Während ihres Studiums arbeitete sie zeitweilig als Aktmodell.[3]
Seit 1996 ist Mithu Sanyal Hörspiel- und Featureautorin für den WDR. Darüber hinaus schreibt sie für NDR, BR, Frankfurter Rundschau, Literaturen, taz, junge Welt, SPEX,[4]Bundeszentrale für politische Bildung[5] etc. und war ehrenamtliche Redakteurin der Zeitschrift Wir Frauen. Seit Erscheinen ihres zweiten Buches Vergewaltigung wird Sanyal häufig als Expertin, Vortragende, Moderatorin, Gesprächspartnerin und Studiogast zu Beiträgen, Lesungen, Vorträgen, öffentlichen Diskussionsrunden und ins Fernsehen eingeladen.[6][7][8]Vergewaltigung wurde wie Vulva in mehrere Sprachen übersetzt.[9]
Am 17. Februar 2017 löste ein Artikel von Sanyal und der Journalistin Marie Albrecht in der Tageszeitung (taz) eine Kontroverse aus. Nach Gesprächen mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt schlugen sie für diese neben dem Wort „Opfer“ die Bezeichnung „Erlebende sexualisierter Gewalt“ als weitere Möglichkeit der Selbstbezeichnung vor. An der #metoo-Bewegung kritisierte sie nicht die fehlende faktische Untermauerung der Vorwürfe gegen Harvey Weinstein, sondern deren stigmatisierenden Charakter: Wer einmal als Vergewaltiger gekennzeichnet werde, könne dieses Stigma kaum noch loswerden.[7][10] Feministische Medien wie der Blog Die Störenfriedas oder die Zeitschrift Emma kritisierten diesen Vorstoß als Verharmlosung von Vergewaltigungen und sexualisierter Gewalt.[11] Unabhängig davon konstruierten rechte Blogs und Websites hieraus Bezüge auf Sanyals indische Herkunft und behaupteten fälschlicherweise, Vergewaltigung sei in Indien nicht strafbar.[12][13] In dem Blog Politically Incorrect wurde Sanyals E-Mail-Adresse veröffentlicht, woraufhin sie Vergewaltigungs- und Morddrohungen erhielt.[14] In den großen Zeitungen wurde Sanyals Artikel breit diskutiert,[15] auch die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch nahm in ihrem Blog Stellung.[16] Zudem schrieben hunderte Menschen Sanyal solidarische E-Mails.[17] Im Juli 2019 veröffentlichte das Journalismusportal Correctiv seine Stellungnahme unter dem Titel Nein, Mithu Sanyal hat Opfern nicht geraten, eine Vergewaltigung könne „auch Erleben sein“.[18]
Im Jahr 2021 veröffentlichte Sanyal ihr Romandebüt Identitti. Der Roman handelt von einer Düsseldorfer Professorin für postkoloniale Theorie, die sich nach der hinduistischen Göttin Saraswati benannt und fälschlich als Inderin ausgegeben hat, tatsächlich aber deutscher Abstammung ist und ihre Haut verdunkeln ließ. Die Figur ist an Rachel Dolezal angelehnt.[19] Der auf diese Enthüllung folgende Skandal wird aus der Perspektive von Saraswatis Studentin Nivedita erzählt, die wie Sanyal eine polnische Mutter und einen indischen Vater hat. Unter dem Pseudonym Identitti betreibt Nivedita einen Blog und mehrere Social-Media-Accounts, auf denen sie u. a. Rassismus, Migrationsgeschichten, sexuelle Identitäten und Orientierungen sowie identitätspolitische Debatten kommentiert. Aufgrund seiner Verortung im universitären Milieu zeichnet sich der Roman durch eine hohe Dichte an theoretischen Reflexionen aus. In Rezensionen wurde der Roman überwiegend sehr positiv besprochen.[20]
Im Roman Antichristie (2024) wählte Sanyal eine vielschichtige Erzählweise und zielte auf die Verschmelzung historischer, politischer und popkultureller Themen. Die Handlung bewegt sich zwischen den Zeiten und Welten: Durga, die Protagonistin, reist von der Gegenwart ins Jahr 1906 und wechselt dabei sogar ihr Geschlecht. Sanyal verbindet die indische Unabhängigkeitsbewegung und die britische Kolonialgeschichte mit einer zeitgenössischen feministischen Perspektive, wobei sie auch humorvolle Dialoge einfließen lässt. Der Roman ist dabei sowohl Kriminalroman als auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Folgen des Kolonialismus und dem westlichen Blick auf Geschichte.[21]
Sanyal lebt mit ihrem Mann, dem Musiker und Sprecher Matti Rouse,[24] in Düsseldorf-Oberbilk. Sie hat mit ihm zwei Kinder,[25] einen Sohn und eine Tochter.[26] Gegenüber dem Stern gab sie an, mehrere Abtreibungen gehabt zu haben.[27]
Vulva – die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2009, ISBN 978-3-8031-3629-9.
mit Jasna Strick, Nicole von Horst und Yasmina Banaszczuk: „Ich bin kein Sexist, aber ...“. Sexismus erlebt, erklärt und wie wir ihn beenden. Orlanda Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-944666-00-6.
↑Schriftstellerinnen und ihre Nebenjobs: „Call Center und Flyer verteilen“. In: Die Tageszeitung: taz. 12. März 2022, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 15. März 2022]).
↑Vergewaltigung. In: EDITION NAUTILUS. Abgerufen am 30. April 2021 (deutsch).
↑Mithu Sanyal, Marie Albrecht: Beschreibung sexualisierter Gewalt: Du Opfer! In: Die Tageszeitung: taz. 13. Februar 2017 (taz.de [abgerufen am 29. März 2019]).
↑Katrin Gottschalk: Beschreibung sexualisierter Gewalt: Debatte statt Hetze. In: Die Tageszeitung: taz. 25. Februar 2017 (taz.de [abgerufen am 29. März 2019]).
↑Marion Detjen: Vergewaltigung: Gewalt ohne Namen. In: Die Zeit. Hamburg 27. Februar 2017 (zeit.de [abgerufen am 29. März 2019]). Ursula Scheer: Verbrechen und Sprache: Erlebnis Vergewaltigung? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 24. Februar 2017 (faz.net [abgerufen am 29. März 2019]).
↑Shirin Sojitrawalla: Mithu Sanyals neuer Roman: Welche Perspektive zählt? In: Die Tageszeitung: taz. 21. September 2024, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 21. September 2024]).