Anmerkung zur Marathondistanz:
Eine Einigung über die Streckenlänge gab es erst 1921, als das IOC die Distanz des Marathons der Olympischen Spiele 1908 in London als verbindliche Länge von 42,195 km festlegte.[3]
Der Marathonlauf war offiziell 40 Kilometer bzw. 24,85 Meilen lang, vermutlich war er aber fast 2 Kilometer länger. 32 Läufer nahmen um 15:08 Uhr die Strecke in Angriff, die durch die nördlich des Stadions gelegenen Vororte von St. Louis führte. Die Rennbedingungen waren hart: Die äußerst hügelige Strecke (sieben Steigungen mit 30 bis 100 Meter Höhendifferenz) führte über unbefestigte Straßen mit einer mehreren Zentimeter dicken Staubschicht. Begleitautos und -pferde wirbelten zusätzlich Staub auf, wodurch zahlreiche Läufer an starken Hustenkrämpfen litten. Obschon die Temperaturen durchwegs über 32 °C (90 °F) lagen, stand nur eine einzige Wasserstelle zur Verfügung. Im Verlaufe des Rennens gab es zahlreiche Wechsel an der Spitze, die einzelnen Läufer lagen zum Teil sehr weit auseinander. Nach etwa der Hälfte übernahm Thomas Hicks die Führung und erreichte schließlich nach fast dreieinhalb Stunden das Ziel. Nur 14 Läufer bewältigten die gesamte Strecke.
Hicks’ Siegeslauf gibt einen Einblick in das mangelnde sportmedizinische Wissen zu jener Zeit. Auf Anraten seiner Begleiter durfte er kein Wasser trinken, sondern lediglich seinen Mund mit destilliertem Wasser ausspülen. Etwa bei Kilometer 28 erhielt er ein Milligramm Strychnin mit einem Eiweiß. Bei Kilometer 32 gab es ein zweites Eiweiß mit Strychnin sowie einen Schluck Brandy. Außerdem wurde ihm der ganze Körper mit warmem Wasser abgerieben. Auf der letzten Meile aß Hicks zwei weitere Eier und nahm etwas Brandy zu sich, seine Begleiter wiederholten das Abreiben mit Wasser.
Frederick Lorz hatte nach 15 Kilometern aufgegeben. Er stieg in ein Begleitfahrzeug, das mit einer Panne liegenblieb. Er begab sich zu Fuß zum Ziel und ließ sich dort als Sieger feiern. Obwohl er beteuerte, dass er sich lediglich einen Scherz erlaubt hatte, wurde er lebenslang für die Olympischen Spiele gesperrt. Der amerikanische Verband war nachsichtiger und ließ die Sperre im darauffolgenden Jahr auslaufen, woraufhin Lorz auf ehrliche Weise den Boston-Marathon gewann.
Angeblich soll der barfuß laufende Südafrikaner Len Taunyane mehr als eine Meile lang von einem Hund verfolgt worden sein, wodurch er etwa sechs bis sieben Minuten verlor. Der viertplatzierte Kubaner Félix Carvajal – in manchen Quellen auch als Andarín Carvajal bezeichnet[4] – lief das Rennen mit schweren Straßenschuhen. Da er keine Turnhose besaß, schnitt er vor dem Start die Beine seiner normalen Hose ab, um sich der Hitze anzupassen. Zur Erfrischung nahm er unterwegs frisches Obst zu sich, woraufhin er von Magenkrämpfen ausgebremst wurde.
Hier gibt es eine komplette Übereinstimmung der verwendeten Quellen bis auf die Läufer, die das Rennen aufgaben. Diese sind in der Tabelle oben aufgelistet mit entsprechenden Anmerkungen zur jeweiligen Quelle.
Thomas Hicks mit Begleitern während des Rennens
Olympiasieger Thomas Hicks nach dem Wettkampf
Der Olympiazweite Albert Corey
Bronzemedaillengewinner Arthur Newton
Félix Carvajal belegte Rang vier
Der Olympiaachte Sidney Hatch
Die Südafrikaner Len Taunyane (links), Neunter, und Jan Mashiani, Zwölfter
Frederick Lorz – disqualifiziert, weil er einen großen Teil der Strecke per Auto zurückgelegt hatte
↑ abcAlbert Corey war eigentlich Franzose. Da er aber für die Chicago Athletic Association an den Start ging, führt ihn das IOC in den Statistiken als US-Amerikaner.
↑Kluge gibt diese Leistung als bestehende Weltbestleistung an, obwohl die Laufstrecke offenbar nicht der des Marathonlaufes entsprach.