Max Kretzer wurde als der zweite Sohn eines Hotelpächters geboren. Bis zu seinem 13. Lebensjahr besuchte er die Realschule in Posen. Nachdem der Vater beim Versuch, sich als Gastwirt selbstständig zu machen, sein gesamtes Vermögen verloren hatte, musste Kretzer die Realschule abbrechen. 1867 zog die Familie nach Berlin, wo Max Kretzer in einer Lampenfabrik sowie als Porzellan- und Schildermaler arbeitete. 1878 trat er der SPD bei.[1] Nach einem Arbeitsunfall begann 1879 die intensive Lektüre von Autoren wie Zola, Dickens und Freytag, die ihn stark beeinflussten. Seit dem Erscheinen seines ersten Buches 1880 lebte Kretzer als freier Schriftsteller in Berlin.
Der Schriftsteller Hermann Bahr beschreibt die Wirkung, die die Bücher in Berlin hatten:
„Und wie horchten wir freudig auf, als sich nun gar auch noch unser eigener Zola fand, ein Berliner Zola: Max Kretzer, in dessen „Betrogenen“ und „Verkommenen“ unser tiefes menschliches Erbarmen mit den Enterbten ebenso auf seine Rechnung kam wie der schadenfrohe Hohn, einmal recht nach Lust in menschlicher Gemeinheit wühlen
zu können;“
Max Kretzer gilt als einer der frühesten Vertreter des deutschen
Naturalismus. Er führte als einer der ersten Themen wie Fabrikarbeit, Verelendung des
Kleinbürgers als Folge der Industrialisierung und die Arbeiterbewegung in die
deutsche Literatur ein. Während der Autor anfangs der deutschen Sozialdemokratie nahestand, sind seine
Werke nach der Jahrhundertwende von dem Gedanken eines „christlichen Sozialismus“ geprägt und tragen zunehmend den Charakter von Unterhaltungsliteratur und Kolportage. Einige von Kretzers Werken weisen nach umstrittener Meinung antisemitische Motive auf. Diese seien in seiner christlichen Soziallehre begründet, was ihn für den Nationalsozialismus anschlussfähig gemacht habe.[3] Während des Ersten Weltkrieges schrieb er Artikel für die Vossische Zeitung.
Schwarzkittel oder die Geheimnisse des Lichthofes. Wahrheit und Dichtung aus den Arbeitsstätten einer großstädtischen Fabrik. Erzählung. Spamer, Leipzig 1882.
Berliner Novellen und Sittenbilder. Costenoble, Jena 1883.
Bd. 1. Polizeiberichte, 1883.
Bd. 2. Die Zweiseelenmenschen, 1883.
Gesammelte Berliner Skizzen. Luckhardt, Berlin 1883.
Die Verkommenen. Berliner Sittenroman. 2 Bände. Luckhardt, Berlin 1883. (Digitalisat Band 1)
Im Sturmwind des Socialismus. Erzählung aus großer Zeit. Luckhardt, Berlin 1884.
Drei Weiber. Berliner Kultur- und Sittenroman. 2 Bände. Costenoble, Jena 1886. (Digitalisat Band 1)
Die Locke. Erszählungen. Mosaik-Verlag, Berlin 1922
Der Rückfall des Doktor Horatius. Rekord-Verlag, Leipzig 1935.
Meister Timpe. Das Neue Berlin, Berlin 1949.
Literatur
Kürschners Deutscher Literatur-Kalender: 1939, von Gerhard Lüdtke und Kurt Metzner, Verlag de Gruyter, Berlin, Leipzig, 1939
Pierre Angel: Max Kretzer, peintre de la société berlinoise de son temps. Le romancier et ses romans (1880–1900). Pr. Univ. de France, Paris 1966.
W. B.: Meister Timpe. Sozialer Roman von Max Kretzer. (Berlin 1888.). In: Die neue Zeit. Revue des geistigen und öffentlichen Lebens. 6(1888), Heft 12, S. 574–576. Digitalisat
Kurt Haase (Sendeleiter Südwestfunk): Die Zeit- und Gesellschaftskritik in den sozialen Romanen von Max Kretzer. Univ. Diss., Würzburg 1954.
Günter Helmes: Max Kretzer: "Meister Timpe". In: Der Deutschunterricht 40, 1988, H. 2, S. 51–64.
Günther Keil: Max Kretzer. A study in German naturalism. AMS PR. Rep. d. Ausg. New York 1928.
Julius Erich Kloss: Max Kretzer. Eine Studie zur neueren Literatur. Pierson, Dresden 1896.
Patrick Küppers: Die Sprache der Großstadt. Zeitkritik und ästhetische Moderne in den frühnaturalistischen Berlinromanen Max Kretzers. Marburg 2014.
Helmut May: Max Kretzers Romanschaffen nach seiner Herkunft, Eigenart und Entwicklung. Univ. Diss., Köln 1931.
Egon Müntefer: Max Kretzer und seine Bedeutung für den deutschen Roman der achtziger Jahre des XIX. Jahrhunderts. Univ. Diss., Münster 1923.
Max Kretzer. In: Franz Osterroth: Biographisches Lexikon des Sozialismus. Band I. Verstorbene Persönlichkeiten. J. H. W. Dietz Nachf., Hannover 1960, S. 171–172.
Larisa Petrovna Spak: Maks Kretcer i nemeckij naturalisticeskij roman 80 - 90-ch godov XIX st. Naukova Dumka, Kiew 1982.
H. Ströbel; Max Kretzer und sein neuestes Werk. In: Die neue Zeit. Revue des geistigen und öffentlichen Lebens. 16.1897-98, 1. Band (1898), Heft 11, S. 330–338. Digitalisat
Heinz Dieter Tschörtner (Hrsg.): Die Akte Max Kretzer. Archiv der Dt. Schillerstiftung, Berlin 1969.
Barbara Heidelauf Ward: Max Kretzer. Moral critic and social reformer. Mass.: Univ. Pr., Boston 1976.
↑Hermann Bahr: Selbstbildnis. Berlin: S. Fischer 1923, 191.
↑Felix Sassmannshausen: Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin. In: Ansprechpartners des Landes Berlin zu Antisemitismus. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS), 1. Oktober 2021, abgerufen am 10. November 2022.