Die Ozonolyse, auch Harries-Reaktion, ist eine Reaktion aus dem Bereich der Organischen Chemie. Der Name leitet sich aus dem verwendeten Ozon (O3) und dem ausschlaggebenden Reaktionsschritt ab: der Zerstörung/Auflösung (Lyse) einer Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung. Dieses Verfahren wurde von Carl Dietrich Harries 1904 entdeckt[1] und 1905 publiziert.[2][3]
R ist ein Organylrest (z. B. Alkylrest) oder ein Wasserstoffatom. Je nach Aufarbeitung erhält man aus dem Alken als Produkte Carbonylverbindungen (insbesondere Ketone, Aldehyde), Alkohole oder Carbonsäuren. Durch die Analyse der Produkte sind Rückschlüsse über die Struktur des Ausgangsstoffes möglich. Auf diese Art wurde früher – ohne moderne Methoden wie NMR-Spektroskopie – Strukturaufklärung betrieben.
Der dreistufige Mechanismus der Ozonolyse wurde 1949 durch Rudolf Criegee aufgeklärt, dessen Namen deshalb auch manchmal mit der Ozonolyse verbunden wird.
Mechanistisch wird im ersten Schritt das polare Ozon über eine 1,3-dipolare Cycloaddition an das Alken addiert. Es bildet sich dabei das so genannte Primärozonid (auch Molozonid genannt). Dieses zerfällt durch Bruch der C-C-Bindung und einer der beiden O-O-Bindungen im Ozon (Cycloreversion) in eine Carbonylverbindung und ein Carbonyloxid, das außerordentlich instabil ist und nur intermediär auftritt. Diese bilden wieder durch 1,3-dipolare Cycloaddition das so genannte Sekundärozonid.[4] Wird die Reaktion in Methanol durchgeführt, kann das Carbonyloxid zu einem Hydroperoxid reagieren, in Dichlormethan ist eine Dimerisierung zu einem 1,2,4,5-Tetroxan möglich.[5]
Ein Alken [R = Organylrest (z. B. Alkylrest)] 1 reagiert mit Ozon unter Bildung eines Primärozonids 2. Dieses zerfällt in eine Carbonylverbindung4 und ein Carbonyloxid3. Diese bilden unter Cycloaddition ein Sekundärozonid 5.
Unter reduzierenden Bedingungen mit z. B. Dimethylsulfid entstehen zwei Ketone6.[7] Würde man einen/alle Organylreste [R] durch Wasserstoff ersetzen, so entstünden zusätzlich/ausschließlich Aldehyde. Unter Verwendung von Chrom(IV)-oxid oder H2O2 und NaOH entstehen statt den Ketonen zwei Carbonsäuren. Unter Verwendung von NaBH4 entstehen zwei Alkohole.
Unter bestimmten Bedingungen kommt es bei der Ozonierung nicht zur Bildung von Primärozoniden, sondern von Epoxiden, insbesondere dann, wenn an der Doppelbindung sperrige Substituenten vorhanden sind. Diese Epoxide können sich zu Aldehyden umlagern, die durch weitere Oxidation zu Carbonsäuren mit einem unveränderten Kohlenstoffgerüst führen. Ebenfalls ist eine Reaktion vom Typ einer Baeyer-Villiger-Reaktion möglich.[8]
Anwendung
Die Ozonlyse wird als Teilschritt in der Totalsynthese von einigen pharmazeutisch relevanten Stoffen verwendet,[9] wie z. B. Artemisinin[10], Indolizidin 251F[11], D,L-Camptothcin[12] und 24(S)-Hydroxyvitamin D2[13]. In großtechnischen Synthesen kommt die Ozonolyse bei der Herstellung von Ceftibuten und Cefaclor[14] oder Oxandrolon[15] zum Einsatz.
↑Brockhaus ABC Chemie. VEB F. A. Brockhaus, Leipzig 1965, S. 524.
↑C. Harries: Ueber die Einwirkung des Ozons auf organische Verbindungen. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. 343, Nr. 2–3, 1905, S. 311–344, doi:10.1002/jlac.19053430209.
↑Mordecai B. Rubin: The History of Ozone Part III. C. D. Harries and the Introduction of Ozone into Organic Chemistry. In: Helvetica chimica acta. 86, Nr. 4, 2003, S. 930–940 (classes.yale.edu (Memento vom 6. Oktober 2014 im Internet Archive) PDF).
↑K. Peter C. Vollhardt, Neil E. Schore, Übersetzung herausgegeben von Holger Butenschön: Organische Chemie. Weinheim 2020, ISBN 978-3-527-34582-3, S. 631
↑Rudolf Criegee: Die Ozonolyse. In: Chemie in unserer Zeit. Band7, Nr.3, 1973, S.75–81, doi:10.1002/ciuz.19730070303.
↑Scott G. Van Ornum, Robin M. Champeau, Richard Pariza: Ozonolysis Applications in Drug Synthesis. In: Chemical Reviews. Band106, Nr.7, 2006, S.2990–3001, doi:10.1021/cr040682z.
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