Als Kind armer Bauern war Milovan Glišić gezwungen, seiner Familie bei ihrer Arbeit zu helfen, bevor es ihm gelang, eine Schulbildung in Belgrad zu erhalten. Später studierte er dort Technik und Philosophie. Danach arbeitete er als Journalist, Bibliothekar und Übersetzer. Er war Herausgeber der ZeitschriftSrpske novine und Dramaturg am Nationaltheater in Belgrad.[1] Aufgrund seiner liberalen Ansichten wurde er anfangs vom Establishment kritisiert, bevor seine literarische Qualität zunehmend anerkannt wurde. Trotzdem vergaß er nie seine bäuerliche Herkunft, die er in seinen Werken verarbeitete.[2] Er schrieb zwei Theaterstücke: Dva cvancika („Zwei Zwanziger“) und Podvala („Der Streich“). Darüber hinaus verfasste er realistischeKurzgeschichten, die sich an russischen Vorbildern orientierten. Aus diesem Grund wird er auch als „serbischer Gogol“ bezeichnet und gilt als Begründer der Tradition realistischer Erzählungen über das serbische Dorfleben. Darin idealisiert er einerseits das moralische Verhalten und den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft, kritisiert andererseits die Obrigkeit, die die Bauern unterdrückt und deren gesellschaftlicheEmanzipation verhindert. Seine realistisch gehaltene Erzählweise hat er mit Folklore, Idealismus, Satire und Humor angereichert, die seinen Stil kennzeichnen. Als Übersetzer französischer, deutscher und vor allem russischer Literatur hat er einen beachtlichen Einfluss auf serbische Schriftsteller ausgeübt.[2] Seine Erzählung Posle devedeset godina („Nach neunzig Jahren“), die die Sage vom VampirSava Savanović aufgreift, hat 1973 der Regisseur Đorđe Kadijević für das jugoslawischeFernsehen unter dem Titel Leptirica („Das Schmetterlingsweibchen“) verfilmt.[3]
Werke (Auswahl)
Dramen
Dva cvancika (1883)
Podvala (1885)
Kurzgeschichten
Glava šećera (Eine Handvoll Zucker)
Ni oko šta (Auch darüber, dass)
Posle devedeset godina (Nach neunzig Jahren). Neuausgabe (Unter dem Titel Schon neunzig Jahre…) JMB, Hannover 2018, ISBN 978-3-95945-003-4