Die Bibliothek wurde seit 1756 durch den auf Empfehlung Voltaires eingestellten Hofbibliothekar Nicolas Maillot de la Treille konsequent ausgebaut, dies geschah auch durch Ankäufe ganzer Bibliotheken. Dazu zählte die Privatbibliothek des katholischen KontroverstheologenJohann Nikolaus Weislinger mit mehr als 5000 Drucken. Nach Auflösung der Jesuitenkollegien in Frankreich kamen seit 1765 Werke aus deren Bibliotheken, wie beispielsweise aus dem Molsheimer Kolleg nach Mannheim. Neun Jahre später folgten Bücher aus den aufgelösten deutschen Kollegien des Ordens, später auch die bedeutende Bibliothek des Mannheimer Barfüßerklosters. Seit 1763 war die Bibliothek auch für kurpfälzische und auswärtige Gelehrte dienstags, mittwochs und freitags geöffnet.
Etwa 600 Dubletten der Mannheimer Bibliothek gingen um 1760 an die Bibliothek der Universität Heidelberg. Die 1770 von Carl Theodor gegründete Kurfürstliche öffentliche Bibliotheque in der Residenzstadt Düsseldorf erhielt in den Anfangsjahren ebenfalls Dubletten aus Mannheim.
Bis 1776 war die Bibliothek auf 36.000 Werke angewachsen. Auch nach dem Weggang Carl Theodors nach München als Kurfürst von Pfalz-Baiern wurde der Bücherbestand weiter ausgebaut, jedoch sparte man an Einband und Buchschmuck. Für Zuwachs sorgten auch die Raubdrucke der kurpfälzischen Buchdrucker in Frankenthal und Mannheim, sowie die modernen Ausgaben lateinischer Klassiker der Societas Litterata von Anton Klein in Mannheim, die mit denen der „Editiones Bipontinae“ aus Zweibrücken im Wettbewerb standen.
1785 wurde Andreas Lamey Hofbibliothekar. Ein weiterer Hofbibliothekar war ab 1788 Karl Theodor von Traitteur. Bis 1799 soll die Hofbibliothek auf etwa 85.000 Bände angewachsen sein. 1791 wurde das Schloss als Residenz aufgelöst. Die Bibliothek wurde wegen der Revolutionskriege im Keller eingelagert und im Sommer 1803 nach München überführt. Dort kamen die Bestände in die Königliche Hof- und Centralbibliothek zu München (heute: Bayerische Staatsbibliothek). In Mannheim verblieb ein Restbestand von knapp 3000 Bänden, der sich heute in der Universitätsbibliothek im Mannheimer Schloss befindet.
Zeitgenössisches Urteil
Für den bayerischen Hofbibliothekar Andreas Felix von Oefele galt die Mannheimer Büchersammlung bereits 1763 als Nachfolgerin der 1623 nach Rom gelangten Heidelberger Bibliotheca Palatina. Positiv und beeindruckt zeigten sich Philipp Wilhelm Gercken, Christian Friedrich Daniel Schubart und Sophie von La Roche, jedoch wurden wiederholt die Verluste durch den Dreißigjährigen Krieg bedauert. Schubart schrieb: Die Bibliothek hat ein sehr schönes äusserliches Ansehen. Gleich beim Eintritt figurirt das marmorne Brustbild Voltaers, als wär' er der Gott, der über alle Weisheit zu präsidieren verdiente. Die Buechersammlung besteht mehrenteils aus gedrukten, meist neuen Schriften, wenig Seltenheiten, noch weniger Manuskripten. Im historischen Fache ist sie, wie ich aus dem geschriebenen Verzeichnisse sah, ziemlich vollständig.
Buchgestaltung
Die Werke der Hofbibliothek wurden meist neugebunden und mit Marmorpapieren, goldgeprägten Lederrücken oder Ganzledereinbänden ausgestattet. Diese erhielten Supralibros mit dem Wappen Carl Theodors, das den Bänden in Gold aufgeprägt wurde. Nach 1778 ist es das pfalz-bayerische Wappen. Seltener ist die Rückenbeschriftung mit dem Monogramm B.P. für Bibliotheca Palatina. Anstelle von Marmorpapieren findet auch bunt bedrucktes Papier mit Vogelmotiven im Vorsatz.
Nach 1779 werden die Vorsatzpapiere nüchterner und zur Revolutionszeit 1789 ist der Buchschmuck „noch mehr gebändigt“.
Die Universitätsbibliothek Heidelberg besitzt aus der gleichen Provenienz Teile zweier Exemplare des Missale Augustanum von 1489, sowie ein Fragment des Missale Ratisbonense von 1485, gedruckt von Johann Sensenschmidt und Johannes Beckenhaub.
Diana Rahm: Von der Residenz zur romantischen Provinz. In: Armin Schlechter (Hrsg.): Kostbarkeiten gesammelter Geschichte. Heidelberg und die Pfalz in Zeugnissen der Universitätsbibliothek. Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0862-6 (= Schriften der Universitätsbibliothek Heidelberg, Band 1). S. 83ff.
Kathrin Ellwardt: Die Sammlungen am kurfürstlichen Hof. In: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (Hrsg.): Barockschloss Mannheim: Krone der Kurpfalz; Geschichte und Ausstattung. Petersberg 2007. S. 71–74.
Ferdinand Werner: Die Kurfürstliche Residenz zu Mannheim. Worms 2006. S. 281–311.
Elisabeth Remak-Honnef, Hermann Hauke: Die Handschriften der ehemaligen Mannheimer Hofbibliothek Clm 10001-10930, ausgenommen die Codices Lullani (CLm 10493-10658) und die Sammlung Camerarius (Clm 10351-10431). In: 4. Series nova: Katalog der lateinischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek. Wiesbaden, Harrassowitz 1991. ISBN 978-3-447-03167-7.