Die Reihen 202, 203 und 204 (ab 1971 Reihen 52, 53 und 54) der belgischen Staatsbahn (NMBS/SNCB) sowie die Reihe 1600 der luxemburgischen Eisenbahnen (CFL) sind eine 43 Fahrzeuge umfassende Serie von sechsachsigen dieselelektrischen Lokomotiven, die ab 1955 ausgeliefert wurden. Sie bilden zusammen mit der Reihe 201 die erste Generation von Diesellokomotiven, die in Belgien zum Einsatz kamen. Ihr Einsatzgebiet waren vor allem die steigungsreichen Strecken der Ardennen. Die Fahrzeuge sind teilweise noch im Einsatz.
Auf Grund der rot-gelben Farbgebung bei den luxemburgischen Eisenbahnen und ihrer typischen runden Front, der „nez ronde“, wurden die Lokomotiven auch als „Kartoffelkäfer“ bezeichnet.
Die Reihen 202, 203 und 204 entstanden als belgische Variante der NSB Di 3 des schwedischen Herstellers Nydqvist och Holm (NoHAB), welche wiederum einen Lizenznachbau der F-Serie von Electro-Motive Diesel (EMD), einer Tochterfirma von General Motors (GM), darstellt. Der belgische Hersteller Anglo-Franco-Belge (AFB) erhielt hierfür eine Lizenz der NoHAB, die Motoren lieferte GM. Vorgesehen war der Einsatz vor Personenzügen in den Ardennen.
Die Staatsbahnen orderten insgesamt 40 Maschinen, wovon 22 Stück auf die Reihe 202 und 18 Stück auf die Reihe 203 entfallen sollten. Letztere entsprach baulich der 202, war aber für den Güterzugverkehr vorgesehen und verfügte daher über keine Zugheizung.
Die ersten Maschinen wurden im Februar 1955 ausgeliefert, bis Juni 1955 waren 17 Fahrzeuge mit unterbrochener Nummerierung unterwegs. Die 202.014 wurde noch vor ihrer Inbetriebnahme der Reihe 203 zugeordnet, die vier weiteren vorgesehenen Lokomotiven wurden dagegen kurzfristig von der CFL aufgekauft. Als Ausgleich für diese Exemplare orderte die NMBS/SNCB zwei Jahre darauf vier weitere baugleiche Lokomotiven, die jedoch eine höhere Leistung und somit eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h (anstatt 120 km/h) aufwiesen. Die vier Lokomotiven 202.015 bis 202.018 wurden der neuen Bauart angepasst und diese insgesamt acht Exemplare als Reihe 204 eingereiht.
Ende der 1970er wurden die Lokomotiven modernisiert. Die Fahrzeuge erhielten einen der Reihen 62 und 63 angepassten Führerstand. Die vormals runde Nase, die „nez ronde“, ging dadurch verloren. Die Loks sind seitdem für den in Belgien und Frankreich üblichen Linksverkehr ausgerichtet und haben eine bessere Schallisolierung erhalten.
1983 wurden vier Fahrzeuge der Reihe 53 mit einer Zugheizung ausgestattet und in die Reihe 52 mit den Nummern 5214 bis 5217 eingereiht. 1989 kam es umgekehrt zum Ausbau der Zugheizung bei den Nummern 5203, 5206, 5207, 5208 und 5210 und deren Eingliederung in die Reihe 53. Sie dienten dort als Ersatz für zuvor nach Unfällen ausgemusterte Fahrzeuge.
Die 52er kommen mittlerweile zusammen mit den 53ern im Güterverkehr zum Einsatz, da ihre Leistungen im Personenverkehr zunehmend durch die Reihen AR 41 und 62 übernommen werden.
Alle Lokomotiven wurden im Juni 2009 abgestellt und 2011 ausgemustert.
Reihe 1600 der CFL
Von der Reihe 202 wurden vier Loks abgezweigt und als 1601 bis 1604 an die CFL geliefert. Diese waren in weinrot-gelb lackiert. Die Loks wurden 1955 geliefert. 1958 hatte die 1603 bei Bascharage einen schweren Unfall. Wegen einer falschen Weichenstellung war sie mit einem anderen Zug, welcher auf einem Überholgleis stand kollidiert. Nach dem Unfall war die Lok eigentlich schrottreif, sie wurde aber wieder vollständig hergerichtet. Nach der Instandsetzung war der Wagenkasten etwa 30 Zentimeter kürzer als bei den anderen drei Loks. Um auch nach Trier fahren zu können, erhielten die Loks 1971 ein drittes Spitzensignal. Sie liefen bis zuletzt im Schnellzugverkehr nach Trier, jedoch mit einer Sondergenehmigung der DB, da sie nicht mit Indusi ausgerüstet waren. 1971 wurden die kleinen Nummern und das alte CFL-Logo durch größere Nummern und ein neues Logo ersetzt. Dieses Kleid behielten sie bis zu ihrer Ausmusterung. 1984 wurde die 1601 als erste Lok abgestellt, und 1989 als einzige der vier luxemburgischen Loks verschrottet. Die anderen wurden 1994 ausgemustert, die 1602 wurde von Märklin gekauft und später an den belgischen PFT weiterverkauft. Dieser restaurierte die Lok und lackierte sie in den Farben der NMBS/SNCB und gaben ihr die Nummer 202.020, welche ursprünglich auch vorgesehen war, und das dritte Spitzenlicht auf der Nase wurde wieder entfernt. Die 1603 fuhr anfangs auf der Vennbahn und wurde 2006 ebenfalls vom PFT gekauft. Die 1604 blieb in Luxemburg und wurde vom Luxemburger Denkmalpflegeamt zum National Denkmal erklärt und als betriebsfähige Museumslok erhalten. Der Verein 1604 Classics a.s.b.l. restaurierte die Lok und setzte sie, abgesehen vom dritten Spitzensignal, in den Auslieferungszustand vom 21. April 1955 zurück. Im Jahr 2010 wurde der Dieselmotor von der Firma EMD generalüberholt und mit Teilen der Motortype 645 ausgerüstet. Im Jahr 2013 erhielt die Lok eine HU in den Netinera-Werken in Neustrelitz, wobei die elektrischen Organe (Generator, Traktionsmotore, Lüfter, Verkabelung) komplett erneuert und die Drehgestelle hauptuntersucht wurden.
Fahrzeugübersicht
Werknr.
Indienststellung
NMBS/SNCB / CFL
Verbleib
120
2. Juli 1955
203.001 5301
ausgemustert
121
15. Juli 1955
203.002 5302
1983 Umbau in 5215 ausgemustert und an PFT verkauft.
122
16. Juli 1955
203.003 5303
ausgemustert
123
14. Juli 1955
203.004 5304
2002 ausgemustert und verschrottet
124
19. Juli 1955
203.005 5305
ausgemustert
125
30. Juli 1955
203.006 5306
ausgemustert
126
1. Aug. 1955
203.007 5307
1983 Umbau in 5214 2002 ausgemustert
127
3. Aug. 1955
203.008 5308
2007 ausgemustert
128
9. Aug. 1955
203.009 5309
ausgemustert
129
16. Aug. 1955
203.010 5310
1995 ausgemustert
130
26. Aug. 1955
203.011 5311
ausgemustert
131
26. Aug. 1955
203.012 5312
ausgemustert
132
31. Aug. 1955
203.013 5313
ausgemustert. Drehgestelle nach Luxemburg verkauft. Ersatzteile CFL1604
133
5. Sep. 1955
203.014 5314
2002 ausgemustert
134
8. Sep. 1955
203.015 5315
ausgemustert
135
24. Sep. 1955
203.016 5316
ausgemustert
136
24. Sep. 1955
203.017 5317
1984 Umbau in 5216 ausgemustert
137
5. Okt. 1955
203.018 5318
1984 Umbau in 5217 ausgemustert und an PFT verkauft.
138
2. Apr. 1955
202.001 5201
ausgemustert
139
28. Apr. 1955
202.002 5202
1995 ausgemustert
140
29. Apr. 1955
202.003 5203
1989 Umbau in 5302II
141
22. Apr. 1955
202.004 5204
1989 ausgemustert
142
11. Juni 1955
202.005 5205
ausgemustert
143
6. Mai 1955
202.006 5206
1989 Umbau in 5307II ausgemustert und im Juni 2013 verschrottet
144
9. Mai 1955
202.007 5207
1989 Umbau in 5317II ausgemustert
145
18. Mai 1955
202.008 5208
1989 Umbau in 5318II
146
21. Mai 1955
202.009 5209
1992 Umnummerierung in 5321 1993 Rücknummerierung in 5209 in Betrieb
147
2. Juni 1955
202.010 5210
1989 Umbau in 5320 ausgemustert und im Juni 2013 verschrottet
148
6. Juni 1955
202.011 5211 ausgemustert
1958 Umnummerierung in 204.009 1958 Rücknummerierung in 202.011
149
28. Mai 1955
202.012 5212
ausgemustert
150
26. Juni 1955
202.013 5213
1994 ausgemustert
151
13. Juli 1955
203.019 5319
2000 ausgemustert
152
3. Feb. 1955
202.015
1957 Umbau in 204.005 1982 ausgemustert
153
18. Feb. 1955
202.016
1957 Umbau in 204.006 1985 ausgemustert
154
1. März 1955
202.017
1957 Umbau in 204.007 i ausgemustert und im Juni 2013 verschrottet