Pierre de Carcavi (* um 1600 oder um 1605; †1684 in Paris) war ein französischer Mathematiker und Königlicher Bibliothekar in Paris, Briefpartner von Pierre de Fermat und anderen führenden Wissenschaftlern seiner Zeit.
Carcavi muss aufgrund seines Karrierewegs Zivilrecht studiert haben (über eine Universitätsausbildung ist nichts Genaues bekannt) und war 1632 bis 1636 Richter an einer der Kammern für Zivilprozesse (chambres des enquêtes) des Parlement de Toulouse, wo er seine schon länger bestehende Freundschaft mit Fermat pflegte. 1634 besuchte er Italien.[4] 1636 wurde er Rat im Grand Conseil von Paris (er kaufte die Stelle mit Hilfe seines Vaters), musste die Stelle aber 1648 verkaufen um die Schulden seines bankrotten Vaters zu bezahlen. Danach war er eine Zeitlang Buchhändler. Er konnte eine Stelle im Umkreis des Herzogs von Liancourt Roger du Plessis, Duc de Liancourt erhalten, für den er bis 1663 arbeitete. Dabei war er auch 1648 auf einer Italienreise (bei der er insgeheim für Frankreich spionierte) in den missglückten Versuch des Herzogs von Guise Henri II. de Lorraine, duc de Guise involviert, den Spaniern die Macht in Neapel zu entreißen.[5]
Carcavi hatte eine zentrale Stellung unter den Wissenschaftlern in Paris, insbesondere als Vermittler und Ansprechpartner von Wissenschaftlern außerhalb von Paris. Nicht unwesentlich war dabei sein umgänglicher Charakter und seine Fähigkeit Freundschaften zu schließen. Bis zu dessen Tod 1648 gehörte er zum Kreis um Marin Mersenne, in der Fortsetzung von dessen Akademie durch Jacques Le Pailleur, und war später Mitglied der Akademie von Henri Louis Habert de Montmor (die sich ab 1654 traf).
1645 war er in einen der Dispute um die Versuche, die Quadratur des Kreises zu beweisen verwickelt. Der dänische Astronom Longomontanus meinte Verfahren gefunden zu haben, was John Pell bestritt. Carcavi schickte einen Brief mit der Widerlegung an Pell und vertrat darin die Ansicht, dass die Quadratur des Kreises unmöglich ist.
1668 ernannte ihn Colbert zu einem der Mitglieder einer Kommission (der auch Huygens, Roberval, Adrien Auzout, Jean Picard, Jean Gallois angehörten), die einen Vorschlag zur Längengradbestimmung beurteilen sollte, die ein deutscher Adliger (R. de Neystt) einsandte. Am 6. Juni 1668 wies die Kommission das Verfahren zurück.
Sein letztes Lebensjahr war durch eine Anklage von Colbert´s Nachfolger François Michel Le Tellier de Louvois verdunkelt, der ihn beschuldigte insbesondere Medaillen aus der Sammlung des Königs veruntreut zu haben (er war auch für die Medaillensammlung zuständig). Es gab aber keine Beweise und Carcavi wurde 1683 offiziell wegen seines hohen Alters als Bibliothekar entlassen und starb bald darauf. Sein Nachfolger als Bibliothekar und Mitglied der Akademie wurde Gallois.
Charles Henry: Pierre de Carcavy, intermediaire de Fermat, de Pascal, et de Huygens. Bollettino di Bibliografia e storia delle scienze mathematiche e fisiche, Band 17, 1884, S. 317–391.
Pierre Costabel: Pierre de Carcavy et ses relations italiennes. in M. Bucciantini, M. Torrini (Herausgeber) Geometria e atomismo nella scuola galileiana, Florenz 1992, S. 35–48.
↑Als Carcavi im weiteren Verlauf des Briefwechsels Robervals Haltung verteidigte brach Descartes Ende 1649 mit Carcavi
↑So 1637 seine Isagoge ad locos planos et solidos von 1636, in der er vor dem Erscheinen von Descartes Buch die analytische Geometrie entwickelte
↑Unter anderem Novus secundarum et ulterioris radicum in analyticis usus, das er ihm 1650 sandte
↑Huygens versprach 1659 sich bei Elsevier in Amsterdam für eine Veröffentlichung einzusetzen, war aber anscheinend über weitere Arbeiten von Fermat, die ihm Carcavi sandte, verärgert, da sie Resultate enthielten, die Huygens schon bewiesen hatte