Reiner Seliger (* 27. Februar1943 in Löwenberg/Schlesien) ist ein deutscher Bildhauer, der durch die Verwendung von recycelten Materialien bekannt geworden ist. Seine Werke zeichnen sich durch die Technik des „Schichtens“ aus. Viele Werke des Künstlers sind in Skulpturenparks in Deutschland und der Schweiz zu sehen.[1]
Vertrieben aus Löwenberg in Schlesien, wuchs Reiner Seliger im vom Krieg zerstörten Düsseldorf auf, wo er bis 1970 lebte. Seliger studierte bis 1969 Industrial Design in Essen und nahm 1967 an der Weltausstellung EXPO 67 in Montreal teil. Nach Beendigung des Studiums lehrte er in Indien und arbeitete danach als freischaffender Künstler unter anderem in London, Mailand, Florenz und Düsseldorf.[2]
Heute lebt und arbeitet Reiner Seliger mit seiner Ehefrau Heidi Gerullis (ebenfalls Künstlerin) in Freiburg sowie Castello di Montefioralle in Italien.
Werke
Reiner Seliger entdeckte als Kind der Nachkriegszeit im zerstörten Düsseldorf die Ästhetik der Schuttberge und den Reiz zerbrochener Materialien für sich. Seine als Kind spielerische Annäherung an das Material zeigt sich heute in seinem künstlerischen Schaffen – vor allem bei seinen temporären „Ein-Tages-Skulpturen“[3] oder „ArchiSkulpturen“[4] aus rotbraunen Ziegelsteinen, die er auf Bauschuttdeponien vor Ort (z. B. in Ettenheim bei Freiburg) erstellt und wieder zerstören lässt.[5]
Virtuos schichtet Reiner Seliger für seine Werke natürliche, alltäglich sichtbare Materialien und Industriereste zu wirkungsvollen Formen und Reliefs. Bruchstücke und Splitter bilden Strukturen, die sich im Spiel aus Farbe, Licht und Schatten stetig verändern. Für seine Skulpturen nutzt Reiner Seliger Materialien wie Ziegel- oder Marmorbruch. Er schichtet das Material zu architektonischen, spindelartigen oder bauchigen Türmen und Kugeln. „Jedes Material birgt ein Geheimnis. Man muss behutsam damit umgehen“[6], erklärt Reiner Seliger in einem Interview mit dem Museum Art.Plus.
Seine mit scharfkantigen Glasscherben bespickten Kugeln und bis zu zwei Meter hohe transparente Glasstelen brechen das Licht, im Kontrast zu den matten Oberflächen des Terakottbruchs, wiederum auf unterschiedlichste Weise. Sie verändern ihre Farbigkeit mit dem Blickwinkel des Betrachters und scheinen auf dessen Bewegung im Raum zu reagieren.[7]
Einen besonderen Stellenwert nimmt das Material Kreide in Reiner Seligers Œuvre ein. Fasziniert von der charakteristisch samtigen Konsistenz und der farbintensiven Präsenz, komponiert Reiner Seliger Wandobjekte aus unterschiedlich langen und breiten, geschnittenen oder gebrochenen Kreidestücken Wandinstallationen mit besonderer räumlicher Tiefe.[8] Dicht an dicht – mal wie ein vielschichtiges Mosaik, mal wie eine stringente Reihung: „Es ist der Rhythmus, die Poesie des Materials, die immer wieder zum kreativen Prozess einladen. Die gestalterischen und ästhetischen Möglichkeiten sind unerschöpflich“[9], so Reiner Seliger.[10]
Ausstellungen und Museen
Viele Werke von Reiner Seliger sind als Außeninstallationen in Museumsausstellungen und Skulpturenparks zu sehen. Seine zumeist großen Bauwerke fügen sich nicht nur in die Umwelt ein, sondern verstehen sich als Annäherung oder als Brücke zwischen Mensch und Natur und bilden dabei neue Landschaftsmarken.[11]
1999 Deutsches Architekturmuseum DAM, Frankfurt am Main[36]
Literatur
Reiner Seliger, UP AND DOWN, 2020, Herausgeber Galerie für Gegenwartskunst E-Werk Freiburg, Text Paolo Bianchi, Dr. Heidi Brunnschweiler, Syntagma-Verlag Freiburg, ISBN 978-3-940548-71-9.
Reiner Seliger, Skulpturenpark Heidelberg, 2019, Herausgeber Skulpturenpark Heidelberg e. V., Text Dr. Martin Stather Mannheimer Kunstverein, Dr. Manfred Fuchs, Nino Druck GmbH
Reiner Seliger, Beyond, 2015, Herausgeber Reiner Seliger, Galerie Schrade, Galerie Peter Borchardt, Text Dr. Martin Stather Mannheimer Kunstverein, Dr. Stephan Geiger Galerie Geiger, Syntagma-Verlag Freiburg, ISBN 978-3-940548-39-9.
Auf:bruch – Vier Positionen zeitgenössischer Kunst, 2010, Museum Biedermann, Herausgeber Margit Biedermann Foundation, Text Paolo Bianchi, modo Verlag GmbH Freiburg i.Br., ISBN 978-3-86833-044-1.
Reiner Seliger, Broken Stuff, Stadtmuseum Siegburg 2009, Galerie Münsterland Emsdetten 2010, Kloster Bentlage Rheine 2010, Stadtmuseum Beckum 2010, Text Dr. Gundula Caspary Stadtmuseum Siegburg, PREYSING VERLAG Ladenburg, ISBN 978-3-9812249-0-0.
Reiner Seliger, Sesto, Siena, Palazzo Publico, 2007, Herausgeber Comune di Siena Italia Assessorato alla Cultura, Linde Hollinger, Text Paolo Bianchi, PREYSING VERLAG Ladenburg, ISBN 3-9806968-9-8.
Reiner Seliger, Kreiden, 2006, Herausgeber Linde Hollinger, Text Blanka Heinecke, Linde Hollinger, PREYSING VERLAG Ladenburg, ISBN 3-9806968-9-8.
Reiner Seliger, Areal Flottmann-Hallen, 2005, Herausgeber Stadt Herne, Flottmann-Hallen, Linde Hollinger, Text Dr. Uwe Rüth, Linde Hollinger, PREYSING VERLAG Ladenburg, ISBN 3-9806968-7-1.
Reiner Seliger, Projekte-Plastiken, 2003, Herausgeber Mannheimer Kunstverein, Linde Hollinger, Text Dr. Martin Stather Mannheimer Kunstverein, Dr. Gottlieb Leinz Stiftung, Wilhelm Lehmbruck Museum, Linde Hollinger, PREYSING VERLAG Ladenburg, ISBN 3-9806968-4-7.
Blickachsen 3, Skulpturen im Kurpark Bad Homburg v.d. Höhe, 2001, Herausgeber Christian K. Scheffel, Text Dr. Gottlieb Leinz Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum, Edition Scheffel, ISBN 3-926546-37-9.
↑Günter Baumann: Reiner Seliger - ARENA -. In: Offizielle Seite der Flattmann-Hallen in Herne. Flattmann-Hallen in Herne, 2022, abgerufen am 13. Januar 2023.
↑Margit Biedermann, Simone Jung, Klaus Wolbert, Simone Schimpf, Wilhelm Warning: Museum Biedermann - Auf:bruch. Hrsg.: Margit Biedermann Foundation. modo, Freiburg 2010, ISBN 978-3-86833-044-1.