Er entstammte einer altadeligen Familie aus Devonshire, die ihre Stammlinie bis ins Mittelalter zurückführte. Sein Vater gehörte der exklusiven Anwaltszunft der Serjeant of Law an, aus deren Reihen ausschließlich die Positionen an den höheren Gerichten besetzt wurden. Er besuchte zuerst eine private Grammar School in Highgate, wechselte aber auf Grund seiner Talente bald an die berühmte Westminster School nach London. 1688 ging er als King's scholar nach Eton. Auf Drängen seines Vaters begann er 1691 eine Ausbildung als Anwalt im Middle Temple in London. Schon in seiner Jugend widmete er sich jedoch der Dichtkunst und schrieb Verse in Latein und Griechisch. Nach seinem Studium machte der begabte junge Mann schnell Karriere im Staatsdienst, die in der Position eines Unterstaatssekretärs gipfelte (1709–1711). Jedoch trat sein Engagement für die Dichtkunst immer mehr in den Vordergrund und erreichte ihren Höhepunkt, als Nicholas Rowe im Jahre 1715 (als Nachfolger von Nahum Tate) zum Poet laureate, dem staatlich bestellten Nationaldichter ernannt wurde. Als er 1718 starb, wurde er am 19. Dezember d. J. im britischen Pantheon, der Poets’ Corner in der Westminster Abbey, neben Chaucer bestattet.[2]
Rowe war mit Alexander Pope befreundet. Seine eigenen Werke, in einer eleganten Sprache (überwiegend in elaboriertem Blankvers) verfasst, zum Teil moralisierend und nationales Pathos betonend, fanden zu seiner Zeit große Beachtung.[3] So nannte Samuel Johnson seine Vers-Nachdichtung von Lucan eine der größten Schöpfungen englischer Sprache.[4] Selbst Wieland adaptierte seine Stoffe. Sie sind heute jedoch weitgehend vergessen.
Shakespeare-Edition
Im Jahre 1709 erstellte Rowe die erste moderne Gesamtausgabe der Werke Shakespeares. Der Verleger dieser sechsbändigen Ausgabe war Jacob Tonson. Rowe benutzte für seine Edition im Wesentlichen die vierte Auflage von Shakespeares First Folio aus dem Jahre 1685, griff für die Wiederherstellung einzelner Passagen in Hamlet, Romeo and Juliet, Henry V und King Lear jedoch auch auf frühere Textausgaben zurück. Er passte Rechtschreibung und Zeichensetzung der Stücke an zeitgenössische Regeln an, vervollständigte Bühnenanweisungen, fügte durchnummerierte Akt- und Szeneneinteilungen ein und legte für jedes Stück erstmals eine Liste der handelnden Personen an. Das Vorwort der Ausgabe enthält die erste Shakespeare-Biographie.[5]
Werke
Gedichte
A Poem upon the Late Glorious Successes of Her Majesty’s Arms (1707)
Poems on Several Occasions (1714)
Maecenas. Verses occasion'd by the honours conferr'd on the Right Honourable Earl of Halifax (1714)
Ode for the New Year MDCCXVI (1716)
Schauspiele
The Ambitious Stepmother (1700), Komödie
Tamerlane (1702), an Christopher Marlowe angelehnt, mit William III. als Tamerlan und Ludwig XIV. als Bajazid
The Biter (1705)
Ulysses (1705)
The Royal Convert (1707)
The Tragedy of Jane Shore (1714), Shakespeares Richard III. nachempfunden
Lady Jane Grey (1715), ebenfalls Shakespeare nachempfunden
↑Vgl. Philipp Wolf: Rowe, Nicholas. In: Metzler Lexikon Englischsprachiger Autorinnen und Autoren. 631 Porträts – Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von Eberhard Kreutzer und Ansgar Nünning, Metzler, Stuttgart/Weimar 2002, ISBN 3-476-01746-X, 666 S. (Sonderausgabe Stuttgart/Weimar 2006, ISBN 978-3-476-02125-0), S. 491f. Siehe ebenso die biografischen Angaben in der Encyclopædia Britannica: Nicholas Rowe - English writer and editor. Online zugänglich auf [1], abgerufen am 20. Oktober 2018. Vgl. zu den Geburts- und Sterbedaten auch die Angaben im Oxford Dictionary of National Biography, online zugänglich auf Rowe, Nicholas sowie auf Poem HunterNicholas Rowe, abgerufen am 20. Oktober 2018. Vereinzelt wird in älteren Quellen das Geburtsjahr Rowes auch mit 1673 angegeben, vgl. beispielsweise W. S. Austin und J. Ralph: The Lives of the Poets-Laureate, London 1853, S. 223, online zugänglich auf Wikisource Nicholas Rowe, abgerufen am 20. Oktober 2018.
↑Vgl. die Angaben im Oxford Dictionary of National Biography, online zugänglich auf Rowe, Nicholas, abgerufen am 20. Oktober 2018. Siehe auch Philipp Wolf: Rowe, Nicholas. In: Metzler Lexikon Englischsprachiger Autorinnen und Autoren. 631 Porträts – Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von Eberhard Kreutzer und Ansgar Nünning, Metzler, Stuttgart/Weimar 2002, ISBN 3-476-01746-X, 666 S. (Sonderausgabe Stuttgart/Weimar 2006, ISBN 978-3-476-02125-0), S. 492.
↑Vgl. Philipp Wolf: Rowe, Nicholas. In: Metzler Lexikon Englischsprachiger Autorinnen und Autoren. 631 Porträts – Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von Eberhard Kreutzer und Ansgar Nünning, Metzler, Stuttgart/Weimar 2002, ISBN 3-476-01746-X, 666 S. (Sonderausgabe Stuttgart/Weimar 2006, ISBN 978-3-476-02125-0), S. 492.
↑Im Original heißt es bei Johnson: The version of Lucan is one of the greatest productions of English poetry; for there is perhaps none that so completely exhibits the genius and spirit of the original. Siehe die Wiedergabe des Zitats im Oxford Dictionary of National Biography, online zugänglich auf Rowe, Nicholas, abgerufen am 20. Oktober 2018.
↑Vgl. die Angaben in der Encyclopædia Britannica: Nicholas Rowe - English writer and editor. Online zugänglich auf [2], abgerufen am 20. Oktober 2018. Siehe auch die Darstellung im Oxford Dictionary of National Biography, online zugänglich auf Rowe, Nicholas, abgerufen am 20. Oktober 2018, sowie die Ausführungen von Michael Dobson and Stanley Wells: The Oxford Companion to Shakespeare. S. 402.