Dieser Artikel beschreibt den preußischen Regierungsbezirk Erfurt (1815–1945). Eine Verwaltungseinheit ähnlichen Namens bestand mit dem Bezirk Erfurt in der DDR (1952–1990).
Der Regierungsbezirk Erfurt war ein preußischerRegierungsbezirk in der Provinz Sachsen mit Verwaltungssitz in Erfurt. Er wurde am 22. April 1816 gegründet[1] und 1944 de facto sowie 1945 offiziell aufgelöst.
Somit umfasste der Regierungsbezirk Erfurt drei unterschiedliche Landschaftszonen: Mittelgebirge (Harz und Thüringer Wald), Hügelland (Eichsfeld, Hainich, Vogtland) und Flachland (Thüringer Becken).
Geschichte
Infolge des Wiener Kongresses 1815 musste das zuvor mit Napoleon verbündete Königreich Sachsen erhebliche Teile seines Territoriums an Preußen abtreten. Im späteren Regierungsbezirk waren das die Gebiete an der Unstrut von Weißensee im Osten bis nach Mühlhausen im Westen (der westliche Teil des früheren Thüringer Kreises), der Landkreis Ziegenrück im Vogtland sowie die hennebergischen Erblande im Thüringer Wald (Kreis Schleusingen). Dazu kamen die durch die Säkularisation bereits 1803 an Preußen gefallenen und zwischenzeitlich französischen Gebiete um Erfurt (mit Sömmerda) und das Eichsfeld sowie die mediatisierten freien Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen. Die Grafschaft Hohnstein westlich von Nordhausen war bereits seit 1648 Teil Brandenburg-Preußens und wurde ebenfalls in den neuen Regierungsbezirk integriert (vorher gehörte sie zum Fürstentum Halberstadt). Ursprünglich war angestrebt, dass auch die stolbergischen Gebiete in Nordthüringen sowie die Ämter Heringen, Kelbra und Sachsenburg Teil des Regierungsbezirkes werden sollten, was aber aus verschiedenen Gründen nicht zur Realisierung kam.
Nach der Gründung des Regierungsbezirks gab es zunächst lange Zeit kaum Gebietsänderungen. 1816 wurde aus der Stadt Erfurt zunächst ein eigener Stadtkreis gebildet, der aber bereits 1818 aufgehoben und Teil des Landkreises Erfurt wurde. 1866 wurden die Nachbarstaaten Kurhessen und Hannover von Preußen annektiert, wodurch Grenzen im Norden und Westen des Regierungsbezirks wegfielen. 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet, was dem recht stark zergliederten Bezirk einen Aufschwung brachte, da Grenzen wegfielen und die Staaten sich insgesamt annäherten. Besonders die Stadt Erfurt hatte bis dahin enorm unter ihrer Randlage zwischen ernestinischen Gebieten gelitten und konnte sich wirtschaftlich nur schlecht entfalten, was sich nach der Reichsgründung jedoch rasch änderte. So wurde Erfurt 1872 zum Stadtkreis erhoben und schied wieder aus dem Landkreis Erfurt aus. 1882 wurde Nordhausen Stadtkreis (vorher Landkreis Grafschaft Hohenstein) und 1892 folgte Mühlhausen, das aus dem Landkreis Mühlhausen ausschied. 1888 benannte sich der Landkreis Nordhausen in Landkreis Grafschaft Hohenstein um, da er auf dem Gebiet der ehemaligen Grafschaft Hohnstein lag. Um 1900 bildeten der Regierungsbezirk Erfurt sowie Teile des Regierungsbezirkes Merseburg (Amtsbezirke Weißenfels, Freyburg und Eckartsberga) sowie der Kreis Herrschaft Schmalkalden (Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel) und Teile des Kreises Ilfeld (Provinz Hannover, Regierungsbezirk Hildesheim) das preußische Thüringen.
1920 wurde das Land Thüringen aus der Vereinigung der thüringischen Kleinstaaten gegründet (Kleinthüringen).[2] Von thüringischer Seite aus bemühte man sich seit Ende des Jahres 1918 auch um die Eingliederung des Regierungsbezirkes Erfurt, teils sogar auch von Teilen des Regierungsbezirkes Merseburg in das neu zu schaffende bzw. geschaffene Land (Großthüringen), womit man allerdings bei der Regierung des Freistaats Preußen sowie einem erheblichen Teil der betroffenen Bevölkerung, vor allem der Stadt Erfurt, auf Ablehnung stieß.[2]
1932 wurde der Landkreis Ilfeld im preußischen Regierungsbezirk Hildesheim (Provinz Hannover) aufgelöst. Die Gemeinden kamen zum Landkreis Grafschaft Hohenstein im Regierungsbezirk Erfurt. Im selben Jahr wurde auch der Landkreis Erfurt aufgelöst. Seine Gemeinden kamen zum Landkreis Weißensee. Am 1. Juli 1944 wurde der Landkreis Herrschaft Schmalkalden aus der Provinz Hessen-Nassau ausgegliedert und dem Regierungsbezirk Erfurt zugeordnet, der am selben Tag dem Gauleiter Thüringens, Fritz Sauckel, unterstellt wurde. Als Teil Preußens bestand der Regierungsbezirk aber formal noch bis zum 16. Juni 1945. An diesem Tag wurde er in das Land Thüringen eingegliedert. Nach der Gründung der DDR verlegte die Landesregierung am 1. Dezember 1950 ihren Sitz von Weimar nach Erfurt. 1952 wurde das Land Thüringen aufgelöst und in Bezirke unterteilt. 1990 wurde es wiedergegründet. Seitdem liegen die meisten Teile des ehemaligen Regierungsbezirks Erfurt im Freistaat Thüringen.
1) Der Landkreis Erfurt war ab 1932 Teil des Landkreises Weißensee.
2) Der Landkreis Ilfeld war ab 1932 Teil des Landkreises Grafschaft Hohenstein.
Damit umfasste der Regierungsbezirk zwischen 1815 und 1932 eine Fläche von 3.531 km², zwischen 1932 und 1944 3.804 km² und zwischen 1944 und 1945 4.084 km². Die Einwohnerzahl stieg von 250.931 Einwohnern im Jahr 1820 auf 350.459 im Jahr 1850. 1885 hatte der Bezirk dann 411.216 Einwohner und 1939 636.595 Einwohner (ohne Schmalkalden) bzw. 688.261 Einwohner (mit Schmalkalden).
Bei seiner Gründung 1815 umfasste der Regierungsbezirk Erfurt neun Landkreise, die im Durchschnitt etwa 400 km² groß waren. Bei seiner Auflösung 1945 gehörten neun Kreise (der Landkreis Erfurt wurde aufgelöst; der Landkreis Herrschaft Schmalkalden kam neu hinzu) und drei kreisfreie Städte zum Regierungsbezirk.
Größte Städte
Die größten Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern im Jahr 1939 und die Kreisstädte im Regierungsbezirk waren:
Ferner gehörte Ilversgehofen zeitweise zu den größten Gemeinden im Regierungsbezirk. 1910 hatte das Dorf im Landkreis Erfurt 12.593 Einwohner. Am 1. April 1911 wurde es ein Stadtteil Erfurts.
Frank Boblenz: Abriß der Territorialgeschichte des preußischen Thüringen. In: Das preußische Thüringen. Abhandlungen zur Geschichte seiner Volksvertretungen (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen; 17). Rudolstadt 2001, S. 9–45.