Michael Braunfels studierte Komposition bei Frank Martin und Klavier bei seinem Vater, dem Komponisten und Pianisten Walter Braunfels, sowie bei Olga Novacovic in Wien und bei Paul Baumgartner in Basel. 1954 übernahm Michael Braunfels eine Professur für Klavier an der Musikhochschule Köln, wo er bis 1982 unterrichtete. Während sein Vater – als „Halbjude“ mit absolutem Berufsverbot belegt – im „Inneren Exil“ am Bodensee überwinterte, musste er von 1939 bis 1945 als Soldat in der deutschen Wehrmacht dienen.
1950 ließ er sich in Köln nieder. Als Pianist hat er in den Musikzentren Europas, im Orient und in Übersee konzertiert. Seit 1985 widmete er sich ausschließlich dem Komponieren. Als Komponist war Michael Braunfels anfänglich von der postromantischen Klangsprache seines Vaters beeinflusst. Später wurde die Prägung durch den gemäßigt modernen Stil Frank Martins entscheidender. Von ihm übernahm er den Glauben an den überzeitlich gültigen Wert der Schönheit und der Tonalität. Letztere erweiterte und schärfte Michael Braunfels in der Nachfolge Martins allerdings beträchtlich – ohne dabei das Prinzip tonaler Zentriertheit aufzugeben. Im Gegensatz zu den meisten Komponisten seiner Generation bekannte er sich zudem zu sanglicher Melodik und zu klarer Formgebung im Sinne der klassischen Tradition. Besondere Kennzeichen seiner Musik sind darüber hinaus ein Hang zu einer „französisch“ anmutenden Leichtigkeit, zu Esprit, Humor und Virtuosität. Dass Braunfels damit elementaren Bedürfnissen seiner Musikerkollegen gerecht wurde, zeigten zahlreiche Kompositionsaufträge (die meisten seiner Werke entstanden im Auftrag professioneller Musiker). Auch das Publikum nahm seine Musik in Konzerten stets zustimmend auf.
Dennoch konnte sich Michael Braunfels als Komponist bislang nicht in der Breite durchsetzen. Dies dürfte nicht zuletzt mit der Dominanz und einseitigen Förderung atonaler Richtungen – zumal in Westdeutschland – seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu erklären sein, ging doch deren Etablierung mit der anti-tonalen Musikphilosophie Adornos und anderer einher. Braunfels reagierte mit einer avantgardekritischen Schrift (Die Krankheit der verwalteten Musik. Zürich 1975) auf diese Situation und plädierte gleichzeitig für eine tonale und dem Ideal der Schönheit zugewandte Moderne.
Michael Braunfels wurde im Grab seines Vaters auf dem Kölner Südfriedhof (Flur 43) beerdigt.
The Kings Messengers („Königsboten“) op. 15 (Musical für Gymnasien), 1961–1966
Orchesterwerke
Capriccio für 3 Flöten und Streichorchester op. 5, 1945
Divertimento für Klavier und Orchester op. 7, 1949
Ballade für Viola und Orchester op. 9, 1953
Concerto für Cembalo und Kammerorchester op. 11, 1957
Divertimento für Oboe und Orchester op. 12, 1960
Divertimento über 3 Volkslieder für Klavier und kleines Orchester op. 17, 1969
„Concerto sereno“ für Solo-Cello, Solo-Klavier und Orchester op. 22, 1972–1976
„Concerto à tre“ für konzertierendes Streichtrio und Streichorchester op. 25, 1978
„Das Parlament,“ symphonische Satiren für großes Orchester op. 31a (auch in Fassung für 15 Instrumente), 1981
Sinfonietta op. 35, 1985
Kammermusik
Trio für 3 Flöten op. 4a, 1939
Phantasie-Variationen für Streichquartett op. 4b, 1943
Streichquartett in d op. 4c, 1944
Konzertstück für Violine und Klavier op. 6, 1947
Duo concertant für Violoncello und Harfe op. 16, 1969
Serenade für Flöte und Klavier (Cembalo) op. 19, 1970
Serenade für Violine, Horn und Klavier op. 20, 1973
Symposion für 12 Violoncelli op. 21, 1972
Variationen für Klarinette, Viola und Klavier op. 27, 1980
„4 mal 4“ für Saxophonquartett op. 36, 1986
Sextett für Flöte, Streichquartett (und Cembalo ad libitum) op. 37, 1988
Trio für Flöte, Klarinette und Klavier op. 38, 1990
4 Stücke für Klarinetten-Quartett op. 39, 1991
Encore für Klarinetten-Quartett op. 39a, 1991
Klaviermusik
Ritornell op. 8/1, 1950
Nocturne op. 8/2, 1956
„Physiognomien,“ 7 Charakterstücke op. 18, 1969
„Capriccio“ (vierhändig) op. 23, 1975
„Duo gioccoso“ für 2 Cembali op. 16, 1978
Lieder und Chorwerke
4 Liebeslieder für Sopran, Flöte, Viola und Harfe op. 28, 1980
3 heitere Lieder für Sopran, Flöte, Viola und Harfe op. 29, 1980
3 Gesänge nach Christian Morgenstern für Bariton und Klavier op. 32, 1982
Lieder nach James Hearst (engl.) für Sopran und Klavier op. 34, 1982
3 Mond-Lieder für gemischten Chor à cappella op. 33, 1982
Gemischte Chöre nach Eugen Roths „Ein Mensch“ op. 40, 1991
Schriften
Die Krankheit der verwalteten Musik. Zürich 1975.
Das entmachtete Publikum. In: Rheinischer Merkur. Nr. 49, 8. Dezember 1972.
Zu wenig um Hörer bemüht. In: FAZ. Nr. 299, 27. Dezember 1986.
Musik des 20. Jahrhunderts und das Publikum. Ein Plädoyer für das Publikum. Rundfunk-Vortrag (ausgestrahlt im SDR am 22. Juni 1973).
Musik der letzten Jahrhundertwende (Musik vor 75 Jahren). Rundfunk-Vortrag (ausgestrahlt im DLF am 1. Januar 1975).
Musik vor 150 Jahren (1826/27). Rundfunk-Vortrag (ausgestrahlt im DLF am 1. Januar 1977).
Diskographie
Das Parlament. Orchesterwerke von Michael Braunfels. (op. 12, op. 17, op. 25, op. 31a); Interpreten: Nürnberger Symphoniker, Klauspeter Seibel, Michael Braunfels u. a.; Label: sound star-ton (Steyerberg), 1995.
I hate Music. Musik für Klarinetten-Quartett von Braunfels (op. 39 & 39a), Bernstein, Gershwin, Piazzolla und Lutz-Rijeka; Interpreten: Ensemble Clarinesque; Label: Signum Records, 2000.