Die Gattung Polylepis gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Das Verbreitungsgebiet der ungefähr 26 Arten erstreckt sich über die südamerikanischen Anden vom nördlichen Venezuela bis ins nordwestliche Argentinien.
Die kleinen Bäume und Sträucher erreichen Wuchshöhen zwischen 1 und 32 Metern und Kronendurchmesser zwischen 3 und 10 Metern. Die Arten der Gattung besitzen eine rötliche, abblätternde Rinde sowie einen gewundenen Stamm. Die kleinen, ledrigen, meist gefiederten Laubblätter sind harzbedeckt.
Die Polylepis-Wälder stellen weit über die Anden verteilte, voneinander isolierte Refugialräume dar. Über die historische Entwicklung des Polylepis-Verbreitungsgebiets und deren Ursachen gibt es seit den 1950er Jahren eine akademische Debatte. Während die einen behaupten, die derzeitige Verbreitung in Rückzugsgebieten beruhe auf einer natürlichen Entwicklung, meinen die anderen, dass die Ursachen in der Tätigkeit des Menschen – Abholzung für Nutzholz, Brandrodung und Überweidung – in einem vormals weitgehend zusammenhängenden Waldgebiet zu suchen seien.
Die meisten Polylepis-Arten sind an das kalte Klima der Hochanden angepasst: Die abblätternde Rinde sorgt durch eingeschlossene Luft für Isolation. Die Polylepis-Wälder (queñuales), meist auf geschütztere Landschaftsabschnitte beschränkt, bilden ein wichtiges Refugium für eine Reihe krautiger Pflanzen sowie Tiere, wobei Polylepis die dominanten, bisweilen die einzigen Holzgewächsarten stellt. Lediglich einige Polylepis-Arten in feuchten Bergwäldern (Polylepis multijuga, Polylepis quadrijuga u. a.) sowie im Grenzbereich Boliviens mit Argentinien (Polylepis crista-galli und Polylepis hieronymi) treten gemeinsam mit Bäumen anderer Pflanzengattungen auf. Andererseits kommen Polylepis-Arten (z. B. Polylepis pepei, Polylepis tarapacana, Polylepis besseri) in Höhenbereichen vor, wo sonst keine weiteren Bäume mehr wachsen können. Polylepis tarapacana und Polylepis subsericans bilden noch bis in Höhenlagen zwischen 4000 und 4850 Metern kleine Wälder. Es wird oft behauptet, dass an den Hängen des Sajama im Sajama-Nationalpark in BolivienPolylepis tarapacana eine Höhenlage von 5200 Meter erreicht, ein Bestand, der als einer der höchstgelegenen Wälder der Welt gilt. Tatsächlich liegen die höchsten Fundorte jedoch bei 4850 Metern. In der Kordillere des Vilcanota in Peru liegen die Obergrenzen für Polylepis bei 3600 bis 4850 Metern.
Die Polylepis-Wälder stellen einen wichtigen Erosionsschutz dar.
Gefährdung und Schutz
Die Polylepis-Wälder besitzen eine einzigartige Flora und Fauna mit Habitatspezialisten und hochgradigem Endemismus. Diese Wälder gelten als eines der am stärksten gefährdeten Ökosysteme der Hochanden, zumal sie in weiten Gebieten die einzige Bau- und Brennholzquelle darstellen. In jüngerer Zeit sind regionale Programme zum Schutz der Wälder angelaufen, wobei die lokale Bevölkerung mehr oder weniger einbezogen worden ist.
Die Polylepis-Bäume werden von den indigenen Gemeinschaften (meist Quechua oder Aymara) für die Herstellung von Brennholz oder Bauholz genutzt; letzteres dient der Herstellung von Zäunen und Werkzeugen. Einige Polylepis-Arten dienen der Heilung von Nieren- und Atemwegserkrankungen sowie als Färbemittel. Die Polylepis-Wälder werden als Weidefläche für Lamas, Alpakas, Schafe und Rinder genutzt. Darüber hinaus dienen viele der dort lebenden Pflanzen als Heilpflanzen.
Trivialnamen
Auf Quechua werden die Polylepis-Arten qiwuña genannt (Aussprache- und Schreibvarianten: qiwiña, qiwña, qiñwa, qiwna, in 5-Vokalschreibweise jeweils mit e: qeñwa usw.)[3][4][5][6], im Kichwa Ecuadors kiñwa[7][8] oder sachakiñwa[9] und auf Aymaraqiñwa.[10] Die daraus abgeleiteten spanischen Bezeichnungen lauten queuña, queñua, queñual und queñuar.[1][9] In Kolumbien, Venezuela und Ecuador werden die Pflanzen auf Spanisch yagual genannt.[9]
Einzelnachweise
↑ abcSystema vegetabilium florae peruvianae et chilensis, anno 1798, auctoribus Hippolyto Ruiz et Josepho Pavon. Tomus primus. S. 139, Polylepis.
Friedrich August Georg Bitter: Revision der Gattung Polylepis. In: Botanische Jahrbücher für Systematik, Pflanzengeschichte und Pflanzengeographie, Band 45, 1911, S. 564–656.
A. Chepstow-Lusty, M. Winfield: Inca agroforestry: lessons from the past. In: Ambio, Band 9, Nr. 6, 2000, S. 322–328.
J. Fjeldså, M. Kessler: Conserving the biological diversity of Polylepis woodlands of the highlands on Peru and Bolivia, a contribution to sustainable natural resource management in the Andes. NORDECO, Copenhagen 1996.
Beryl Brintnall Simpson: A revision of the genus Polylepis (Rosaceae: Sanguisorbeae). In: Smithsonian Contributions to Botany, Band 43, 1979.
Beryl Brintnall Simpson: Speciation and specialization of Polylepis in the Andes. In: F. Vullemier, M. Monasterios (Hrsg.): High altitude tropical biogeography. American Museum of Natural History, Oxford University Press, Oxford 1986.
Polylepis im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.