Grottian studierte Sozialwissenschaften in Berlin und Freiburg. 1973 promovierte er im Fach Politikwissenschaft an der Universität Bielefeld. Er war von 1979 bis 2007 Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut (OSI) der Freien Universität Berlin. Die von ihm geleiteten Seminare befassten sich unter anderem mit politischer Partizipation, lokalen Entscheidungsprozessen sowie machtvollen Akteuren. Häufig stellte er die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Reflexion auch in breitenwirksamen Medien dar.[3] Gemeinsam mit dem am selben Institut lehrenden Wolf-Dieter Narr verzichtete er auf je ein Drittel der eigenen Stelle, um eine Gender-Professur am Institut zu finanzieren.[4]
Neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer, der er seit 1985 aus politischer Überzeugung in Teilzeit nachging, engagierte sich Grottian ehrenamtlich in diversen politischen Initiativen. Dazu zählten das Komitee für Grundrechte und Demokratie und die von ihm mitbegründete Initiative Berliner Bankenskandal.[5] Zudem war er offizieller Unterstützer der überwachungskritischen Datenschutzdemonstration Freiheit statt Angst.[6] Des Weiteren war er Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von Attac.[7]
Insbesondere Grottians Engagement gegen die Preiserhöhungen und die Abschaffung des Sozialtickets bei den Berliner Verkehrsbetrieben, auf die er und andere mehrmals mit spektakulären Schwarzfahraktionen aufmerksam machten, sorgte für Schlagzeilen.[8]
Die BerlinerJustiz ermittelte mehrfach gegen ihn, und konservative Lokalpolitiker forderten immer wieder seine Entlassung aus dem Staatsdienst. Dies alles hatte für Grottian aber weder disziplinarrechtliche noch strafrechtliche Folgen. Nach Berichten des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom Juni 2006 wurde Grottian ab 2003 unter anderem durch V-Personen vom Verfassungsschutz des Landes beobachtet, angeblich existierte aber keine Akte über ihn. Der Vorgang wurde auch im Verfassungsschutz-Ausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin thematisiert.[9]
Zum Ende des Sommersemesters 2007 wurde Peter Grottian emeritiert.[10] Er blieb gleichwohl als Aktivist und Kommentator, etwa zu sozialpolitischen Themen oder Stuttgart 21, aktiv.[11] Im Juni 2018 rief Grottian zu Feldbesetzungen gegen das Pestizid Glyphosat auf.[12] Ende 2019 kritisierte er die Protestaktionen von Klimaaktivisten wie Luisa Neubauer und Extinction Rebellion, die ihre Platzbesetzungen mit der Polizei abgesprochen hatten. Es gehe ihnen eher darum, in die Tagesschau zu kommen, als zivilen Ungehorsam zu leisten.[13]
Grottian starb nach Angaben aus seinem Umfeld am 29. Oktober 2020 in einem Krankenhaus in Bregenz.
Literatur
Ilse Lenz: Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-14729-1.
↑Benedict Ugarte Chacón: Der Rastlose. Zum Tod des engagierten Professors Peter Grottian. In: nd.Der Tag vom 2. November 2020, S. 5.
↑Vgl. etwa Anneli Rüling, Karsten Kassner, Peter Grottian: Geschlechterdemokratie leben. Junge Eltern zwischen Familienpolitik und Alltagserfahrungen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 19/2004): Familiale Lebensformen im Wandel.bpb.de, 30. April 2004, abgerufen am 4. April 2019. Manfred Ertel, Mathias Müller von Blumencron: „Die müßte man rausschmeißen“. In: Der Spiegel. Nr.45, 1992, S.105–110 (online – Spiegel-Interview mit dem Berliner Politologen Peter Grottian über faule Professoren und Mängel in der Lehre).
↑Benedict Ugarte Chacón: Berlin Bank Skandal. Eine Studie zu den Vorgängen um die Bankgesellschaft Berlin. Westfälisches Dampfboot, Münster 2012, ISBN 978-3-89691-909-0, S.288–297.