Mit Meister der weiblichen Halbfiguren (englischMaster of the Female Half-Lengths) wird wahrscheinlich ein in der Renaissance zwischen 1525 und 1550 in den südlichen Niederlanden vielleicht auch in Antwerpen tätiger Maler benannt.
Der Notname des Meisters der weiblichen Halbfiguren leitet sich von den zahlreichen ihm zugeschriebenen, aber unsignierten Gemälden mit weiblichen Halbfiguren ab.[2] Diese zeigen – meist als Einzelporträts – den Oberkörper von elegant gekleideten weiblichen Figuren mit „gefälligen“[3] Gesichtern, oft beim Lesen oder Musizieren. Eines der bekanntesten Bilder zeigt drei scheinbar[4] musizierende Damen beim „Hauskonzert“.
Stil
Die große Zahl der Porträts und das Festhalten an einem Konzept geben den Bildern nach Ansicht von Experten fast „industriellen Schematismus“.[3] Durch die immer wieder wiederholte Komposition der Frauengestalten unterscheidet sich der Meister vom Stil eines Adriaen Isenbrant oder Ambrosius Benson. Jedoch stehen die dem Meister der weiblichen Halbfiguren zugeschriebenen religiösen Bilder der Arbeitsweise und dem Stil dieser beiden Zeitgenossen nahe. Man kann daraus schließen, dass der Meister auf der einen Seite – wie auch Benson – für kirchliche Auftraggeber in vielleicht traditioneller, für weltliche Auftraggeber dagegen noch mehr als Benson nach seinem eigenen, fast starren „Erfolgsrezept“ arbeitete. Eventuell arbeitete eine größere Werkstatt an den Bildern.
Interpretation
Das weltliche Werk des Meisters der weiblichen Halbfiguren zeigt den Wandel der Motive in der Renaissance, die – im Gegensatz zum Mittelalter – nun typische Ereignisse und Szenen aus dem täglichen Leben des Menschen aus dem religiösen Umfeld und ausschnitthafter Schilderung zur Stärkung des christlichen Hauptmotives heraushebt. Das profane, das heißt rein weltliche Porträt wird ein eigenständiges Bild. Der Meister der weiblichen Halbfiguren ist in seiner Art somit fast ein „Genremaler“,[5] indem er das wachsende Interesse an der diesseitigen Welt nutzt und eine gleichartige Reihe von Bildern für den Privatmarkt schafft.
Venus und Amor. Berlin, Gemäldegalerie Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Die Hl. Maria Magdalena. Privatsammlung, ausgestellt in: Schatzhäuser Deutschlands – Kunst in adligem Privatbesitz. München, Haus der Kunst, November 2004 bis Februar 2005
Die Hl. Maria Magdalena, lesend. Paris, Louvre, Dpt. des Peintures, INV 2156
Franz Wickhoff: Die Bilder weiblicher Halbfiguren aus der Zeit und Umgebung Franz I. von Frankreich. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. 1901, S. 221 (uni-heidelberg.de).
Ellen Konowitz: The Master of the Female Half-Lengths Group, Eclecticism, and Novelty. In: Oud Holland. Band113, Nr.1/2, 1999, ISSN0030-672X, S.1–12, JSTOR:42717476 (englisch).
↑J. Fastenau: Der Meister der weiblichen Halbfiguren. In: Jahrbuch des Provinzial-Museums zu Hannover umfassend die Zeit 1. April 1908 – 1909. Wilhelm Riemschneider, Hannover 1909, S.48–56 (Textarchiv – Internet Archive).
↑Harald Kümmerling: Zu unserem Titelbild: Drei musizierende Damen vom „Meiser der weiblichen Halbfiguren“. In: Gitarre & Laute 1, 1979, 4, S. 2 (= Bild oder Abbild, 2)
↑Genremaler. In: Das Fischer-Lexikon Bildende Kunst. Fischer 1960.
↑J. H. Perera: Del Maestro de las Medias Figuras. In: Goya. Revista de Arte. 49, 1962, S. ?.