Ab dem 18. Jahrhundert wurden in Europa für die Seefahrt Nebelsignale gegeben, anfangs Kanonen- oder Gewehrschüsse.[2] Die erste Nebelglocke wurde 1766 auf der im Kattegat liegenden Schäre Nidingen vor der südschwedischen Küste bei Onsala installiert.[3] Die Glocken wurden zunächst per Hand geläutet, was bei längerem Nebel eine lästige Aufgabe war,[2] andere nutzten Mechanismen ähnlich einem Uhrwerk, die regelmäßig aufgezogen werden mussten.[3] Andrew Morse Jr. entwickelte schließlich eine „unaufhörliche Nebelglocke“, die 1839 an der Penobscot Bay, der Mündung des Penobscot River, eingesetzt wurde.[2][4] Sie bestand aus einem langen Holzbalken, der sich mit den Wellen auf und ab bewegte und dabei Gewichte anhob, die in der Abwärtsbewegung die Glocke anschlugen. Allerdings wurde der Schwimmkörper leicht vom Meer weggerissen. In der Folge wurden weitere Mechanismen entwickelt, die oft entweder an Leuchttürmen oder in eigenen Glockentürmen untergebracht waren.[2][3]
An der östlichen Mole der Genfer Reede war von 1858 bis 1911 eine Nebelglocke installiert, die durch ein Molenfeuer ersetzt wurde. Die Internationale Schifffahrts- und Hafenordnung für den Bodensee vom 22. September 1867 machte den Einsatz von Nebelglocken verpflichtend: „In jedem Hafen muß eine helltönende Glocke, die sogenannte Nebelglocke, angebracht sein, welche bei Nebel und starkem Schneegestöber spätestens eine Viertelstunde vor der cursplanmäßigen Ankunftszeit der regelmäßigen und der angekündigten Extradampfboote bis zur Einfahrt in den Hafen in kurzen Zwischenzeiten geläutet werden muß.“[5]
Vereinzelt dienten Nebelglocken auch der Orientierung an Land, so half die Glocke „Maria“ Wanderern auf den unwirtlichen Hochflächen im Aubrac, das Hospital von Aubrac in Frankreich zu finden.
Eine Glockentonne (früher auch Glockenboje[10]) ist ein schwimmendes Seezeichen mit einer Glocke, die durch den Seegang zum Klingen gebracht wird. Sie gehört zu den Schalltonnen und von der Form her zu den Bakentonnen.[11][12] In Seekarten sind Glockentonnen mit englischbell bezeichnet. Die Entwicklung dieser schwimmenden Seezeichen geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Anfangs wurden kleine Boote mit Glocken bestückt und verankert. Die erste echte Glockentonne wurde 1852 von Lieutenant Brown entwickelt, der beim zum Finanzministerium der Vereinigten Staaten gehörenden Lighthouse Establishment arbeitete. Er nahm eine Boje und konstruierte eine Halterung für die Glocke, unter der er eine Platte mit radialen Rillen anbrachte, auf der eine Kanonenkugel rollte und vom Seegang bewegt die Glocke anschlug.[13] Erstmals eingesetzt wurde eine Glockenboje 1855.[14] Heutige Glockentonnen haben zumeist mehrere an der Außenseite der Glocke angebrachte, bewegliche Schlägel.[13]
Damit waren diese Schalltonnen vor den befeuertenLeuchttonnen im Einsatz, die ab 1876 produziert wurden. Denselben Zweck wie Glockentonnen haben die 1876 erfundenen Heultonnen sowie Gongtonnen[15] (englischgong buoys), die 1921 erfunden wurden. Letztere haben drei oder vier flache, senkrecht übereinander montierte Glocken mit unterschiedlichen Tonhöhen, wodurch sie akustisch von einzelnen Glocken zu unterscheiden sind. Sie werden ausschließlich in den USA verwendet und sind mit der Beschriftung Gong in Seekarten verzeichnet.[16][17] Experimente in dieser Zeit, die Glocken elektrisch anzuschlagen oder sie gleich durch elektrische Signalanlagen zu ersetzen, waren nicht erfolgreich, weil die Elektronik dem Seegang und dem Salzwasser nicht gewachsen war.[13]
Glockentonnen werden meistens vom Seegang unregelmäßig zum Läuten gebracht und haben dann keine feste Kennung. Nur vereinzelt werden besondere Schlagwerke mit regelmäßigen Glockenschlägen eingesetzt.[11] Schalltonnen sind hauptsächlich als Ansteuerungstonnen für die Eingänge von Fahrwassern von der See her geeignet.[18]
Apparate, um Glocken unter Wasser an schwimmenden Seezeichen zu befestigen
Versuche mit Glocken unter Wasser wurden zuerst 1826 im Genfersee von Charles-François Sturm und Jean-Daniel Colladon unternommen, um die Schallgeschwindigkeit zu bestimmen. Ende des 19. Jahrhunderts begann man, Glocken an Feuerschiffen unter der Wasseroberfläche zu installieren, deren Klang von den Schiffen im Nebel mit Stethoskopen oder Mikrofonen empfangen wurde. Der Vorteil war, dass die Schallausbreitung unter Wasser wesentlich geradliniger ist als in der Luft, sodass die Ortung präziser ist.
Vorangetrieben wurde diese Entwicklung 1901 durch die Gründung der Submarine Signal Co. in Boston, die zahlreiche Feuerschiffe mit Glocken und Schiffe mit Empfängern ausrüstete. Verbessert wurde der Tonempfang durch die Entwicklung von Hydrophonen u. a. durch Elisha Gray. In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich diese Technik derart bewährt, dass fast alle größeren Schiffe mit solchen Empfängern ausgerüstet waren.[21] In Deutschland war beispielsweise ein Feuerschiff vor Helgoland mit einer Unterwasserglocke ausgerüstet.[22] Mit entsprechenden Richtungshörern ausgerüstete Schiffe konnten bei mäßigem Seegang die Signale auf 20–30 km Entfernung hören, bei schlechtem Wetter noch 10 km.[23] Die Glocken wurden durch Pressluft zum Klingen gebracht, allerdings bald durch elektrische Transducer ersetzt. Die Ideen unterirdischer Schallerzeugung und -detektion wurde von Reginald Fessenden für die Entwicklung des Sonars eingesetzt.[24][25][26][27][28][29]
Verbreitung von Nebelglocken
In der freien SeekarteOpenSeaMap wurden von Freiwilligen 175 Seezeichen mit Glocken als Nebelsignal eingetragen, dem gegenüber stehen 12 Gongs, 14 Diaphone, 99 Heuler, 103 Sirenen und 787 Nebelhörner (Stand April 2024).[30] Diese Zahlen sind allerdings unvollständig und allenfalls zum Vergleich der Bedeutung der einzelnen Schallsignale untereinander geeignet.
Der britische Schriftsteller Rudyard Kipling (1865–1936) schrieb das Gedicht The Bell Buoy, in dem die Glocke auf einer Glockentonne an einer Untiefe sich mit einer Kirchenglocke vergleicht und beschließt, nicht mit ihrem „Bruder ein Stück landeinwärts tauschen“ zu wollen. Die Kirchenglocke müsse, kontrolliert von der Autorität der Kirche, mit „finsteren Mächten“ kämpfen, statt unabhängig ihre lebenswichtige Arbeit zu verrichten und mit der dunklen See zu kämpfen.[31]
↑ abcdeThomas Tag: Fog Bells. (Memento vom 25. Januar 2022 im Internet Archive) Website der United States Lighthouse Society; abgerufen am 27. September 2021.
↑United States Bureau of Light-Houses: Compilation of Public Documents and Extracts from Reports and Papers Relating to Light-houses, Light-vessels, and Illuminating Apparatus and to Beacons, Buoys and Fog Signals. 1789–1871. U.S. Government Printing Office, 1871, S. 279ff. (books.google.de).
↑Georg Schaps, Hans Jürgen Abraham (Hrsg.): Das deutsche Seerecht. Kommentar und Materialsammlung. Band 3. De Gruyter, Berlin 1964, S. 586 (books.google.de).
↑H. J. W. Fay: History and development of submarine signaling. In: Proceedings of the American Institute of Electrical Engineers, Band 31, Nummer 7, Juli 1912, S. 1337–1354, doi:10.1109/PAIEE.1912.6660635.
↑H. J. H. Fay: Submarine Signalling – Fessenden Oscillator. In: Journal of the American Society for Naval Engineers, Februar 1917, doi:10.1111/j.1559-3584.1917.tb01183.x.
↑J. B. Millet: Submarine signalling by means of sound. In: Journal of the Society of Arts, Band 54, S. 641–649, November 1905 (proquest.com).