Ein Lutherfilm ist ein Film, der sich mit dem Leben und Wirken Martin Luthers beschäftigt. Im engeren Sinne sind damit Spielfilme einschließlich Fernsehfilme, die sich mit Luthers Biographie beschäftigen, gemeint. Im erweiterten Sinne gehören aber auch Dokumentarfilme wie beispielsweise Curt OertelsDer gehorsame Rebell zu den Lutherfilmen.
Schon in Stummfilmtagen wurden mehrere Spielfilme über den Reformator produziert. Der erste entstand im Jahre 1911. Er hieß Doktor Martinus Luther und hatte eine Spiellänge von ungefähr 20 Minuten. 1913, 1923 und 1927[1] wurden weitere Lutherstummfilme veröffentlicht, die beiden letzten mit kirchlicher Unterstützung.[2] Eine 1931 geplante Lutherfilmserie wurde nie realisiert. Der Autor der Serie sollte Carl Leyst-Küchenmeister sein.[3] Nach 1933 ist nur im Film Das unsterbliche Herz eine kurze filmische Darstellung Luthers zu finden, die von der damaligen Zeit beeinflusst war.
Produktionen nach 1945
Erst 1952 wurde Der gehorsame Rebell von Curt Oertel inszeniert. Im Jahr darauf folgte der ebenfalls noch in schwarz-weiß gedrehte FilmMartin Luther von Irving Pichel, der ebenso von US-amerikanischen Lutheranern finanziert wurde. Der Lutherspielfilm war die erste amerikanisch-deutsche Koproduktion nach dem Krieg. 1956 wurde dann jedoch in der DDR der Film Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte, ein regelrechter Anti-Lutherfilm, veröffentlicht[4], der insbesondere in der BRD auf Kritik stieß. Der erste Luther-Farbfilm war wohl 1968 der US-Spielfilm Luther.
Im Jahr 1983 – zum Anlass des 500. Geburtstag Martin Luthers – wurden neben zahlreichen Dokumentationen zu Luther auch weitere Spielfilme produziert, beispielsweise Rainer WolffhardtsMartin Luther. Auch die DDR versuchte mit höchster Intensität, Martin Luther ins sozialistische Geschichtsbild zu integrieren.[5] Die geplante Produktion eines Kinofilms namens Martin Luther nach einer Buchvorlage von Helga Schütz wurde zwar frühzeitig abgebrochen, aber Kurt Veths Fernsehproduktion Martin Luther, mit einer Gesamtspielzeit von 450 Minuten, wurde realisiert. Nach dieser kleinen Hochkonjunktur des Genres und mit dem Ende des Kalten Krieges wurden weniger Lutherfilme produziert. Im Jahr 2003 wurde schließlich der jüngste Lutherspielfilm Luther veröffentlicht, der erneut eine amerikanisch-deutsche Koproduktion darstellt. In der Folgezeit entstanden auch wieder vermehrt Dokumentationen. Die DVD-Veröffentlichung des Lutherspielfilms von 2003 enthielt auch einen Audiokommentar der Produzentin Brigitte Rochow und des Produktionsdesigners Rolf Zehetbauer. In besagten Kommentar dachte die Produzentin offen über eine weitere Verfilmung nach, in der jedoch stärker das Leben von Luthers Ehefrau, Katharina von Bora im Zentrum stehen sollte. Eine solche Verfilmung wurde jedoch nie von ihr realisiert. Erst 2016 wurde ein solcher Ansatz im Hinblick zum Reformationsjubiläum 2017 verwirklicht. Der Spielfilm „Katharina Luther“ wurde erstmals am 22. Februar 2017 im Abendprogramm der ARD gesendet, anschließend die Dokumentation Luther und die Frauen.
Einordnung
Im Laufe der Zeit sind mehr als zehn Spielfilme und eine fast unzählbare Anzahl von Dokumentationen entstanden und verkörpern unterschiedliche Prägungen. Stark vereinfacht sind die Filme nach evangelischer, katholischer und nach links-intellektueller kommunistischer Prägung klassifizierbar. Weitere Nuancen und Varianten sind darüber hinaus erkennbar. So ist die Motivation der einzelnen Beteiligten nicht allein von der Publikumsnachfrage, sondern auch von der inneren Überzeugung geleitet. Viele der genannten Produktionen sind mit Unterstützung von evangelischer Seite entstanden, erkennbar zum Beispiel an der Beteiligung der Eikon. Einige Lutherfilme waren so auch kein geschäftlicher Erfolg, beispielsweise der Stummfilm von 1923, ähnliches galt für die Stummfilmproduktion von 1927.[6]Alexandre Astruc, Drehbuchautor zum Lutherfilm Bruder Martin erklärte beispielsweise, auf die Frage, woher sein Interesse für die Figur Martin Luther, und somit seine Motivation bei der Beteiligung an einem Lutherfilmprojekt, stamme: [...] Was mich vor allem an diesem Stoff fasziniert, ist das bahnbrechend Neue im Geistigen, das mit Martin Luther in die Welt getreten ist. [...].[7]
Übersicht über die Lutherspielfilme und Lutherfernsehfilme
Kari Tikka veröffentlichte im Jahr 2000 eine Oper namens Luther. Sie wurde ebenfalls verfilmt. Die musikalische Verfilmung, die man wohl ebenfalls zu den Lutherfilmen zählen müsste, lässt sich nicht in die erwähnte Unterteilung, Spielfilm und Dokumentation, einordnen.
Filme, in denen Luther zwar vorkommt, bei denen er aber im Verhältnis nur eine Randfigur darstellt, beispielsweise in Michael Kohlhaas – der Rebell, gelten nicht als Lutherfilme.
Zum 450. Todestag Luthers im Jahr 1996 wurde auf ARTE, im Rahmen eines Themenabends zu Martin Luther[9], erstmals die 30-minütige Dokumentation Lutherbilder von Dietmar Buchmann gesendet.[10] Der besagte Film beschäftigt sich mit dem Wandel, aber auch mit dem Missbrauch, des Bildes Luthers, im Laufe der Zeit.[11] Es werden Bilder von Lucas Cranach dem Älteren wie auch von Lucas Cranach dem Jüngeren gezeigt. Schwerpunktmäßig behandelt der Film jedoch Luthers Darstellung im Film. Hierbei werden Ausschnitte aus den Lutherfilmen Luther – Ein Film der deutschen Reformation (1928), Martin Luther (1953), Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte (DDR 1956), Der arme Mann Luther (1965) und Martin Luther (DDR 1983) gezeigt. Prof. Alfred Grosser und Friedrich Schorlemmer werden als Fachleute interviewt.
Ein ähnlicher Film entstand 2003 unter dem Namen Filmstar Martin Luther. Der 15-minütige Film enthält Ausschnitte aus Die Wittenberger Nachtigall (1913) (beziehungsweise: Doktor Martin Luther. Ein Lebensbild fürs deutsche Volk), Luther – Ein Film der deutschen Reformation (1928), Martin Luther (1953), Der arme Mann Luther (1965), Der Reformator (1968), Bruder Martin (1981), Martin Luther (BRD 1983) sowie Martin Luther (DDR 1983). Der Film wurde bisher nicht im Fernsehen gesendet. Er wird nur im Rahmen der Museumspädagogik im Raum Sachsen-Anhalt gezeigt.[12]
Die GeschichtsserienWir Deutschen und Die Deutschen[13] enthalten ebenfalls Folgen, die sich schwerpunktmäßig mit Martin Luther beschäftigen. In der Serie Mitten Europa beschäftigen sich die Folgen acht, neun und zehn im erheblichen Maße mit Martin Luthers Leben. Die Fernsehserie 2000 Jahre Christentum, die sich mit der Geschichte des Christentums beschäftigt, behandelt im siebten Teil Luthers Wirken.
Humoristische Darstellungen wie beispielsweise in Meeting of Minds, im Fußballspiel der Philosophen[14] oder auch in den Adventures of Martin Luther aus Der Sinn des Lebens schafften es bisher nicht auf Spielfilmlänge oder konzentrierten sich in ihrer Darbietung nicht auf Martin Luther.
Einzelnachweise und Anmerkungen
↑Esther Pia Wipfler merkt zu diesem Film an, dass dieser Film im Dienst der nationalprotestantischen Propaganda gestanden habe. Vgl. E. P. Wipfler: Luther im Stummfilm: Zum Wandel protestantischer Mentalität im Spiegel der Filmgeschichte bis 1930. In: Archiv für Reformationsgeschichte, Bd. 98, 2007, Seite 183 ff. und Seite 197
↑Vgl. E. P. Wipfler: Luther im Stummfilm: Zum Wandel protestantischer Mentalität im Spiegel der Filmgeschichte bis 1930. In: Archiv für Reformationsgeschichte, Bd. 98, 2007, Seite 195
↑Jäschke, Wolfgang: Martin Luther. Reformator - Ketzer - Nationalheld?. München, 1983: ISBN 3-442-06443-0
↑Robert Walinski-Kiehl: History, Politics and East German Film: The Thomas Müntzer (1956) Socialistic Epic. In: Central European history : CEH. Band 39, S. 31 f.
↑Zur Finanzierung des Films hatten die Macher des Films im Vorfeld Aufrufe zur Zeichnung von Anteilsscheinen verbreitet. Doch nachdem der Film fertiggestellt und in die Kinos gebracht worden war, wurde das Geld nicht zurückgezahlt, und es wurden auch keine Zinsen ausgeschüttet. Begründet wurde dies damit, dass die Einnahmen nicht die Herstellungskosten gedeckt hätten. Vgl. E. P. Wipfler: Luther im Stummfilm: Zum Wandel protestantischer Mentalität im Spiegel der Filmgeschichte bis 1930. In: Archiv für Reformationsgeschichte, Bd. 98, 2007, S. 182 f.
↑Wolfgang Jäschke: Martin Luther. Reformator - Ketzer - Nationalheld?. München, 1983, S. 152.
↑In der Dokumentation wurden äußerst viele Ausschnitte aus dem Spielfilm Luther aus dem Jahr 2003 verwendet und der Inhalt orientiert sich ebenfalls an diesem.
↑Der Themenabend trug den Namen: Rebell und Gottesmann – Martin Luther – Ein Vermächtnis für Europa
↑Die Intention des Films wird in den ersten Minuten mit den Worten: „Dieser Film will zeigen wie das Bild Luthers verehrt und verklärt, benutzt und zweckentfremendet wurde.“ beschrieben.
↑Luther ist in der ursprünglichen Fassung nicht zu sehen. Es wird nur von ihm gesprochen.
Literatur
Esther P. Wipfler: Martin Luther in Motion Pictures: History of a Metamorphosis, Vandenhoeck & Ruprecht (2011)
Esther P. Wipfler: Luther im Stummfilm. Zum Wandel protestantischer Mentalität im Spiegel der Filmgeschichte bis 1930. In: Archiv für Reformationsgeschichte, Bd. 98 (2007), S. 167–198, ISSN0003-9381.
Johannes Horstmann: Zum Wandel des Luther-Bildes in der Geschichtsschreibung und im Film, Katholische Akademie Schwerte (1983)
Margret Trapmann, Fritz Hufen (Hrsg.): Martin Luther. Reformator, Ketzer, Nationalheld? Texte, Bilder, Dokumente in ARD und ZDF. Goldmann, München 1983, ISBN 3-442-06443-0.
Werner Hess: Martin Luther. Eine Einführung in sein Leben mit Bildern aus dem Dokumentarfilm "Der gehorsame Rebell" von Curt Oertel und dem von der Lutheran Church Production und der Louis de Rochemont Associates New York hergestellten Spielfilm "Martin Luther". Stuttgart: Evang. Verl.-Werk, 1954