Das Raimundtheater (Eigenschreibung Raimund Theater) ist ein Theater im 6. Wiener Gemeindebezirk Mariahilf in der Wallgasse 18–20, das heute zu den Vereinigten Bühnen Wien gehört und hauptsächlich Musicals als Spielstätte dient. Die Sanierung und der Umbau wurde Ende Mai 2021 abgeschlossen.[1]
Das nach dem österreichischen Dramatiker Ferdinand Raimund benannte Theater wurde im Jahr 1893 von einem Verein von 500[2] Bürgern des Gemeindebezirks Mariahilf gegründet, nach Entwürfen des Architekten Franz Roth (1841–1909)[3] errichtet und, vollständig elektrisch beleuchtet,[4] am 28. November 1893 (erste Vorstellung am 27. November 1893)[2] mit Raimunds Zauberspiel Die gefesselte Phantasie[5] feierlich eröffnet (Prolog verfasst von Alfred von Berger)[6][Anm. 1]
1907 übernahm der jüdische Regisseur und Theaterdirektor Sigmund Lautenburg (1851–1918)[8] die Leitung des Raimund-Theaters, jedoch nur für kurze Zeit. Er beauftragte für eine neue Inszenierung des Schauspiels Die Nibelungen von Friedrich HebbelCarl Otto Czeschka, die Bühnenbilder und Kostüme zu entwerfen. Auf die Aufführung wurde aus verschiedenen Gründen verzichtet, aber ein unmittelbares Ergebnis der intensiven Beschäftigung Czeschkas mit dem Nibelungenthema für das Raimund-Theater waren die Zeichnungen, die dem kleinen Buch Die Nibelungen im Verlag Gerlach & Wiedling als Grundlage dienten.[9][8][10]
Im Dezember 1968 beging das Raimundtheater sein 75-Jahr-Jubiläum mit der Aufführung der Operette Der Bettelstudent von Carl Millöcker.
Als Festwochenpremiere am 23. Mai 1969 wurde die Operette Giuditta von Franz Lehár gegeben, in der Gretl Schörg (1914–2006) nochmals glänzend in Erscheinung trat,[11] bevor sie sich wenig später ganz vom Bühnenleben zurückzog.
Nach 1976 wurden bereits sporadisch Musicals gespielt. In den Jahren 1984 und 1985 wurde das Theater generalsaniert. Seit 1987 gehört es gemeinsam mit dem Theater an der Wien und dem Ronacher zu den Vereinigten Bühnen Wien (GmbH) und ist seither hauptsächlich Spielstätte für Musicals.
Das Musical Elisabeth wurde anlässlich dessen 20. Geburtstag von 2012 bis 2014 gespielt. Dabei wurden im Saal vier LED-Übersetzungstafeln angebracht, auf denen seither die Stücke in Englisch übersetzt werden.
Die Verleihung des im Jahr 2000 initiierten Nestroy-Theaterpreises fand 2011 zum ersten Mal im Raimund Theater statt.
Das Raimund Theater wird nach der Renovierung 1.400 Sitzplätze fassen. Bisher waren es 1.195 Sitzplätze und 40 Stehplätze, das konnte allerdings von Produktion zu Produktion variieren.
Im März 2018 beschloss der Kulturausschuss des Wiener Gemeinderats, für die Sanierung des Theaters 12,76 Millionen Euro bereitzustellen. Das Theater war seit 17. Juni 2019 für Sanierungsarbeiten rund 14 Monate geschlossen, die Wiedereröffnung war ursprünglich für Herbst 2020 mit dem Musical Miss Saigon geplant.[12] Im Juni 2020 wurde die Wiedereröffnung auf Jänner 2021 verschoben.[13] Im Oktober 2020 wurde bekannt gegeben, dass die Premiere nochmals auf Herbst 2021 verschoben wurde. Am 26. September 2021 wurde mit der WE ARE MUSICAL – Die große Eröffnungsgala das Raimund Theater wiedereröffnet. Die Premiere von Miss Saigon hätte am 3. Dezember 2021 stattfinden sollen, aufgrund eines erneuten landesweiten Lockdowns musste diese wiederholt abgesagt werden.
Gustav Andreas Ressel: Das Raimund-Theater. Eine Denkschrift. Reisser, Wien 1892.
Satzungen des Raimund-Theater-Vereines. Gorischek, Wien 1892.
Adam Müller-Guttenbrunn: Die gefesselte Phantasie. Gelegenheitsschrift zur Eröffnung des Raimund-Theaters. (Beigefügte Werke: Zur Geschichte der Gefesselten Phantasie). Honegen, Wien 1893.
Oscar Friedmann: Zur Krise im Raimundtheater. August Schulze, Leipzig 1896.
Adam Müller-Guttenbrunn: Das Raimund-Theater. Passionsgeschichte einer deutschen Volksbühne. Neue Revue, Wien 1897.
70 Jahre Raimund-Theater. 28. November 1893 – 28. November 1963. Wiener Theaterbetriebsgesellschaft, Wien 1963.
Maria Kinz: Raimund Theater. Jugend und Volk, Wien u. a. 1985, ISBN 3-224-16003-9.
Eva Marlene Drnek: Entstehung des Wiener Raimund-Theaters. Burgtheater für das Volk. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 2007.
↑Raimund-Theater. In: Josef Kareis (Red.): Zeitschrift für Elektrotechnik. Organ des Elektrotechnischen Vereins in Wien. XI. Jahrgang (1893). Selbstverlag, Wien 1893, S. 561. – Volltext online.
↑Alfred Freiherr von Berger: Prolog zur Eröffnungs-Vorstellung im Raimund-Theater. Steyrermühl, Wien 1893.
↑Adam Müller-Guttenbrunn: Der suspendierte Theaterdirektor. Rede des Direktors – Gehalten am 24. Februar 1896 in der außerordentlichen General-Versammlung des Raimund-Theater-Vereins in Wien. Zweite Auflage. Meyer, Leipzig 1896.
↑"Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950", 1970, S. 52.
↑Senta Siller, Carl Otto Czeschka – Leben und Werk, Dissertation 1990, S. 77.
↑Harald Sterk: „Giuditta“ als Festwochenpremiere im Raimundtheater: Lehars unglückliche Liebe zur Oper. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 25. Mai 1969, S.6, Mitte links.
↑Bei der Eröffnungsvorstellung waren unter anderem zugegen: k.k. Innenminister Bacquehem, Bürgermeister Prix sowie Statthalter von Niederösterreich Kielmansegg – der beim nachfolgenden Festbankett im Hotel Goldenes Kreuz, Mariahilfer Straße 99, als Ranghöchster das Wort ergriff. — Siehe: Raimund-Theater. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 10515/1893, 29. November 1893, S. 7, Mitte links. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp