Zum Konzern gehören auch die MotorradmarkenAprilia, Derbi, Gilera, Laverda und Moto Guzzi.
Piaggio war in seiner Geschichte in unterschiedlichen Branchen tätig. Vom Holzlager über Schiffbau, Eisenbahnbau, Flugzeug- und Automobilbau ging es zu den Motorrollern. Im Januar 2022 waren in Deutschland 438.941 Piaggio-Krafträder zugelassen, was einem Anteil von 9,3 Prozent entspricht.[3]
Die Firma Piaggio wurde 1884 von Rinaldo Piaggio gegründet. Den Grundstein dazu legte sein Vater, Cavalier Enrico Piaggio, indem er 1882 ein Grundstück in Sestri Ponente, Genua, ursprünglich für ein Holzlager, kaufte. Zunächst konzentrierte sich das Familienunternehmen Piaggio auf den Schiffsbau. Später verlegte man sich auf den Bau von Eisenbahnwagen. Mit Aufkommen der Luftfahrt wandte sich Rinaldo Piaggio fortan dem Flugzeugbau zu. Er fand die geeigneten Ingenieure und begann 1916 mit dem Flugzeugbau; hierzu baute er ein neues Werk in Pontedera.
Kriegsbedingt war Piaggio Ende der 1930er Jahre sehr erfolgreich, da die italienische Armee zum Kundenstamm des Unternehmens gehörte. Während des Zweiten Weltkrieges jedoch wurde das Stammwerk in Pontedera völlig zerstört. Nach 1945 beschlossen die Siegermächte, dass Piaggio keine Rüstungsgüter mehr herstellen dürfe. Rinaldos Sohn, Enrico Piaggio, hatte inzwischen die Leitung des Unternehmens übernommen. Er beobachtete, dass in Italien ein verstärktes Bedürfnis an preiswerten Transportmitteln bestünde, da die Mobilität bedingt durch die Zerstörungen und den Wiederaufbau Italiens ins Stocken gekommen war. Um diesem Umstand zu begegnen, entwickelte Piaggio einen Motorroller, den er 1946 unter dem Namen Vespa (italienisch „Wespe“) vorstellte.
In den folgenden Jahren erweiterte Enrico Piaggio kontinuierlich die Modellpalette. 1948 stellte die Firma einen dreirädrigen Kleintransporter vor, die Ape [ital. „Biene“]. 1957 stellte sie auf dem Pariser Autosalon den Kleinwagen Vespa 400 vor. Später kamen noch vierrädrige Kleintransporter dazu. 1967 folgte das Modell Ciao, eine neue Generation Mofa, die vor allem bei Jugendlichen Anklang fand.
1987 übernahm das Unternehmen den österreichischen Mofahersteller Puch. In den 1990er-Jahren lancierte Piaggio verschiedene Motorroller, die nicht unter dem Label Vespa laufen: Piaggio Hexagon, Piaggio Sfera, Piaggio Skipper, Piaggio Zip. 1999 übernahm die Deutsche Bank über ihre Tochter Morgan Grenfell Private Equity für 1,35 Billionen Lire 80 % der Anteile von Piaggio. 2003 änderte sich die Gesellschafterstruktur erneut: der italienische Milliardär Roberto Colaninno übernahm mittels seiner Beteiligungsgesellschaft Immsi 31,25 %, ein Konsortium von 27 Gläubigerbanken 37,5 % und 31,25 % verblieben bei der Morgan Grenfell. Heute hält Immsi S.p.a über 50 % des Stammkapitals an Piaggio.
Nachdem Piaggio 2001 den spanischen Zweiradhersteller Derbi übernommen hatte, folgten 2004 die bekannten italienischen Motorradfirmen Aprilia (damit auch die Marke Laverda) und Moto Guzzi. Inzwischen ist Piaggio der Marktführer im Rollerbau in Europa. Seit 2006 ist Piaggio an der Börse notiert. Zum Juni 2014 wechselte die Piaggio Deutschland GmbH ihren Standort von Kerpen nach Düsseldorf.[4]
Mit dem Roller MP3 wurde im Jahre 2006 ein völlig neues Fahrzeugkonzept mit drei Rädern vorgestellt.
Modelle
Zurzeit bietet Piaggio neben den Modellen von Aprilia, Derbi, Gilera, Laverda und Moto Guzzi, die in den entsprechenden Artikeln aufgeführt werden, Krafträder der Marken Vespa und Piaggio selbst an. Die Modelle der Marke Vespa besitzen eine selbsttragende Blechkarosserie (PX, LX, GTS), die der Marke Piaggio (beispielsweise Piaggio Zip, NRG, TPH) einen Stahlrohrrahmen und eine Kunststoffkarosserie. Die Motorenpalette reicht von 50 bis 500 cm³.
124 cm³, 151 cm³ und 198 cm³, luftgekühlter Viertakt-Motor mit 2 (SOHC) Ventilen, 2000–2010
124 cm³, 182 cm³, 189 cm³ und 244 cm³, wassergekühlter Viertakt-Motor mit 4 (SOHC) Ventilen, 2000–2010
Quasar (124 cm³, 244 cm³ und 278 cm³, wassergekühlter Viertakt-Motor mit 4 Ventilen, seit 2003)
LEM (124 und 155 cm³, luftgekühlter Viertakt-Motor mit 3 Ventilen, seit 2012)
Piaggio-Museum
Das Piaggio-Museum wurde im März 2000 in der Werkzeugabteilung der alten Fabrik, eines der ältesten Gebäude des Fabrikkomplexes von Pontedera, eingeweiht.[5] In diesen historischen Bereich verlagerte das Unternehmen Anfang der 1920er Jahre seine Produktion. Im April 2018 wurde das Piaggio-Museum erweitert. Das Museum hat nun eine Fläche von 5000 m² und mehr als 250 Ausstellungsstücke. Es ist das größte und umfassendste italienische Museum, das Zweirädern gewidmet ist.[5]
Neben dem Ausstellungsraum, der den permanenten Sammlungen gewidmet ist, verfügt das Piaggio-Museum auch über 340 m² Raum für Wechselausstellungen, die es dem Museum ermöglichen, sein kulturelles Angebot zu variieren, von Kunst über Technologie bis hin zu wissenschaftlicher Enthüllung und Mode. Im Laufe der Jahre fanden hier Ausstellungen, Veranstaltungen und Werke von verschiedensten Künstlern der modernen und zeitgenössischen Kunst statt. Im Jahr 2003 wurden das Piaggio-Museum und das Historische Archiv während der Verleihung des Preises für Wirtschaft und Kultur 2003 als bestes Museum und bestes Geschäftsarchiv in Italien ausgezeichnet.[5]
Das 2015 gegründete und in Boston angesiedelte TochterunternehmenPiaggio Fast Forward soll sich der Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte widmen.[6] Als erste Produkte wurde 2017 die zweirädrigen Transportfahrzeuge Gita und Kilo vorgestellt,[7] die ihren vorauslaufenden Haltern selbst-navigierend folgen oder für autonome Transportlieferungen eingesetzt werden können.[8] Das kleinere beider Fahrzeugmodelle ist mittlerweile für Endverbraucher käuflich zu erwerben oder zu leasen.[9]