Der Sohn des Freiherrn Wolfhard V. von Brandis, Herr der Herrschaften Maienfeld, Grafschaft Vaduz, Schellenberg und Blumenegg und seiner Ehefrau Verena (Frena), einer Tochter des Grafen Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, studierte Theologie an der Universität Pavia. Während sich die Brüder Wolfhard VI., Sigmund und Ulrich um die weltlichen Belange des Hauses Brandis kümmerten, ergriffen Rudolf und Ortlieb die geistliche Laufbahn. Ortlieb wurde 1453, im Alter von 23 Jahren, zum Dekan des Domkapitels von Chur gewählt, sein Bruder Rudolf war dort von 1459 bis 1467 Domdekan. Das Theologiestudium brachte er mit päpstlicher Dispens zum Abschluss.
Die Stadt versuchte schon seit langer Zeit, mehr Rechte und Unabhängigkeit vom Bischof zu erhalten. Nach dem großen Stadtbrand von 1464, der die überwiegend aus Holz gebauten Häuser der Stadt vernichtete – nur der Bischofspalast und einige Steinhäuser blieben erhalten – wandten sich die Räte der Stadt an den Kaiser. Unter dem Vorwand, alle Freiheitsbriefe und Urkunden der Stadt seien vernichtet worden, erhielten sie nicht nur die alten Rechte bestätigt, sondern auch neue Privilegien, die den Einfluss des Bischofs schmälerten. Die Bewohner des Engadin erstritten sich in mehreren Aufständen Holzrechte. Die von Bischof Leonhard Wismair errichteten Bergwerke und Eisenhütten konnten weiter betrieben werden, nur das Holz mussten sie teilen.[1]
In der Ausübung seines kirchlichen Amtes wurde Bischof Brandis 1459–1467 von WeihbischofJohannes Nell, OFM und 1471–1473 von Weihbischof Burchard Tuberflug, OP, der anschließend Weihbischof in Konstanz war, unterstützt. Für einen einheitlichen Ritus im Bistum ließ er 1490 das Breviarium Curensis und für die Gestaltung der Messfeier (Kirchen- und Heiligenfeste) das Directorium Chori drucken und verbreiten.
Fürstbischof Ortlieb von Brandis starb nach mehr als dreissigjähriger Amtszeit am 25. Juli 1491 nach langer Krankheit. Er wurde in der Mariä Himmelfahrts-Kathedrale von Chur in einem von ihm 1485 in Auftrag gegebenen Marmorsarkophag beigesetzt.[3][4]
Bischofswappen
Der Wappenschild viergeteilt zeigt in Feld 1 und 4 auf weiß/silbernem Grund einen schwarzen Alpensteinbock, rechts/links gestellt, das Wappen des Fürstbistums Chur (Gotteshausbund); in Feld 2 und 3 ein Fackel schräg rechts/links gestellt, das Wappen des Schweizer Adelsgeschlechts von Brandis. Kreuz, Mitra, Bischofsstab und Schwert, Insignien geistlicher und weltlicher Macht.
Literatur
Johann Georg Mayer: Ortlieb von Brandis, Bischof von Chur. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. Band 4, 1904, S. 113–144.