Der Begriff Langwellenrundfunk bezeichnet den Rund- bzw. Hörfunk im Langwellenband. Hierfür ist der Frequenzbereich zwischen 148,5 kHz und 283,5 kHz vorgesehen. Er dient heute überwiegend zur terrestrischen Ausstrahlung von nationalen Hörfunkprogrammen über die Landesgrenzen hinaus, daneben auch wie der Kurzwellenrundfunk zur Verbreitung fremdsprachiger Programme für Hörer in anderen Ländern. Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wird kein Hörfunkprogramm mehr im Langwellenband abgestrahlt. Zum Jahreswechsel 2014/2015 wurden, abgesehen vom erst am 31. Dezember 2019 abgeschalteten französischsprachigen Europe 1, letzte Sender abgeschaltet.
Ein Vorteil der Langwelle ist die große Reichweite der Bodenwelle (bis über 1000 km), sodass mit einem einzigen Sender große Flächen mit einem stabilen Signal versorgt werden können. Hierbei werden oft sehr leistungsstarke Sender eingesetzt (bis zu 2000 kW). Raumwellenausbreitung hat eine geringere Bedeutung als bei höheren Frequenzen, sodass Störungen durch Nahbereichsfading (Überlagerung von Boden- und Raumwelle in der Nacht) kaum auftreten. Nachteilig ist die geringe Zahl der zur Verfügung stehenden Kanäle (15).
Im Langwellenbereich sind der natürliche (durch Gewitter usw.) und künstliche Störpegel (siehe EMV-Belastung) sehr hoch. Das zwingt zu hohen Sendeleistungen. Zusätzlich erfordert die große Wellenlänge sehr große Antennenanlagen (siehe Senderbeschreibungen unten). Entsprechend sind die Betriebskosten eines Langwellensenders sehr hoch.
Der Rundfunk-Langwellenbereich wird nur in Europa, den GUS-Staaten, der Mongolei, dem Nahen Osten und Nordafrika – auch als Zone 1 bezeichnet – von Rundfunksendern benutzt. Auf dem amerikanischen Kontinent sowie in Südostasien, Australien und Ozeanien steht das Langwellenband nicht für Rundfunksendungen zur Verfügung.
Die Langwellenfrequenzen für Rundfunk sind in einem 9-kHz-Raster (↑ sieheKanalraster) vergeben. Wegen der geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden Übertragungskanäle für Rundfunk im Langwellenbereich (15 Kanäle) kann jede Frequenz mehreren Sendern zugewiesen werden. Wegen der großen Reichweite der bei Nacht auftretenden Raumwelle (diurnal phase shift) müssen nach im Genfer Wellenplan festgelegten Regeln viele leistungsstarke Stationen ihre Sendeleistung drosseln oder mit einer Richtstrahlantenne arbeiten, um gegenseitige Störungen zu verringern. Manche Stationen müssen während der Nachtstunden ihren Betrieb einstellen. Trotzdem ist es möglich, dass auf einer Frequenz während der Nachtstunden mehrere Sender zu hören sind – wie im Mittelwellenbereich. Mit einer richtungsempfindlichen Empfangsantenne, wie einer Ferrit- oder Rahmenantenne, kann man durch Drehen der Antenne Abhilfe schaffen, sofern beide Sender nicht in einer Richtung liegen.
Der Langwellenbereich wird auch für andere Dienste benutzt. Die bekanntesten sind die Zeitzeichensender wie zum Beispiel DCF77 in Mainflingen. Auch der Amateurfunkdienst nutzt den Bereich zum Beispiel für LowFER.
Rundfunksender im Langwellenbereich
In einigen Ländern Europas bestehen leistungsstarke Sender. Der öffentlich-rechtliche Sender BBC Radio 4 beispielsweise ist in Deutschland sehr leicht auf der Frequenz 198 kHz zu empfangen.
Sender im Langwellenbereich sind nur in Europa, Nordafrika und der Mongolei aktiv. Früher gab es auch Langwellensender in Kleinasien, in der UdSSR und auf der arabischen Halbinsel.[1]
Richtantenne, vier gegen Erde isolierte abgespannte Stahlfachwerkmaste von 270, 276, 280 und 282 Meter Höhe, Reserveantenne zwei gegen Erde isolierte 234 Meter hohe Stahlfachwerkmaste (letztere wurden nach Umbau im Oktober 2015 Hauptsendeantenne) – Sprengung aller noch vorhandenen Masten am 27. Oktober 2020
1.500 kW
Programm des französischen Privatsenders EUROPE 1; Sender im Saarland, da bei Gründung Privatrundfunk in Frankreich nicht erlaubt war; stärkster deutscher Rundfunksender, Haupt-Abstrahlrichtung Südwest. Abgeschaltet am 31. Dezember 2019
Rundstrahlantenne, Kreisgruppenantenne, abgespannter Zentralmast von 275 Metern Höhe, umgeben von fünf auf einem Kreis um diesen gelegenen abgespannten Sendemasten
aufgrund Senderdefekts nur sporadisch und mit schwacher Modulation aktiv.[7]
Langwellensender über Kabelanlagen
Ab Ende 1931 bis Ende 1997 wurden in der Schweiz sechs Programme (Kanalraster 33 kHz) mittels eines Drahtfunk-Verfahrens zur Übermittlung von Rundfunkprogrammen über Telefonleitungen übertragen. Telefonrundspruch, so der Name, war nicht nur in schlecht mit Rundfunk versorgten Gebieten beliebt. Die Tonqualität dieser Programme war deutlich besser als die der anderen Langwellensendern. Eigens für diese Technik entwickelte Empfänger wurden dazu benötigt. Auch handelsübliche Langwellenempfänger konnten für den Empfang genutzt werden, jedoch konnten damit nur fünf Programme mit der für solche Geräte üblichen Audiobandbreite empfangen werden. Da sich Kanal 6 (340 kHz) außerhalb des definierten Bereichs (148,5 kHz bis 283,5 kHz) befand, konnte dieser nicht empfangen werden. Kanal 5 (307 kHz) konnte dagegen aufgrund großer Toleranzen im Empfangsbereich praktisch mit jedem Langwellengerät empfangen werden.
Literatur
Gerd Klawitter, Klaus Herold, Michael Oexner: Langwellen- und Längstwellenrundfunk. 3. Auflage, Siebel Verlag GmbH, Meckenheim 2000, ISBN 3-89632-043-2
↑Günther Lorenz, Oliver Schmidt (Hrsg.): WRTH (= The Directory of International Broadcasting Band 2023). 77. Auflage. Radio Data Center GmbH, Freising 2023, ISBN 978-3-9825017-0-3.