Margaret Cavendish, Duchess of Newcastle (geborene Lucas; * 1623; † 15. Dezember1673), war eine englische Adlige, Schriftstellerin, Philosophin und Wissenschaftlerin.
Ab 1651, dem Jahr ihrer Rückkehr nach England, wirkte Cavendish als Dichterin, Philosophin, Essayistin und Dramatikerin. Zu einer Zeit, in der die meisten Frauen anonym publizierten, veröffentlichte Cavendish ihre Arbeiten unter ihrem eigenen Namen. Ihre Veröffentlichungen befassten sich mit einer großen Anzahl von Themen, unter anderem Geschlechter- und Machtfragen sowie korrektes Benehmen. Weitere Veröffentlichungen widmeten sich dem damals absolut durch Männer dominierten Feld der Naturphilosophie. Cavendish wurde wiederholt als eine Autorin gewürdigt und kritisiert, die einen entscheidenden Einfluss auf das Werk anderer nachfolgender Frauen hatte. Samuel Pepys nannte sie „verrückt, eingebildet und lächerlich.“
Als Naturphilosophin lehnte Cavendish die mechanistische Philosophie des 17. Jahrhunderts ebenso ab wie die auf Aristoteles zurückzuführende herrschende Meinung in der Philosophie ihrer Zeit. Sie entwickelte ein Gegenmodell zur vorherrschenden Philosophie, nach dem die Natur ein zu komplexes System ist, als dass es sich allein durch mechanische Gesetze erklären ließe. Sie bezog sich bei ihrem Verständnis des aus unvergänglicher Materie und leerem Raum bestehenden Universums auf Epikur. Die Materie bestehe aus kleinsten, unteilbaren Teilchen, den Atomen, die durch Kontakt zueinander die Gegenstände der sinnlich wahrnehmbaren Welt bilden. Die Materie kann sich nach Cavendish immer wieder neu zusammenfügen, und so sei der Weltprozess ewig. Sie beschrieb auch die Herausbildung beseelter Materie, die aus eigener Kraft, ohne Eingreifen eines Gottes, Gegenstände formen und erschaffen könne. Ihre Philosophie bedeutet eine Zurückweisung der Schöpfungsgeschichte und brachte ihr den damals schwerwiegenden Vorwurf des Atheismus ein.[1] Cavendish war eine unorthodoxe und mutige Intellektuelle. Dorothy Osborne äußerte sich in einem veröffentlichten Brief, nachdem sie ein Buch der Herzogin gelesen hatte, dass sie „sicher war, dass es in Bedlam nüchternere Menschen gibt“.[2]
Cavendish kritisierte die Theorien bedeutender Mitglieder der Royal Society – zum Beispiel indem sie die Erkenntnisse aus der Mikroskopie als unzuverlässig abtat, welche die Welt verzerren anstatt sie zu erklären, womit sie die menschliche Wahrnehmung als normativ herausstellte[3] – und setzte sich mit diesen ebenso auseinander wie mit den Naturphilosophen Thomas Hobbes, René Descartes und Robert Boyle. Heute gilt sie als erste einer ganzen Reihe von „scientific ladies“, die im 17. und 18. Jahrhundert wissenschaftliche Beiträge leisteten.
Durch ihren Roman The Blazing World, in dem eine ungenannte Erzählerin über den Nordpol in eine fremdartige Welt gelangt, gilt sie als erste weibliche Science-Fiction-Autorin.[4]
Werke
Cavendish veröffentlichte zwischen 1653 und 1671 zahlreiche literarische und wissenschaftliche Titel, Theaterstücke und auch relevante Briefwechsel
Poems and Fancies (1653)
Philosophical Fancies (1653)
World's Olio (1655)
The Philosophical and Physical Opinions. 1655 (Digitalisat).
Nature's Pictures drawn by Fancies Pencil to the Life (1656)
A True Relation of my Birth, Breeding, and Life (1656)
Deutsch: Margaret Cavendish: Die gleißende Welt. Übers. und mit einem Nachwort versehen von Virginia Richter. Scaneg Verlag, München 2001 (Scasimile; 2), ISBN 978-3-89235-252-5.
Life, a biography of William Cavendish (1667)
Plays Never Before Published (1668)
Grounds of Natural Philosophy (1668)
The Convent of Pleasure (1668)
Moderne Werkausgaben
Alexandra G. Bennett (Hrsg.): Bell in Campo and The Sociable Companions. Broadview Press, Peterborough (Ontario) 2002.
Anne Thell (Hrsg.): Grounds of Natural Philosophy. Broadview Press, Peterborough (Ontario) 2020.
David Cunning (Hrsg.): Margaret Cavendish: Essential Writings. Oxford University Press, Oxford 2019.
Susan James (Hrsg.): Margaret Cavendish: Political Writings. Cambridge University Press, Cambridge 2003.
Eileen O’Neill (Hrsg.): Observations upon Experimental Philosophy. Cambridge University Press, New York 2001.
Gwendolyn Marshall (Hrsg.): Observations upon Experimental Philosophy, abridged. Hackett Publishing, Indianapolis 2016.
Sylvia Bowerbank, Sara Mendelson (Hrsg.): Paper Bodies: A Margaret Cavendish Reader. Broadview Press, Peterborough (Ontario) 2000.
Deborah Boyle (Hrsg.): Philosophical Letters, abridged. Hackett Publishing, Indianapolis 2021.
Brandie Siegfried (Hrsg.): Poems and Fancies, with the Animal Parliament. Iter Press, Abingdon 2018.
James Fitzmaurice (Hrsg.): Sociable Letters. Broadview Press, Peterborough (Ontario) 2004.
Kate Lilley (Hrsg.): The Description of a New World Called The Blazing World And Other Writings. William Pickering, London 1992.
Anne Shaver (Hrsg.): The Convent of Pleasure and Other Plays. The Johns Hopkins Press, Baltimore 1999.
Sylvia Bowerbank, Sara Mendelson (Hrsg.), Paper Bodies: A Margaret Cavendish Reader. Broadview, Peterborough 2000, ISBN 978-1-55111-173-5.
Margaret Cavendish: Observations upon Experimental Philosophy. Hrsg. Eileen O’Neill. Cambridge University Press, New York u. a. 2001, ISBN 0-521-77204-4.
Line Cottegnies, Nancy Weitz (Hrsg.): Authorial Conquests. Essays on Genre in the Writings of Margaret Cavendish. Fairleigh Dickinson University Press, Cranbury 2003, ISBN 0-8386-3983-6.
Lara A. Dodds: The Literary Invention of Margaret Cavendish. Pennsylvania State University Press, University Park 2013, ISBN 978-0-8207-0465-4.
Lisa Walters, Brandie R. Siegfried: Margaret Cavendish, an interdisciplinary perspective. Cambridge University Press, Cambridge, New York 2022, ISBN 978-1-108-74843-8.
Katie Whitaker: Mad Madge. The Extraordinary Life of Margaret Cavendish, Duchess of Newcastle, the First Woman to Live by Her Pen. Basic Books, New York 2002, ISBN 0-465-09161-X.
Karen Raber: Dramatic difference. Gender, class, and genre in the early modern closet drama. University of Delaware Press, Newark 2001, ISBN 978-1-61149-204-0.
Aufsätze
Dolores Paloma: Margaret Cavendish: Defining the female self. In: Women's Studies 1980 7.