und der Schauspielerin Sara Bravo (Künstlername Elli Branden, 1885–1948), assimilierteJuden.[1]
Kurz nach dem Reichstagsbrand wurde Jungk verhaftet, weil er Titelseiten des Völkischen Beobachters vom Schwarzen Brett der Universität gerissen hatte, gelangte aber mit Hilfe seines Freundes Sven Schacht, des Neffen von Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, wieder in Freiheit. Noch vor der Reichstagswahl März 1933 reiste er nach Seefeld in Tirol aus. Über Zürich emigrierte er im Mai 1933 nach Paris. Es folgten ein Studium an der Sorbonne, Filmarbeiten in Frankreich und Spanien sowie Tätigkeiten für deutschsprachige Pressedienste von Emigranten. 1936 kehrte er kurz zu seinen Eltern nach Berlin zurück, wo der Kontakt zu Harro Schulze-Boysen wieder auflebte. Im November 1936 musste Jungk, wie unmittelbar darauf auch seine Eltern, in die Tschechoslowakei flüchten; während seiner Zeit in Prag schloss er Freundschaft mit Peter Weiss.
Während Robert Jungk sich von den zerstrittenen Gruppierungen der politischen Emigration fernhielt, pflegte er intensiven Kontakt zur Gruppe marxistischerPsychoanalytiker um Otto Fenichel und Steffi Bornstein.[2]
Im Mai 1938 wich er vor der drohenden deutschen Okkupation nach Zürich aus. Wilhelm Reichs Buch Massenpsychologie des Faschismus hatte ihn dazu angeregt, eine historische Doktorarbeit „über die seelischen Gründe des Zusammenbruchs großer Reiche“ zu schreiben. Die ablehnende Reaktion des Doktorvaters Karl Meyer beendete zunächst Jungks akademische Ambitionen.[3] Stattdessen wirkte er vorübergehend am Aufbau eines Pressedienstes in London mit. 1939 bis 1945 arbeitete er für schweizerische Tages- und Wochenzeitungen unter verschiedenen Pseudonymen, insbesondere als F. L. für die Weltwoche. Im Juni 1943 drohte ihm die Abschiebung nach Deutschland, erst die Fürsprache Emil Oprechts und anderer führte zu einer Internierung, erst in der Strafanstalt St. Gallen, dann im Arbeitslager Möhlin, schließlich auf Schloss Burg im Leimental.
Nachkriegszeit und Friedensbewegung
Nach 1945 lebte er in Paris, Washington, D.C. und Los Angeles und arbeitete als Korrespondent für schweizerische, deutsche, niederländische und französische Medien.
Robert Jungk war ab 1948 mit Ruth Suschitzky, Cousine von Edith Tudor-Hart und Wolfgang Suschitzky, verheiratet. 1952 wurde der gemeinsame Sohn Peter Stephan Jungk geboren.[4] Im Jahr 1957 siedelte er mit seiner Ehefrau Ruth nach Österreich über, zunächst nach Wien. Ab 1970 lebte das Ehepaar in Salzburg.
1952 erschien sein erstes Werk, Die Zukunft hat schon begonnen, zu Fragen der Zukunft der Menschheit.
Obwohl er in seiner eigenen Vita angibt, sich erst ab 1980 in der Friedensbewegung engagiert zu haben, tat er dies nachweislich bereits ab 1960 in Bezug auf den Ostermarsch gegen Atomwaffen in Ost und West, trat als Redner bei Abschlusskundgebungen auf und entwarf 1962 einen Aufruf, anknüpfend an die Aussage im ersten Ostermarsch-Flugblatt von 1960 (Haben Sie Vertrauen in die Macht des Einzelnen!): „Wer kann einen dritten Weltkrieg verhindern? DU – kannst ihn verhindern (…) Nütze Deine Chance heute und hier, verteidige das Leben und die Freiheit Deiner Familie jetzt! Schließe Dich den Ostermärschen gegen die Atomwaffen jeder Nation an!“[6]
1986 erhob die Hanauer Staatsanwaltschaft Anklage gegen Jungk wegen Anstiftung zu einer strafbaren Handlung und Landfriedensbruch, weil er auf einer Anti-Atom-Demonstration in Hanau den Demonstranten zugerufen hatte: „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ und „Gewaltlos oder militant - Hauptsache Widerstand“.[7]
Schon kurz nach der Standortbekanntgabe 1982 für die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) trat Jungk als Hauptredner vor rund 15.000 Atomkraftgegnern auf dem Schwandorfer Marktplatz auf.[8]
1987 übernahm er die presserechtliche Verantwortung für das bayerische Anti-Atom-Magazin Radi Aktiv.[9] 1988 brachte er persönlich seine Einwände gegen die WAA beim Erörterungstermin in Neunburg vorm Wald vor und bekräftigte seine These, wonach sich ein „Atomstaat“ derart vor Angriffen auf Anlagen wie die WAA schützen müsse, dass die Bürger ihn eines Tages nicht mehr wiedererkennen würden.[10]
Jungk gehörte zu denen, die sich – auch aufgrund eigener Beiträge – früh mit der Rolle des Wissenschaftsjournalismus befassten. Sein Buch „Und Wasser bricht den Stein“ enthält mehrere Abschnitte, in denen er sich zur wachsenden Bedeutung dieses damals noch wenig genutzten Ressorts und zur Notwendigkeit äußert, die Journalistenausbildung daran anzupassen.
So schrieb er unter der Überschrift „Sollen Journalisten Kernphysik studieren?“ im Juli 1975: „Es wäre zu überlegen, ob das Studium der Naturwissenschaften und der Technologie nicht endlich in das Curriculum der allgemeinen Journalistenausbildung aufgenommen werden sollte.“ Auch stellte Jungk fest: „Gewiss gibt es heute mehr populärwissenschaftliche Artikel oder ganze Beilagen in den Tages- und Wochenzeitungen. Es trifft auch zu, daß Radio und Fernsehen öfter als früher sich Themen aus der Welt der Forschung widmen.“[11] Jungk selbst schrieb für das „X-Magazin“ und für „Bild der Wissenschaft“ von 1972 bis 1985 regelmäßig Kolumnen und verband dabei – wie auch in seinen Büchern – die Arbeit und Sichtweise eines Wissenschaftlers mit der eines Wissenschaftspublizisten.
Das Städte-Netzwerk NRW e. V. vergab in Zusammenarbeit mit der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen Salzburg, und dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen von 1999 bis 2011 alle zwei Jahre den Robert-Jungk-Preis für Bürgerengagement.[12] Die Auszeichnung würdigte zukunftsweisende Projekte und Initiativen, die mit sozialer Verantwortung und am Gemeinwesen orientierten Aktivitäten die Lebensqualität der Menschen in den Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens nachhaltig verbesserten.[13]
Jedes Jahr vergibt die Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Kooperation mit der Stadt Salzburg das Robert-Jungk-Stipendium für Zukunftsforschung.[14]
„Durch geöffnete Türen gehen Kenntnisse nicht nur hinaus, sondern fließen auch hinein.“[15]
„Indem du dein Wissen mit anderen teilst, verlierst du es nicht, es wird auch nicht weniger, sondern es zieht anderes Wissen an.“[15]
Werke
Die Zukunft hat schon begonnen. Amerikas Allmacht und Ohnmacht. Heyne, Stuttgart 1952, ISBN 3-453-04010-4.
Die Zukunft hat schon begonnen. Entmenschlichung – Gefahr unserer Zivilisation. Goldmann, Bern/Stuttgart 1952, ISBN 3-442-11355-5.
Albert Schweitzer: Das Leben eines guten Menschen. Unter Pseudonym „Jean Pierhal“ verfasste Biografie. Kindler Verlag, München 1955.
Heller als tausend Sonnen. Das Schicksal der Atomforscher.Scherz Verlag, Bern/Stuttgart/Wien 1956. Neuauflage bei Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-499-16629-1.
Strahlen aus der Asche. Geschichte einer Wiedergeburt. Bern 1959.
Die große Maschine. Auf dem Weg in eine andere Welt. Heyne, München 1966, ISBN 3-453-05112-2.
Vom blinden zum wissenden Fortschritt. Essen 1969.
Eskalation der neuen Waffen. 1969.
Griff nach dem Atom. Stuttgart 1970.
Der Jahrtausendmensch. Bericht aus den Werkstätten der neuen Gesellschaft. München 1973 (Textauszug).
Plädoyer für eine humane Revolution. Ein Gespräch mit Adelbert Reif. Zürich 1975.
Die Großen – Leben und Leistung der sechshundert bedeutendsten Persönlichkeiten unserer Welt. Herausgegeben von Kurt Fassmann unter Mitwirkung von Max Bill, Hoimar von Ditfurth u. a. Kindler Verlag, Zürich 1977.
mit Norbert R. Müllert: Zukunftswerkstätten. Mit Phantasie gegen Routine und Resignation. Goldmann, Hamburg 1981, ISBN 3-442-11357-1 (Textauszug).
Der Mensch. Gefährdung und Zukunft. München/Offenbach 1982.
Menschenbeben. Der Aufstand gegen das Unerträgliche. München 1983.
Und Wasser bricht den Stein. Streitbare Beiträge zu drängenden Fragen der Zeit. Freiburg 1986 (Taschenbuchausgabe München 1988), ISBN 3-423-10888-6.
Sternenhimmel statt Giftwolke oder den Frieden erfinden. Zürich 1987, ISBN 3-85842-128-6.
Vita Robert Jungk, auf der Website der Jungk Bibliothek für Zukunftsfragen
Robert Jungk, der Wissensvermittler (PDF; 21 kB). Drei Texte von Robert Jungk und ein Interview mit seinem Sohn Peter Stephan Jungk (Paris 24. April 2007). Reihe Arbeitsblätter für die Sachbuchforschung 13, Historische Reihe 4. Hg. v. Forschungsprojekt „Das populäre deutschsprachige Sachbuch im 20. Jahrhundert“, Berlin und Hildesheim 2007.