Nancy Storace war die Tochter des italienischen Kontrabassspielers Stefano Storace (1725–1781), der das Orchester in Vauxhall Gardens leitete. Ihre Mutter Elizabeth[1] war eine englische Flötistin, ihr älterer Bruder Stephen Storace wurde ebenfalls Musiker.
1783 hatte Storace am Teatro San Samuele in Venedig so großen Erfolg, dass der österreichische Gesandte Graf Giacomo Durazzo, ehemaliger Wiener Bühnenintendant, sie für ein ungewöhnlich hohes Jahresgehalt von tausend Dukaten an die beiden Wiener Hoftheater vermittelte. Sie zog mit ihrer Mutter nach Wien, ihr Bruder folgte und machte dort Karriere als Komponist.
In Wien debütierte Storace in der Partie der Gräfin in Antonio Salieris Oper La scuola de’ gelosi. Sie heiratete am 21. März 1784[2] in der Schottenkirche den exzentrischen englischen Violinvirtuosen John Abraham Fisher (1744–1806)[3], als ihr Trauzeuge fungierte der irische Tenor Michael Kelly. John Abraham Fisher erwies sich als prügelnder Ehegatte, sodass die Ehe getrennt und er vom Kaiser außer Landes verwiesen wurde. Aus dieser kurzen Heirat entsprang eine Tochter, getauft Maria Anna Fisher (später als Josepha[4] bezeichnet) die am 30. Jänner 1785[5] auf die Welt kam. Nur ein paar Monate später, am 17. Juli[6], starb das Kind. Im April wurde ihr zu Ehren eine Akademie gegeben.[7] Nachdem sie 1784 bereits aufgrund einer Erkrankung die Rolle der Lisetta in Giovanni PaisiellosIl re Teodoro in Venezia, die Paisiello ursprünglich für sie geschrieben hatte,[8] ablehnen musste,[9] konnte sie auch die für sie geschriebene Hauptrolle in Salieris Il ricco d’un giorno wegen Unpässlichkeit nicht annehmen.[10]
1785 sang sie in der Opera buffa Gli Sposi malcontenti, ein Werk ihres Bruders Stephen Storace. Bei der Uraufführung im alten Burgtheater am Michaelerplatz der Oper am 1. Juni versagte mitten im ersten Akt ihre Stimme und sie blieb zur Regenerierung mehrere Monate den Bühnen Wiens fern[11]. Anlässlich ihrer Erkrankung komponierten Mozart, Salieri und Cornetti (Cornetti ist möglicherweise ein Pseudonym des Bruders) gemeinsam die Kantate Per la ricuperata salute di Ofelia für ihre Genesung.
Am 1. Mai 1786 sang sie die Susanna in der Uraufführung von Le nozze di Figaro im alten Burgtheater unter der Leitung des Komponisten.
Mozarts Opernkomposition Il sposo deluso, in der Storace die Emilia singen sollte, blieb ein Fragment. Ebenso komponierte er für die von ihm sehr geschätzte Sängerin die Konzertarie Ch’io mi scordi di te?, KV 505, möglicherweise für Storaces Abschied aus Wien.
Storace kehrte 1787 nach London zurück, sie wurde begleitet von ihrem Bruder und dem Komponisten Thomas Attwood sowie Michael Kelly.
Nach dessen Tod verließ sie 1796 das Drury-Lane-Theater und unternahm Konzerttourneen mit ihrem neuen Lebensgefährten, dem Tenor John Braham, den sie nicht heiraten konnte, da ihr Ehemann noch lebte. Sie hatten den 1802 geborenen Sohn William Spencer Harris Braham. 1799 wirkten beide an der Mailänder Scala in der Uraufführung der Oper Il Ritratto von Niccolò Antonio Zingarelli mit. Um 1812 kam es zu einer komplizierten Trennung der beiden.[13]
Storace erwarb sich auch Ansehen als Konzert- und Oratoriensängerin und sang 1791 in der Westminster Abbey und 1792 in der Hereford Cathedral. Ab 1801 war sie an der Covent-Garden-Oper engagiert, dort verabschiedete sie sich 1808 mit einem Auftritt in der Oper No Song, No Supper ihres Bruders aus dem Jahr 1790.
Möglicher zweiter Bruder
In den Geburtsmatriken der Pfarre Am Hof in Wien, kommt ein Karl Storace, Mitarbeiter im k.k. Hoftheater, vor. Mit seiner Frau Theresia geb. Kutschera hat er die Kinder Carolina Eleonora Theresia (* 24. Februar 1799[14], † 6. Juni 1800[15]) und Karl Joseph (* 12. Oktober 1800[16]) gezeugt.
Betty Matthews: The Childhood of Nancy Storace. In: The Musical Times, 1969
Karl Geiringer; Irene Geiringer: Nancy Storace in Vienna. Louisville, 1981
Storace, Nancy, in: Philip H. Highfill, Kalman A. Burnim, Edward A. Langhans: A biographical dictionary of actors, actresses, musicians, dancers, managers & other stage personnel in London, 1660-1800. Volume 14, Siddons to Thynne. Carbondale : Southern Illinois University Press, 1991, ISBN 978-0-585-03004-3, S. 294–305
Betty Matthews: Nancy Storace and the Royal Society of Musicians. In: The Musical Times, 1987
Patricia Lewy Gidwitz: Vocal Profiles of Four Mozart Sopranos. Diss., University of California, Berkeley, 1991
Geoffrey Brace: Anna-Susanna : Anna Storace, Mozart’s first Susanna : her life, times and family. Thames, London 1991
Gustav Gugitz (Hrsg.): Denkwürdigkeiten des Venezianers Lorenzo da Ponte. Band 1. Aretz, Dresden 1924
Belletristik
Vivien Shotwell: Die Schule der Liebenden : Roman. Übersetzung aus dem Amerikanischen von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck. Limes, München 2014, ISBN 978-3-8090-2626-6. Historischer Hintergrund, S. 349f.
Weblinks
Melanie Unseld: Artikel „Nancy Storace“. In: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 25. April 2018
↑Lorenzo Da Ponte: Denkwürdigkeiten, Band 1, 1924, S. 379
↑Lorenzo Da Ponte: Denkwürdigkeiten, Band 1, 1924, S. 376
↑Christine Villinger: Mi vuoi tu corbellar : die Opere Buffe von Giovanni Paisiello : Analysen und Interpretationen. Schneider, Tutzing 2000, ISBN 3-7952-1020-8, S.104.
↑Lorenzo Da Ponte: Denkwürdigkeiten, Band 1, 1924, S. 209
↑Goldovsky, Boris (1991) The Adult Mozart: A Personal Perspective, Book I: The Abduction from the Seraglio; The Marriage of Figaro. National Opera Association. Seite 31–32
↑Lorenzo Da Ponte: Denkwürdigkeiten, Band 1, 1924, S. 393
↑Isabelle Putnam Emerson: Five centuries of women singers. Westport, Conn : Praeger, 2005, ISBN 0-313-30810-1, S. 104