Prettau ([prɛˈtaʊ̯]; italienisch: Predoi) ist eine italienische Gemeinde mit 528 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) und ein Dorf im Ahrntal in Südtirol. Sie liegt im hintersten Abschnitt des Ahrntales und bildet die nördlichste Gemeinde Italiens an der Grenze zu den österreichischen Bundesländern Tirol und Salzburg. 70 % des Gemeindegebietes befinden sich im Naturpark Rieserferner-Ahrn. Die Gemeinde besteht aus dem Hauptdorf Prettau und dem Weiler Kasern.
Der Name des Dorfes Prettau leitet sich nach Egon Kühebacher von „breiter Au“ ab; die ältesten urkundlichen Nennungen sind Braittenowe (im Jahr 1250), Pratau (1278) und Praitawe (1338).[1]
Kasern ist gemäß Kühebacher auf das althochdeutsche Wort kasari (< lat. casarium) mit der Bedeutung „Alm-“ bzw. „Sennhütte“ zurückzuführen – bezogen auf das dort befindliche Rasthaus Kasern, heute Berghotel Kasern; es ist bezeugt als ze Chesern (1315/25) und Käsrer (1577).[2]
Weiters gehören zu Prettau noch der Ortsteil Weiher (auf der Wyer, 1534)[3], sowie die Almsiedlungen Prastmann (mit der Wallfahrtskirche Hl. Geist) und Trinkstein.
Das Demonym für Prettaus Einwohner lautet Prettnauer (nicht Prettauer).
Geschichte
Flurnamen und archäologische Funde deuten darauf hin, dass das Gemeindegebiet erst durch die Bajuwaren im Frühmittelalter dauerbesiedelt und urbar gemacht wurde. Auf den Berghängen finden sich saisonale Rastplätze von prähistorischen Jägern und Sammlern.[4]
Das Gebiet war historisch gesehen ein wichtiges Bergbaugebiet. Erste Berichte über Kupfererzabbau am Ignazstollen gibt es aus dem 15. Jahrhundert, obwohl er wohl deutlich früher begann.[5] 1893 schloss das Bergwerk, ehe es Mitte des 20. Jahrhunderts noch einmal probeweise in Betrieb genommen wurde.
Prettau, die nördlichste Gemeinde Italiens, liegt im äußersten Nordosten Südtirols im hintersten Abschnitt des Ahrntals. Dieser ist durch eine Klamm(e) genannte Engstelle vom übrigen Ahrntal abgetrennt und wird deshalb gelegentlich als eigenständige Talung aufgefasst. Auch die administrative Grenze zur Gemeinde Ahrntal verläuft dort. Im Norden, Osten und Südosten ist Prettau von der italienisch-österreichischen Staatsgrenze, hinter der sich Nordtirol, Salzburg und Osttirol befinden, eingerahmt. Von diesen Gebieten getrennt ist das Gemeindegebiet allerdings durch hohe Gebirgskämme der Zillertaler Alpen und der Venedigergruppe. Für den Straßenverkehr erschlossen ist die Gemeinde lediglich durch die SS 621, die im Pustertal im Raum Bruneck ihren Anfang nimmt und Prettau von Südwesten her erreicht.
Die Siedlungsflächen des 86,49 km² großen Gemeindegebiets konzentrieren sich im Talboden, insbesondere im Hauptort Prettau (1450–1490 m s.l.m.) sowie im Weiler Kasern (1570–1610 m) im Talschluss, nahe den Quellen der Ahr.
Die Nordgrenze Prettaus bildet der von Westen herüberstreichende, zum Alpenhauptkamm zählende Zillertaler Hauptkamm bis zur Birnlücke (2665 m), dem Übergang zur Venedigergruppe. Bedeutende Gipfel im Prettauer Anteil des Zillertaler Hauptkamms sind etwa der Rauhkofel (3251 m) und der Dreiecker (2829 m). Östlich der Krimmler Tauern (2634 m) buchtet der Kammverlauf etwas nach Norden aus: Hier befinden sich mit dem Klockerkarkopf (2911 m), dem Westlichen (2835 m) und dem Östlichen Zwillingsköpfl (2841 m) die nördlichsten Punkte Italiens.
Bekannt ist Prettau darüber hinaus für das Klöppeln und die Maskenschnitzerei. Nachdem das Bergwerk 1893 geschlossen worden war, kehrte Armut in das Dorf ein und die Bevölkerung musste sich um eine neue Erwerbsmöglichkeit umsehen. Der damalige Pfarrer Franz Kleinlechner schickte drei junge Prettauer Mädchen nach Wien, um das Klöppelhandwerk zu erlernen. Nachdem diese zurückgekehrt waren, richtete Rosa Kofler-Mittermair eine Klöppelschule ein, welche heute noch besteht.
Mit der Zeit kam durch den aufkeimenden Tourismus wieder ein gewisser Wohlstand zurück ins Dorf. Heute ist Prettau mit seiner Fraktion Kasern dank seiner begünstigten Lage am Talschluss ein beliebter Ausgangspunkt für Skitouren und mit seiner „Sonnenloipe“ ein geschätztes Langlaufgebiet.
Bildung
In Prettau befindet sich eine Grundschule, die dem deutschsprachigen Schulsprengel der Nachbargemeinde Ahrntal angeschlossen ist.[8]
Die Pfarrkirche von Prettau ist dem Hl. Valentin von Terni geweiht. Der spätgotische Kirchenbau mit dreiseitigem Chorabschluss, spitzbogigen Maßwerkfenstern und Schlingrippengewölbe wurde 1489 errichtet und später nach Westen verlängert.
Möglicherweise schon in der Bronzezeit, sicher aber seit dem späten Mittelalter wurde in Prettau Kupferabbau betrieben. Teile des 1960 aufgegebenen Bergwerks dienen heute als Schaubergwerk des Südtiroler Bergbaumuseums. Außerdem wurde ein Heilklimastollen für Atemtherapien (Speläotherapie) gegen Asthma und andere Atemwegserkrankungen eingerichtet. Sein spezielles Mikroklima kann Personen mit Atemwegsproblemen Linderung verschaffen.
Franz Tramberger: Von der Geschichte des Bergwerkes in Prettau. In: Der Schlern, 1921, S. 61–63 (online).
Karl Gruber: 500 Jahre Kirche Prettau. Hrsg. vom Pfarramt Prettau. Bruneck: dipdruck 1989.
Rudolf Tasser, Norbert Scantamburlo: Das Kupferbergwerk von Prettau. Bozen, Verlagsanstalt Athesia 1991, ISBN 88-7014-574-3.
Stefan Steinhauser, Eduard Tasser: Prettau: Bilder, Fakten, Geschichten – 50 Jahre Gemeinde Prettau. Prettau: Gemeinde Prettau 2008.
Stefan Steinhauser: 90 Jahre Freiwillige Feuerwehr Prettau: Festschrift zur feierlichen Übergabe des neuen Feuerwehrhauses. Prettau: Gemeinde Prettau 2011.
Die ersten 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Prettau. Prettau 2021.
Weblinks
Commons: Prettau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Egon Kühebacher: Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte, Bd. 1, Bozen: Athesia 1995, S. 334f. ISBN 88-7014-634-0
↑Egon Kühebacher: Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte, Bd. 1, Bozen: Athesia 1995, S. 186. ISBN 88-7014-634-0
↑Egon Kühebacher: Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte, Bd. 1, Bozen: Athesia 1995, S. 530. ISBN 88-7014-634-0
↑GeoBrowser. Provinz Bozen, abgerufen am 25. Dezember 2021.
↑Franz Tramberger: Von der Geschichte des Bergwerkes in Prettau. In: Der Schlern, 1921, S. 61.
↑Carlo Moos: Südtirol im St. Germain-Kontext. In: Georg Grote, Hannes Obermair (Hrsg.): A Land on the Treshold. South Tyrolean Transformations, 1915–2015. Peter Lang, Oxford-Bern-New York 2017, ISBN 978-3-0343-2240-9, S.27–39.
↑Johannes Helmrath, Thomas Woelki (Hrsg.): Acta Cusana. Quellen zur Lebensgeschichte des Nikolaus von Kues. Band II, Lieferung 4. Felix Meiner Verlag, Hamburg 2018. ISBN 978-3-7873-3344-8, S. 974–975, Nr. 4402.