Michel Petrucciani war der jüngste Sohn des aus einer neapolitanischen Familie stammenden Jazz-Gitarristen Antoine (Tony) Petrucciani und dessen französischer Frau Anne. Petrucciani hatte die Glasknochenkrankheit und war kleinwüchsig. Im Laufe seines Lebens erlitt er Hunderte von Knochenbrüchen. Trotz seiner Kleinwüchsigkeit hatte er große und kraftvolle Finger. Sein Vater erkannte sein musikalisches Talent und förderte ihn schon im Vorschulalter durch tägliches stundenlanges Klavierüben. Mit seinem Vater nahm er das 2001 veröffentlichte Album Conversations auf. Seine Brüder sind ebenfalls Jazzmusiker: Philippe wurde Gitarrist und Louis spielt Bass.[1]
Wegen seiner angeborenen Krankheit konnte Petrucciani nicht wie andere Kinder die Schule besuchen. Deshalb schickte man ihm im Fernunterricht Tonbandkassetten, mit Lektionen in Französisch, Mathematik und Englisch, zum selbständigen Lernen zu. Statt sich die erhaltenen Kassetten anzuhören und zu lernen, löschte Michel Petrucciani die Lektionen und überspielte darauf Musik.[2]
Petrucciani gab sein erstes Konzert als Profi mit dreizehn Jahren auf einem Jazzfestival in der Region Drôme. Er spielte mit Kenny Clarke und dem Trompeter Clark Terry. 1979 zog er nach Paris, wo er im Jahr darauf sein Debütalbum Flash veröffentlichte. Dort spielte er auch in einem Trio mit seinem Bruder und Bassisten Louis und dem Saxophonisten Lee Konitz.
Petrucciani spielte unter anderen auch mit John Abercrombie, Joe Lovano, Jack DeJohnette und Eddy Louiss. In Deutschland kam er durch seine regelmäßigen Auftritte in der Sendung Willemsens Woche mit Roger Willemsen zwischen Oktober 1994 und Juni 1998 zu größerer Bekanntheit. Petrucciani befreundete sich mit Willemsen „sehr gut“; 1996 begleitete ihn Willemsen in New York City und widmete ihm sein Filmdebüt als Petrucciani-Porträt.[3]
Petrucciani war verheiratet und hatte einen Sohn (Alexandre), der seine Krankheit erbte, sowie einen Adoptivsohn.[1] 1999 starb Michel Petrucciani an einer Lungenentzündung. Er wurde auf dem Friedhof Père-Lachaise in Paris neben dem Grab von Frédéric Chopin beigesetzt. Sein Vorhaben, in Südfrankreich eine Jazz-Schule zu eröffnen und dort sein Wissen weiterzugeben, konnte er nicht mehr verwirklichen.[4]
Michel Petrucciani – Leben gegen die Zeit (OT: Michel Petrucciani – Body & Soul.), Dokumentarfilm, Frankreich, Deutschland, Italien, 2011, 102 Min., Regie: Michael Radford, Produktion: Gunnar Dedio (Looksfilm) in Koproduktion mit Arte France Cinema und Roger Willemsen (Noa Noa), deutscher Kinostart: 8. Dezember 2011, Video-Ausschnitte, 1:49 Min.
Trio Live in Stuttgart, Konzertdokumentation in der Stuttgarter Liederhalle, 8. Februar 1998, 68 Min., Regie: Eric Ebinger. Trio mit Anthony Jackson und Steve Gadd.
↑Michel Petrucciani – Leben gegen die Zeit. Dokumentarfilm von Michael Radford, 2011, 102 Min. Produziert von Gunnar Dedio (Looksfilm) in Koproduktion mit Arte France Cinema und Roger Willemsen (Noa Noa GmbH).
↑W[erner] S[tiefele]: Michel Petrucciani. Little Big Man. In: MusikWoche. Das Nachrichtenmagazin für die Musikbranche. Nr.4, 25. Januar 1999, Szene Jazz, S.31.