Die Narbe oder das Stigma ist der obere Abschnitt des Stempels des Fruchtblattes einer Blüte. Er ist meist feucht und klebrig, kann aber auch „trocken“ sein, oft papillös und ist zum Auffangen und Keimen von Pollen ausgebildet.[1][2][3] Narbensekrete können auch eine Nektarfunktion übernehmen.[4]
Eine ungeteilte Narbe wird als kopfig, scheiben-, pilzförmig, kugelig oder auslaufend, länglich, zungenförmig sowie als fädig bezeichnet. Ist die Narbe geteilt, wird sie je nach Tiefe der Teilung als mehrlappig (zum Beispiel bei Kreuzblütlern) oder mehrspaltig (zum Beispiel bei Krokussen und Glockenblumen) genannt. Verläuft die Teilung bis an den Griffel heran, sind mehrere Narben vorhanden. Ist kein Griffel vorhanden, so ist die Narbe sitzend (zum Beispiel bei Mohn). Selten sind die Narben in einer Höhlung am Griffelende versteckt, röhrig, tubular (Röhrennarben; Paulownia).[5] Die Narben können auch verästelt, so bei einigen Begonien, oder federig, so beim Reis, sowie trichterförmig sein, so bei den Narbenschenkeln von Crocus sativus.
Sind mehrere sitzende Narben (oft strahlig) vereinigt, spricht man von einer Narbenscheibe, wie z. B. beim Mohn oder den Seerosengewächsen.
Gespaltene grünliche Narbe mit noch geschlossenen Narbenlappen an Echinocereus scheerivar. obscuriensis
Blüte von Hippeastrum: unten der Griffel, links hellviolett die gelappte Narbe
In einigen Familien der Lippenblütlerartigen sind berührungsempfindliche Narben ausgebildet. Sie schließen sich bei der Berührung durch einen Bestäuber oder durch äußere Reize entweder für immer, nur temporär oder öffnen sich schnell wieder.[6][7][8]
Eine seltene Form stellt das Hyperstigma sehr weniger Arten dar (z. B. Tambourissa religiosa). Hier geschieht die Bestäubung nicht direkt auf der Narbe, sondern auf dem vorgelagerten und schleimigen Pfropf, am „Mund“ eines verengten Blütenbechers, welcher hier die Fruchtblätter komplett einschließt.[9]
Die Stellung der Narbe zu den Fruchtblättern kann verschieden sein: kommissural, wenn sie örtlich der Vereinigungsstelle der Fruchtblattränder, oder karinal, wenn sie der Rückenlinie des Fruchtblattes entspricht, möglich ist auch geteilt-karinal.[10]
Verlängerte Narben, die wie Griffeläste erscheinen, werden teilweise auch als Stylodien, Stylodia aufgefasst, falsche Griffel (Stylode).
Bei einigen Arten (Apocynaceae) wird eine sogenannte „Clavuncula“ ausgebildet, hier verbreitert sich der Griffel direkt unterhalb der Narbe. Dies wird auch als Griffel- oder Narbenkopf bezeichnet.
Bei einigen Arten imitieren die Narben die Staubbeutel oder das ganze Androeceum, z. B. bei Begonien, um Bestäuber anzulocken.[5]
Literatur
Werner Rothmaler: Exkursionsflora von Deutschland Gefäßpflanzen. Band 2, 15. Aufl., Volk und Wissen Verlag GmbH, Berlin 1990, ISBN 3-06-012563-5, S. 28.
↑ abPeter K. Endress: Diversity and Evolutionary Biology of Tropical Flowers. Cambridge Univ. Press, 1994, 1998, ISBN 0-521-42088-1, S. 73, 187 (englisch).
↑Paul Simons: Pflanzen in Bewegung. Springer, 1994, 2014, ISBN 978-3-0348-6184-7 (Reprint), S. 69.
↑Xiao-Fang Jin, Zhong-Ming Ye, Grace M. Amboka et al.: Stigma Sensitivity and the Duration of Temporary Closure Are Affected by Pollinator Identity in Mazus miquelii (Phrymaceae), a Species with Bilobed Stigma. In: Front Plant Sci. 8, 2017, S. 783, doi:10.3389/fpls.2017.00783 (englisch).
↑F. C. Newcombe: Significance of the Behavior of Sensitive Stigmas. In: American Journal of Botany. Vol. 9, No. 3, 1922, S. 99–120, doi:10.2307/2435484, online (PDF; 1,4 MB) bei Deep Blue, U-M Library - University of Michigan Library (englisch).