In der Folge übte Messmer zahlreiche Funktionen in der Verwaltung der französischen Überseegebiete aus. 1946 wurde er Generalsekretär des interministeriellen Ausschusses für Indochina (Comité interministériel pour l’Indochine), von 1947 bis 1948 war er Kabinettchef des französischen Hochkommissars in Indochina. 1950 wechselte er nach Französisch-Westafrika und wurde zunächst Kreisverwalter der Region Adrar in Mauretanien, 1952 dann Gouverneur von Mauretanien. Von 1954 bis 1956 war er Gouverneur der Elfenbeinküste. 1956 kehrte er für kurze Zeit als Kabinettsdirektor des Überseeministers (Gaston Defferre, ministre de la France d’outre-mer) nach Paris zurück, bevor er noch im selben Jahr Hochkommissar im Kamerun wurde. 1958 übte er kurzzeitig die Funktion des Hochkommissars in Französisch-Äquatorialafrika aus. Von 1958 bis 1959 war Messmer Hochkommissar in Französisch-Westafrika.
Minister für Nationale Verteidigung
Nach der Gründung der Fünften Republik durch Charles de Gaulle wurde Messmer im Februar 1960 Armeeminister. In seine Amtszeit bis April 1969 fielen der „Aufstand der Generäle“ im April 1961, die Beendigung des Algerienkrieges 1962, die Reduzierung und Umstrukturierung der französischen Streitkräfte am Ende der Kolonialära sowie der Austritt Frankreichs aus der militärischen Integration der NATO 1966. Er verschaffte Frankreich die vom Staatspräsidenten de Gaulle gewünschte Atomstreitkraft.[4]
In diesem Zusammenhang verantwortete Messmer auch die Auswirkungen der französischen Kernwaffentests („Essai nucléaire“) – teils oberirdisch – seit Beginn der 1960er Jahre:
1960–1961 führte Frankreich in besiedeltem Gebiet, nämlich in der algerischen Sahara nahe Reggane, vier oberirdische Atomwaffentests durch. Bis zu 30.000 Menschen erlitten dadurch in der Folgezeit Schäden.[5][6][7]
Bei In Ekker führte die französische Armee 13 unterirdische Kernwaffentests durch. Beim zweiten Test (1. Mai 1962) waren Messmer sowie Wissenschaftsminister Gaston Palewski anwesend. Die Explosion blies Radioaktivität in die Atmosphäre; etwa hundert Personen (darunter die beiden Minister) wurden mit einer Strahlendosis von jeweils über 50 mSv verstrahlt.
Vom 2. Juli 1966 bis zum 14. September 1974 führte Frankreich weitere 41 oberirdische Tests durch.
1971 war Messmer kurze Zeit Überseeminister (ministre de la France d’outre-mer).
Amtszeiten als Premierminister
Am 6. Juli 1972 wurde Messmer von Staatspräsident Georges Pompidou als Nachfolger von Jacques Chaban-Delmas zum Premierminister ernannt. Messmer leitete in der Folge drei kurzlebige Regierungen (6. Juli 1972 bis 2. April 1973, 5./6. April 1973 bis 1. März 1974, 1. März 1974 bis 28. Mai 1974).
Tätigkeiten als gewählter Volksvertreter
Neben seinen Funktionen in hohen Regierungsämtern war Messmer von 1968 bis 1988 auch Abgeordneter der Nationalversammlung für das Département Moselle. Von 1986 bis 1988 war er Fraktionsvorsitzender des gaullistischenRPR in der Nationalversammlung.
Im Jahr 1988 wurde Messmer nach seinem Rückzug aus der Politik in die Académie des sciences morales et politiques (eine der fünf Akademien des Institut de France) gewählt, deren „Ewiger Sekretär“ (secrétaire perpétuel) er von 1995 bis 1998 war. 1995 wurde er Präsident des Institut Charles de Gaulle. Am 25. März 1999 wurde er in die Académie française gewählt, auf den Platz von Maurice Schumann („13. fauteuil“). 1999 bis 2006 war er Kanzler des Institut de France. Seit Oktober 2001 war Messmer auch Präsident der Fondation de la France Libre. Seit 2006 war er Kanzler des Ordre de la Libération. Pierre Messmer starb am 29. August 2007 im Militärkrankenhaus Val-de-Grâce in Paris.[8]
Werke
Le Régime administratif des emprunts coloniaux (Doktoratsarbeit, 1939)
2016: anlässlich seines 100. Geburtstages wurde eine Plakette an dem Sitzplatz in der Assemblée nationale enthüllt, wo er von 1968 bis 1978 als UDR-Abgeordneter und von 1978 bis 1988 als RPR-Abgeordneter saß.[9]