Andererseits wurde Kalbeck, wiederum wie Hanslick, ein enger Freund und Parteigänger von Brahms, den er 1874 kennengelernt hatte. Als wichtigste Leistung gilt seine 1904 bis 1914 veröffentlichte umfangreiche Biographie dieses Komponisten, die bis heute eine wesentliche musikhistorische Quelle darstellt, ungeachtet einiger zeitgebundener Fehler und der teils sehr subjektiv gefärbten Darstellungen. Kalbeck veröffentlichte außerdem mehrere Bände des Brahms’schen Briefwechsels, daneben 1918 den Briefwechsel zwischen den Dichtern Gottfried Keller und Paul Heyse, weiterhin zwei Sammlungen eigener Kritiken.
Neben der Übersetzung von Opernlibretti insbesondere von Tschaikowski, Verdi, Puccini und Smetana verfasste Kalbeck neue Libretti u. a. für MozartsBastien und Bastienne und La Finta Giardiniera; weiterhin revidierte er für Gustav Mahlers Produktionen an der Wiener Hofoper diejenigen von Don Giovanni und Le Nozze di Figaro. Kalbeck steuerte außerdem Gedichte für die Lieder in der OperetteJabuka von Johann Strauss (Sohn) bei. Zwei von Kalbecks eigenen Gedichten wurden von Brahms vertont (das Klavierlied Nachtwandler op. 86,3 sowie Letztes Glück op. 104,3 für gemischten Chor a cappella).
Max Kalbecks Sohn ist der Schauspieler und Regisseur Paul Kalbeck.
Im Jahr 1925 wurde in Wien-Währing (18. Bezirk) die Kalbeckgasse nach ihm benannt.
Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Heiligenstädter Friedhof (Teil A, Gruppe 3, Nummer 113) in Wien.
Zeitgenössische Rezeption
Karl Kraus äußerte sich in seiner satirischen Zeitschrift Fackel über Kalbeck auf seine Weise:
„Er hat einige dürftige lyrische Gedichte geschrieben und einige schon wieder verschollene Operettentexte geliefert, hat fremdländische Opern angeblich ins Deutsche übertragen – Alois Obrist führt in seinen in Lessmann’s Musikzeitung (Berlin-Charlottenburg:) über ‚schlechtes Operndeutsch‘ veröffentlichten Aufsätzen unter den abschreckendsten Beispielen eine erkleckliche Anzahl aus Kalbeck’s Feder an –, hat eine ehrfurchtlose ‚Bearbeitung‘ des Don Juan gewagt, hat wohl auch einigen Musikunterricht genossen und wurde, da er weder zum Dichter noch zum Musiker taugte, Zeitungskritiker für Literatur und Musik. Als solcher trat er in die Reihe der Wiener Beckmesser, die sich von jenem Wagner’s bloß dadurch unterscheiden, daß sie oft nicht einmal die Tabulatur kennen, pflanzte die Anschauungen seines Förderers Hanslick fort, hängte sich, um nicht die Überfuhr zur Unsterblichkeit zu versäumen, an die Frackschöße Johannes Brahms’ und schien gewillt, alles, was neben diesem in Tönen zu empfinden wagte, einer Rache, einer Laune, einem Spaß zu opfern. Denn in diese Wiener Grundstimmung, die ein großes Kunstwerk bedenkenlos für einen kleinen Witz hingibt, hat sich der Breslauer Philister vortrefflich eingelebt.“[3]
(als Hrsg.:) Neue Beiträge zur Biographie des Dichters Johann Christian Günther nebst einem Anhange, welcher die wichtigsten handschriftlichen Inedita der Breslauer Stadtbibliothek enthält. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1879 (Digitalisat im Internet Archive)
Zur Dämmerzeit. Gedichte. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1881
(unter dem Pseudonym Jeremias Deutlich:) Gereimtes und Ungereimtes. Skizzen und Epigramme. Freund und Jeckel, Berlin 1885
Johannes Brahms. 4 Bände (8 Halbbände), 1904–1914; Faksimile-Nachdruck: Schneider, Tutzing 1976 (Volltext bei zeno.org)
Paul Heyse. Aus der Geschichte einer Freundschaft. Zu Heyses 80. Geburtstage (15. März 1910). In: Westermanns Monatshefte, Jg. 54, Bd. 108/1, Heft 643 (April 1910), S. 113–125 (Digitalisat im Internet Archive)
Karl Kraus: Der Fall Kalbeck. In: Die Fackel, 9, 1904, Nr. 158, S. 1–13.
Piotr Szalsza, Romuald Kaczmarek (Hrsg.): Max Kalbeck – Ein Wiener aus Breslau. Beiträge zu Leben und Werk. Polnisch/deutsch. Atut, Wrocław / Neisse Verlag, Dresden 2006, ISBN 978-3-934038-68-4.
Uwe Harten (Hrsg.): Max Kalbeck zum 150. Geburtstag. Skizzen einer Persönlichkeit. Breslau, 4. Jänner 1850 – Wien, 4. Mai 1921. Symposion Wien • 21.–24. Mai 2000; Bericht. Schneider, Tutzing 2007, ISBN 978-3-7952-1236-0.
Johanna Giel: Schlesien als Thema von Max Kalbecks Feuilleton-Artikeln aus seiner Wiener Zeit. In: Krzysztof Huszcua / Edward Bialek (Hrsg.): Schlesisch-österreichische Kulturbeziehungen vom Barockzeitalter bis zur Gegenwart. Literatur – Theater – Politik. Harrassowitz, Wiesbaden 2023, ISBN 978-3-447-12061-6, S. 97–114.
Agnieszka Zakrzewska-Szostek: Max Kalbeck – „ein Wiener aus Breslau“ in den Forschungen polnischer Wissenschaftler. In: Krzysztof Huszcua / Edward Bialek (Hrsg.): Schlesisch-österreichische Kulturbeziehungen vom Barockzeitalter bis zur Gegenwart. Literatur – Theater – Politik. Harrassowitz, Wiesbaden 2023, ISBN 978-3-447-12061-6, S. 115–124.
Quellen
oeml (Oesterreichisches Musiklexikon)
DBE (Deutsche Biographische Enzyklopädie)
Jahresbericht 1869 des Gymnasiums St. Maria Magdalena in Breslau