Pytalowo (russischПыталово, lettisch 1925 bis 1938 Jaunlatgale, 1938 bis 1945 Abrene) ist eine Kleinstadt mit 5826 Einwohnern (Stand 14. Oktober 2010)[1] in der Russischen Föderation. Sie gehört zur Oblast Pskow und liegt im äußersten Westen Russlands unweit der Grenze zu Lettland rund 100 km südwestlich der Gebietshauptstadt Pskow.
Erstmals erwähnt wurde der Ort als Pytalowo im Jahre 1782, als dort 13 Bauern ansässig waren. Das Dorf Pytalowo hatte um das Jahr 1878 herum 57 Einwohner. Es gehörte zum Ujesd Ostrow der Gubernija Pskow.
In den 50er-Jahren des 19. Jahrhunderts begann der Bau der Eisenbahnlinie Sankt Petersburg – Warschau und damit ging der Bau der Stationen entlang der Strecke einher. Der nächstliegende Streckenabschnitt von Ostrow bis Rēzekne war für damalige Verhältnisse recht lang. Es wurde beschlossen, sogenannte „Halbstationen“ (Haltepunkte) zu errichten. Nachdem nun in unmittelbarer Gutsnähe ein Haltepunkt der Eisenbahnlinie errichtet worden war, nannte man ihn Pytalowo. Dies war der Entstehungszeitpunkt der Stadt Pytalowo. Ab 1881 wurde der Haltepunkt als gewöhnliche Bahnstation geführt. Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs wurde der Bahnhof umfangreich ausgebaut und sowohl von deutscher als auch von russischer Seite wiederholt eingenommen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gliederte die Sowjetunion Abrene und einen Teil des Landkreises in die Oblast Pskow der RSFSR ein. Die meisten Einwohner lettischer Abstammung wurden vertrieben und die Stadt in Pytalowo zurückbenannt.
Mit der 1991 wiederhergestellten Unabhängigkeit versuchte Lettland, die Stadt zurückzuerhalten, was jedoch am internationalen Druck scheiterte. Angeblich soll eine Volksbefragung durchgeführt worden sein, die mehrheitlich für die Zugehörigkeit zu Russland sprach. Nach dem Abschluss eines Grenzvertrages mit Russland am 27. März 2007 verzichtete Lettland auch formell auf Ansprüche bezüglich des rund 1400 Quadratkilometer umfassenden Gebietes um Pytalowo.[2]
Bevölkerungsentwicklung
Jahr
Einwohner
1959
3519
1970
4135
1979
5409
1989
7166
2002
6806
2010
5826
Anmerkung: Volkszählungsdaten
Wappen
Beschreibung: Vom grünen vergrößerten Schildhaupt ist durch einen Zinnenschnitt der in Gold und Rot gespaltene Wappenschild geteilt. Oben eine schwarzbedachte silberne Kirche und vorn ein schwarzes Hufeisen am Spalt. Hinten ein goldener Schlüsselpfahlgestellt am Spalt mit einer Vierpassreite und der nach oben und links zeigende Bart hat einen Paulinerkreuz-Ausschnitt.
Ortsname
Für die Ortsbezeichnung „Pytalowo“ existieren mehrere Herleitungen, die jedoch bislang allesamt keine Bestätigungen durch Archivmaterial erhalten konnten:
Ort der Qualen (der Folter)
Das russische Verb пытать (pytat) bzw. das zugehörige Substantiv пытки (Pytki) bedeutet auf Deutsch: „quälen“, „foltern“ bzw. „Qualen“, „Folter“. Die Bezeichnung Pytalowo entspricht demgemäß dem „Ort der Qualen“ oder dem „Ort der Folter“. Dies könnte auf den symbolischen „Ort der Qualen“, ein angeblich in Pytalowo vorhanden gewesenes großes eisernes Kreuz auf einem Berg in Richtung der Stadt Ostrow, zurückzuführen sein. Eine andere Variante spielt auf die Abgelegenheit und Ödnis des Ortes als „Ort der Qualen“ an.
Gut des Pytalows
Einer Legende zufolge soll Katharina die Große das Land einem Gardeoffizier namens Pytalow überlassen haben, nach dem der Ort benannt worden sein soll.
Ort bei Tolowa
Bereits im 13. Jahrhundert existierte die Region „Tolowa“ (lett. Tālava), welche bereits frühzeitig von baltischen Stämmen besiedelt wurde und später unter deutscher Ordensherrschaft und danach abwechselnd unter schwedischer, litauischer, polnischer, deutscher und russischer Herrschaft stand. Die Region war der Stadt Pskow tributpflichtig. Der bei Tolowa (lett. pie Tālavas) liegende Ort könnte somit seinen Namen aus der lautmalerischen Übernahme der lettischen Bezeichnung „pie Tālavas“ ins Russische als „Pytalowo“ erhalten haben.
Gebäude
Die orthodoxe Nikolauskirche wurde 1928 errichtet
Das Museum Pytalowo ist in der ehemaligen lutherischen Kirche untergebracht
Nikolauskirche
Zug im Bahnhof Pytalowo
Einzelnachweise
↑ abItogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
↑Lettland und Russland unterzeichnen Grenzvertrag. In: Tagesspiegel. 27. März 2007 (Online).