Johannes Calvin hat an dieser Kirche am 8. September 1538 zum ersten Mal gepredigt und daraufhin Gottesdienste für die kleine französischsprachige Gemeinde (aus Frankreich geflohene Hugenotten) abgehalten.[2]Albert Schweitzer diente in ihr eine Zeit lang als Vikar. Hier hat er von 1898 bis 1913 und dann noch einmal von 1918 bis 1921 seine bedeutsamen „Straßburger Predigten“ gehalten. Ab 1. Dezember 1899 war er hier Lehrvikar, ab 14. November 1900 ordinierter Vikar. Die Predigten sind erhalten durch die Hand der befreundeten Annie Fischer, der Witwe des Straßburger Professors der Chirurgie und Schwester von Hugo Stinnes.[3] Am 11. April 1908 nahm er als Vikar die Trauung von Theodor Heuss, dem späteren Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, mit Elly Heuss-Knapp vor.
Die Kirche wurde 1387 bis 1454 an der Stelle eines Vorgängerbaus von 1182 errichtet, der ursprünglich Maria Magdalena gewidmet war. Der Turm mit seinem spitz zulaufenden Helm wurde 1585 aufgesetzt. Im 17. Jahrhundert wurde der Innenraum umgestaltet. 1905 baute Émile Salomon, der Architekt des Temple Neuf, die Ostfassade sowie die Sakristei an.
Ausstattung
Im bescheidenen Innenraum sind Überreste von Fresken aus dem 15. Jahrhundert zu sehen. Innenwände und Deckengewölbe sind gegenwärtig in einem schlechten Zustand und bedürften einer dringlichen Restaurierung.
Orgel
Die Orgel der Brüder Gottfried und Andreas Silbermann aus dem Jahre 1707 wurde 1967 demontiert und in den darauffolgenden Jahren unwiderruflich zerstückelt. Das Instrument, das sich noch Anfang des 20. Jahrhunderts trotz mehrfacher Erneuerungen und Umwandlungen eines hervorragenden Rufes erfreute, hatte die zahlreichen Umbauten seit Ende des Ersten Weltkriegs nicht überstanden.[4]
Disposition der Silbermann-Orgel 1967
I Grand Orgue C–g3
Bourdon
16′
Montre
8′
Bourdon
8′
Flûte majeure
8′
Gemshorn
8′
Prestant
4′
Flûte harmonique
4′
Quinte
22⁄3′
Doublette
2′
Cornet V
Plein-jeu III–IV
II Positif intérieur C–g3
Bourdon
8′
Prestant
4′
Flûte
4′
Nasard
22⁄3′
Doublette
2′
Tierce
13⁄5′
Larigot
11⁄3′
Cymbale III
Cromorne
8′
III Récit expressif C–g3
Quintaton
16′
Bourdon
8′
Flûte harmonique
8′
Dulciane
8′
Voix céleste
8′
Prestant
4′
Flûte
4′
Quinte
22⁄3′
Flûte
2′
Fourniture IV
Trompette
8′
Basson/Hautbois
8′
Pédale C–f1
Contrebasse
16′
Soubasse
16′
Octavebasse
8′
Choralbass
4′
Tuba
16′
Trompette
8′
Clairon
4′
Koppeln: II/I, III/I, III 16′/I, III 4′/I, III/II, I/P, II/P, III/P
Seit 1972 dient eine kleine Kastenorgel aus dem mittleren 19. Jahrhundert als Instrument für den Gottesdienst.[5]
Literatur
Adolph Seyboth (Hrsg.): Das alte Straßburg vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1870. Geschichtliche Topographie nach den Urkunden und Chroniken. Straßburg, 1890, S. 181 f.
Roland Recht, Georges Foessel, Jean-Pierre Klein: Connaître Strasbourg. 1988, ISBN 2-7032-0185-0.
Carl Theodor Gerold: Geschichte der Kirche St-Niklaus in Straßburg. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte Straßburgs. Quellenmässig bearbeitet. Straßburg 1904.
Rudolf Schwarz: Zur Baugeschichte der Leutkirche St. Niklaus in Straßburg. In: Elsass-Lothringisches Jahrbuch. Band 6, 1927, S. 177–193.