Die Ortschaft liegt im ehemaligen Ostpreußen, an der Nordseite des Pregeltals, etwa sechs Kilometer westlich des Stadtzentrums von Kaliningrad (Königsberg i. Pr.).
Name
Der ursprüngliche Name leitet sich prußisch ab und beschreibt die Landschaft: „gaudis“ (wehmütig), „juodas“ (schwarz, finster).
Geschichte
Wie das übrige Samland wurde die von Prußen besiedelte Region im 13. Jahrhundert durch den Deutschen Ritterorden erobert und in den Ordensstaat einbezogen. Im Jahre 1287 wurde der Ort erstmals als „duas villas sic nominatas Gaudityn“ erwähnt. 1349 hieß es „super villam Gauditin, Gauditen“ und 1302 Judynkirchen. Der Name Juditten erscheint 1670 in den Ostpreußischen Folianten. Bei Juditten befand sich der Spittelhof, der Wirtschaftshof des Hauskomturs zu Königsberg, dem die zu dem Spital gehörenden Dörfer scharwerkspflichtig waren.
1874 wurde der Amtsbezirk Juditten aus den Landgemeinden Lawsken, Moditten, Spittelhof und Waldthal, den Gutsbezirken Charlottenburg, Friedrichswalde, Groß Rathshof, Klein Rathshof und Moditten sowie dem Etablissement Juditten Mühle gebildet. Verwaltet wurde der Bezirk vom Amtsvorsteher in Rathshof. Am 16. Juni 1927 wurde Juditten in die Stadtgemeinde und den Stadtkreis Königsberg i. Pr. eingegliedert.
Vom Friedhof aus bestand eine gute Fernsicht auf den Pregel und das Frische Haff.
Theodor Krohne erhielt das Juditter Wäldchen, das nach ihm benannt wurde.
Das Massensterben der deutschen Restbevölkerung in Königsberg 1945 bis 1947 betraf auch Juditten. Viele Opfer von Hunger, Kälte und Seuchen wurden in Massengräbern südlich/unterhalb der Kirche beerdigt.
Juditten wurde zusammen mit der nördlichen Hälfte Ostpreußens nach Ende des Zweiten Weltkriegs von der Sowjetunion unter eigene Verwaltung genommen.
Demographie
Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr
Einwohner
Anmerkungen
1782
–
königliches Dorf mit einer Kirche, einer königlichen Mahlmühle, die auch die Kaddigmühle heißt, und vier Feuerstellen (Haushaltungen)[1]
Die Juditter Kirche wurde Ende des 13. Jahrhunderts durch den Deutschen Orden als Wehrkirche erbaut. Sie zählt zu den ältesten Gotteshäusern des Samlandes. Königin Luise hat in der Zeit ihres Aufenthalts in Königsberg diese Kirche oft besucht. Wegen der Madonna auf der Mondsichel, einem Marienbild mit Jesuskind von übermenschlicher Größe, grob aus Holz geschnitzt und angestrichen, war Juditten vor der Reformation ein berühmter Wallfahrtsort. Auch noch nach der Reformation kamen Pilger, selbst aus Rom, und ließen sich vom lutherischen Pfarrer eine Bescheinigung darüber geben, dass sie Buße getan hatten. Die Kirche verfiel in der Sowjetzeit zur Ruine, in den 1980er Jahren wurde sie nach Übereignung an die orthodoxe Kirche bis 1990 wiederaufgebaut.
In einem Neubauviertel von Juditten wurde in den 1930er Jahren eine weitere Kirche gebaut, die seit der Sowjetzeit – stark verändert – als Kulturhaus genutzt wird.
Persönlichkeiten
Johann Christoph Gottsched (* 2. Februar 1700 in Juditten; † 1766), deutscher Schriftsteller, Dramaturg sowie Sprach- und Literaturtheoretiker
Erika Durban-Hofmann (* 1922 in Juditten; † 21. Dezember 2005 in Unterschleißheim), Malerin, Grafikerin und Buchautorin
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
Ludwig von Baczko: Versuch einer Geschichte und Beschreibung von Königsberg, Königsberg 1804
Materialien zur Geschichte der Kirche Juditten bei Königsberg i. Pr. In: Archiv für vaterländische Interessen. Neue Folge, Jahrgang 1845, Marienwerder 1845, S. 725–745.
George Adalbert von Mülverstedt: Ueber den Namen der Kirche Juditten. Vortrag in der Versammlung der Prussia am 1. Oct. 1853 gehalten. In: Preußische Provinzial-Blätter, Band 4, Königsberg 1853,
Ernst Ludwig Storch: Die Kirche und das Kirchspiel Juditten im Landkreis Königsberg. Ein Beitrag zur vaterländischen, Kirchen- und Kultur-Geschichte Preußens. Königsberg 1861. (Volltext)
Grasilda Blažiene: Die baltischen Ortsnamen im Samland (= Hydronymia Europaea, Sonderband II). Steiner Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07830-4, S. 50 f.
Juditten, Landkreis Königsberg i. Pr., in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Juditten).
↑Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I: Topographie von Ost-Preußen. Marienwerder 1785, S. 73 (Google Books).
↑Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 2: G–Ko, Halle 1821, S. 269, Ziffer 1363.
↑Leopold Krug: Die Preussische Monarchie; topographisch, statistisch und wirthschaftlich dargestellt. Nach amtlichen Quellen. Teil I: Provinz Preussen. Berlin 1833, S. 64, Ziffer 1..
↑Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 133, Ziffern 162 und 163.
↑ ab Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 30–31, Ziffer 43.
↑Juditten, Landkreis Königsberg i. Pr., in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Juditten).