Ein Durchbruch gelang dem jungen Künstler mit der Ausführung des Porträts von Fritz de Quervain, Direktor des Berner Inselspitals. Für die Schweizerische Landesausstellung von 1939 in Zürich schuf er die Figur Narziss, die jetzt vor dem Berner Staatsarchiv steht, und für die Berner Feuerwehrkaserne das Relief Florian und sein Engel.[3] Es folgten weitere Aufträge für öffentliche Bauten und Kirchen, grosse figurative und später abstrakte Kompositionen in Stein, Holz, Bronze, Aluminium und Stahl.
Fred Zaugg schrieb 2011: „Viele begegnen seinen Figuren täglich. […] Das Schaffen von Marcel Perincioli befindet sich weniger in Museen als draussen in der Stadt, in der Agglomeration und weit darüber hinaus in unseren Lebensräumen.“[4]
Perincioli schuf für die Berner Nydeggkirche zwei Bronzetüren, Glockenreliefs in Gümligen, Kanzel, Abendmahlstisch und Taufstein der Chapelle Romande in Thun und der Stephanuskirche im Spiegel, Bronzereliefs an der Kirche Bern-Bethlehem, abstrakte Plastik beim Kirchgemeindehaus Bolligen und eine Engelsfigur für den Schosshaldenfriedhof, als Teil der Friedhofsgestaltung:
„Die schiere Grösse der Skulptur, aber auch die Formensprache und der Ausdruck lassen keinen Zweifel offen: Das ist keine niedliche Engelsgestalt, sondern eine kraftvolle Figur mit festem Stand – verbunden mit dem Irdischen, aber dennoch erhaben. Die fliessenden Linien – die Verschmelzung von Körper und Gewand – nehmen dem Engel die Strenge und lassen ihn freundlich wirken. Seine Arme sind schützend und willkommen heissend ausgestreckt …“[5]
Fred Zaugg sieht die Bronzetüren der Nydeggkirche als zentral im Schaffen des Bildhauers, der auch selbst zu diesem Werk gesagt habe, „ … es sei eines seiner wichtigsten. Vielleicht darum, weil er hier am alten Sakralbau seine unverwechselbare bildhauerische Sprache mit der alten Konstruktionsform der Kassetten konfrontierte und verband. Er schlug damit einen Bogen von der Gegenwart bis in die Renaissance, ja bis ins Mittelalter. Die andere, für die ganze Philosophie des Künstlers bezeichnende Brücke verbindet ihn mit der Antike, mit der Mythologie.“[6]
Immer wieder widmete sich Perincioli dem Menschen in Bewegung: Läufergruppen, Speerwerfer, und als Kleinplastiken Tänzerinnen.
Johanna Strübin Rindisbacher schrieb:
„Perincioli ist dem Ausdruck von – äusserer und innerer – Bewegung verpflichtet. Beweglichkeit und Offenheit prägen auch seine künstlerische Haltung. Er reflektiert in seinem Werk Ausdrucksweisen von Germaine Richier bis Henry Moore. Anfänglich arbeitet er vor allem in Stein, dann zunehmend in Bronze. Heute modelliert er die Vorlagen direkt in Wachs. Nach Kriegsende wendet er sich unter dem Eindruck der funktionalistischen Architektur auch ungegenständlichen Kompositionen zu, unter anderem in Holz. Seine bevorzugten Themen sind aber bis heute Läufer, Tänzerinnen und Speerwerfer als Einzelfiguren oder als Gruppen, neuerdings auch Pferdestudien. Kraftvoll-expressive Monumentalwerke (Speerwerfer, 1964, Bern, Haus des Sports; Engel, 1959, Bern, Schosshaldenfriedhof) stehen neben bewegten feingliedrigen Kleinplastiken (Tänzerinnen, 1960er bis 1980er Jahre). In einigen seiner Kleinbronzen, etwa in Frau am Fenster (1962) und in der Werkgruppe Joie de vivre (1972), hält Perincioli zauberhafte Augenblicke sinnlicher Faszination fest. Die figürlichen und abstrakten Kleinplastiken haben eine spielerische und einige auch eine poetische Qualität (Schlüsselmannli, 1966; Septett, 1965). Seine Zeichnungen zu figürlichen Motiven spiegeln das Tempo der Niederschrift und die Unmittelbarkeit des Ausdrucks.“[7]
Fred Zaugg hebt die humanistischen Anliegen des Künstlers hervor: «Das letzte Werk Marcel Perinciolis heisst ‹Liberté›, seine ‹Flüchtlingsgruppe› steht im IKRK in Genf, und sein Herz gehörte den Behinderten und Bedrängten ebenso wie den Tanzenden und den Athleten.»[8]
Von 1961 bis 1966 amtierte Perincioli als Zentralpräsident der Gesellschaft der Schweizer Maler, Bildhauer und Architekten (GSMBA).[9] In dieser Zeit förderte er explizit den Zugang von Künstlerinnen in diese Vereinigung. Er erwirkte zudem für die Bildhauer die Möglichkeit, bei Kleinplastiken eine Serie von bis zu sechs Original-Abgüssen machen zu können.
2004 gründete er zusammen mit seinen Kindern die „Stiftung Hélène und Marcel Perincioli-Jörns“, die mit Stipendien junge Künstler (speziell Tanz und Musik) unterstützt.
1947, 1948 und 1953 erhielt Perincioli Kunstpreise der Stadt Bern für Komposition, Portrait und Leichtathletik;
1959, 1966 und 1967 Goldmedaillen für Sportplastik, für kirchliche Kunst (Seconda Mostra internationale d’Arte Sacra Triest) und an der XVIII. Mostra del Fiorino in Florenz;
1969 Medaille an der 2. Internationalen Biennale des Sportes in der Kunst in Madrid.
Dem Grab Marcel Perinciolis auf dem Berner Schosshaldenfriedhof – in dem auch seine Ehefrau Hélène Perincioli mit bestattet ist – wurde von der Stadt Bern der Status eines «Persönlichkeitsgrabes» verliehen.[10]
M. Perincioli, W. Fries, J. Latour: Les 100 ans de la Société des Peintres Sculpteurs et Architectes suisses /100 Jahre Gesellschaft Schweizerischer Maler Bildhauer und Architekten. Aarau (GSMBA) 1965.
Alfred Scheidegger, Marcel Perincioli: Perincioli. Bern 1969.
Alexander Müllegg, Marcel Perincioli: Marcel Perincioli. Katalog zur Ausstellung im Thunerhof 22. Febr.-30. März 1969, Thun (Kunstsammlung) 1969.
Marcel Perincioli: Aufzeichnungen. Bern 1986.
Hans Christoph von Tavel, Max von Mühlenen: Marcel Perincioli. Bern 1990, ISBN 3-7272-9521-X.
↑Fred Zaugg: Bronzene Begleiter – selbst Narziss ist dabei. In: Der Bund. Bern 14. Juni 2011 (perincioli.ch [PDF; 871kB; abgerufen am 28. März 2018]).
↑Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün, Stadtgrün Bern (Hrsg.): Der Schosshaldenfriedhof. Ein Spaziergang mit Geschichten, Bern (Schweiz) 2017, S. 19. Auf S. 20 dazu auch ein Foto "Der grosse Engel von Perincioli wird von der Feuerwehr versetzt, 1964". Der Sitzende Athlet ist auf dem Cover der Veröffentlichung abgebildet, der Namensartikel zu Perincioli findet sich auf S. 22. Download der vollständigen Broschüre unter [1]
↑Fred Zaugg: Bronzene Begleiter – selbst Narziss ist dabei. In: Der Bund. Bern, 14. Juni 2011.
↑vgl. Esther Diener-Morscher: Die Stadt Bern lässt berühmten Leuten auf dem Friedhof ihre Ruhe. In: bernerzeitung.ch. 20. Mai 2014, abgerufen am 11. Oktober 2021 (Anmeldung erforderlich): „Die Kriterien sind streng: Der Nachwelt erhalten bleiben Grabmäler nur, wenn es das Grab einer Persönlichkeit ist, ‚die in ihrem Lebenswerk Aussergewöhnliches geleistet hat‘.“