Marianne Weisl war die Tochter des nobilitierten Juristen Ernst Franz von Weisl und hatte den mosaischen Glauben. Sie erhielt Privatunterricht und legte zweimal jährlich die Semesterprüfung an einem Wiener Knabengymnasium ab, wo sie auch 1908 maturierte. Im Jahr 1911 heiratete sie den Berliner Religionswissenschaftler Karl Beth und konvertierte im Zuge dessen zum protestantischen Glauben.
Da sie als Frau vorerst zum Rechtsstudium nicht zugelassen wurde, studierte sie Orientalistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien und wurde 1912 Dr. phil.[1] Nach dem Ersten Weltkrieg studierte sie ab 1919 Rechtswissenschaft und promovierte im Jahr 1921 als erste Österreicherin zum Dr. jur. 1921 vollendete sie ihre juristische Ausbildung durch Gerichtspraxis und trat 1922 in die Kanzlei ihres Vaters ein. Parallel legte sie die Staatsprüfung in Englisch ab und wurde daraufhin als Gerichtsdolmetscherin am Oberlandesgericht Wien zugelassen. Ab 1929 war Beth als erste eingetragene Rechtsanwältin in Wien tätig.
Zudem schrieb sie Handbücher wie Neues Eherecht und Das Recht der Frau.[2]
Nachdem sie im Dezember 1938 als konvertierte Jüdin aus der Rechtsanwaltsliste gelöscht wurde, flüchtete sie noch im selben Monat in die USA. Von 1939 bis 1942 lehrte sie Soziologie und Deutsch am Reed College in Portland (Oregon). Danach arbeitete sie in einem Mädchenkinderheim und war Mitarbeiterin mehrerer soziologischer und sozialpsychologischer Fachzeitschriften.
1944 wurde sie US-amerikanische Staatsbürgerin. Ab dem Jahr 1955 war sie stellvertretende Leiterin am Universal Translation Bureau in Chicago tätig und wechselte danach in die Ölindustrie.[2]
Marianne Beth Preis
2021 wurde der „Marianne Beth Preis – Preis zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in Österreich“ vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag gestiftet. Erste Preisträgerin wurde 2022 Helene Klaar, eine Rechtsanwältin für Scheidungsrecht.[4]
Auszeichnungen
1930: Preis der Kant-Gesellschaft Berlin Kant-Preis für eine Studie zur Psychologie des Glaubens[5]
Schriften
Neues Eherecht. Eine rechtsvergleichende Studie mit besonderer Berücksichtigung der Gesetzgebung von Deutschland, der Schweiz, Österreich u. a. M. Breitenstein, Wien / Leipzig 1925, DNB578874237.
Dr. jur. et phil. Marianne Beth, Advokatin, Wien. In: Führende Frauen Europas. In 16 Selbstschilderungen. E. Reinhardt, München 1928, DNB365855219, S.94–115.Inhaltsverzeichnis
Das Recht der Frau. Staatsdruckerei, Wien 1931, DNB572359055.
Edith Leisch-Prost: Beth, Marianne. In: Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hrsg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2002, ISBN 3-205-99467-1, S. 63–64.
Ilse Reiter-Zatloukal und Barbara Sauer: Die Pionierinnen der österreichischen Rechtsanwaltschaft. In: Österreichisches Anwaltsblatt, 2013/03, S. 109–112.
Hartmut Ludwig, Eberhard Röhm: Evangelisch getauft – als «Juden» verfolgt. Calwer Verlag, Stuttgart 2014, S. 54–55
Dietmar Goltschnigg (Hg.): Marianne Beth. Frauenrechtlerin, Friedensaktivistin und Universalgelehrte, Böhlau, Wien/Köln 2023, ISBN 978-3-205-21684-1.
Beth, Marianne, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Bd. 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur 1980, S. 60