Sie entstand nach dem Ende des Ersten Weltkrieges aus der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven und trug bis 1935 den Namen Reichsmarinewerft. Sie ging anschließend in Besitz der Kriegsmarine über und war in erster Linie mit Reparatur, Umbau und Wartung von Kriegsschiffen befasst. Neubauten wurden in der Regel nur als „Füllaufträge“ angenommen, um den hohen Stand an Personal, Wissen und Maschinen zu halten.
Das Ende des Ersten Weltkrieges beendete auch die Tätigkeit der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven, nachdem die letzten Flotteneinheiten Ende 1918 abgezogen worden waren.
Der Friedensvertrag von Versailles verbot Deutschland den Bau von Kriegsschiffen. Die Kapazität der Werft wurde reduziert. Zur Überbrückung wurden unter anderem Lokomotiven repariert und zivile Schiffbauaufträge angenommen. Für die in Wilhelmshaven neu gegründete Hochseefischerei wurden Fischdampfer und Fischkutter gebaut, für eine Reederei mehrere Fracht- und Passagierdampfer. Ab 1919 blühte dann das Abwrackgeschäft. Bis 1923 wurden fast 300 Kriegsschiffe und Handelsschiffe (aus Deutschland und aus dem Ausland) verschrottet.
Ein Teil der Werft (die sog. Uto-Werft) nannte sich zu dieser Zeit Industriewerke Rüstringen und gehörte zu den Deutschen Werken. Am 1. Januar 1921 entstand aus der Vorläufigen Reichsmarine die Reichsmarine; die Werft wurde später Reichsmarinewerft genannt.
Der erste Neubau eines Kriegsschiffs war der von 1921 bis 1925 gebaute Leichte KreuzerEmden. Das letzte große Schiff der KMW war das von 1936 bis 1941 gebaute SchlachtschiffTirpitz.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten (1933) begann das NS-Regime eine Aufrüstung zur Kriegsvorbereitung; auch die Marine wurde aufgerüstet. 1935 wurde die Reichsmarine in Kriegsmarine umbenannt (und die Reichswehr in Wehrmacht); 1935 wurde auch die Werft in Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven umbenannt.
In den Folgejahren kam es dann zu erneuten umfangreichen Erweiterungen der Werftanlagen. Es entstand die neue Nordwerft mit weiteren Docks, Hafenanlagen und den zugehörigen Schleusen. Großen Einfluss auf die Erweiterung der Werft nahm der sogenannte Z-Plan für die Aufrüstung der Kriegsmarine, der jedoch nie realisiert wurde.
Mit Kriegsbeginn 1939 verschoben sich die Aktivitäten der Werft. Der Bau bereits begonnener oder geplanter Großkampfschiffe wurde eingestellt, die Tätigkeiten beschränkten sich in der Folgezeit auf den Bau kleinerer Kriegsfahrzeuge und U-Boote sowie auf Reparaturarbeiten und Beseitigung von Gefechtsschäden an Schiffen.
Als bedeutende Produktionsstätte der Rüstungsindustrie wurde die Werft über einhundert Mal von britischen oder amerikanischen Luftstreitkräften bombardiert, was zahlreiche Schäden verursachte. Die Werft blieb aber stets in Betrieb.
Bei den Luftangriffen starben viele Zivilisten.
Am 6. Mai 1945 rückten kanadische und polnische Streitkräfte in die Stadt Wilhelmshaven ein.
Die Werft wurde zum Sammelplatz von Schiffen, die repariert werden mussten und anschließend an eine der Siegermächte auszuliefern waren. Mitte 1946 begann die Demontage der Werft, anschließend deren Zerstörung. Ca. 95 % der Gebäude wurden gesprengt und abgetragen. Ebenso wurde ein großer Teils des Hafengeländes vollständig zerstört, Hafenbecken und Zufahrten zugeschüttet. Damit hatte die Werft praktisch aufgehört zu existieren.
Konteradmiral (Ing.) Paul-Willy Zieb: von Oktober 1944 bis Mai 1945
Chefs des Stabes und zugleich Chefs der Zentralabteilung (Z)
Kapitän zur See Otto Schenk: von Oktober 1937 bis November 1939
Konteradmiral Erich Förste: von Dezember 1939 bis September 1941
Konteradmiral Werner Scheer: von September 1941 bis Dezember 1942
Fregattenkapitän Hermann Gräfer (i. V.): von Januar 1943 bis Juli 1943
Kapitän zur See (Ing.) Walter Richler: von Juli 1943 bis Januar 1944
Kapitän zur See (Ing.) Oskar Stellmacher: von Januar 1944 bis Januar 1945
Kapitän zur See (Ing.) Hermann Radloff: von Januar 1945 bis Mai 1945
Heutige Verwendung
Ab 1957 entstanden auf dem Gelände der ehemaligen Kriegsmarinewerft innerhalb von etwa 15 Jahren zahlreiche neue Gebäude, die bis heute als Marinearsenal der Deutschen Marine genutzt werden. Wie früher besteht die Hauptaufgabe in der Erhaltung und Instandsetzung von Marinefahrzeugen.
1978 waren etwa 6.000 Mitarbeiter dort beschäftigt.
Von der ehemaligen Werft sind nur noch das Haupttor (Tor 1), die mittlerweile modifizierte Schiffbauhalle und Teile der ehemaligen Werftfeuerwehr vorhanden. Größtes noch existierendes Exponat der Werft ist der Schwimmkran Langer Heinrich, der seit 1985 in Genua stationiert ist.
Schiffe der Reichs- und Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven
(Auswahl; angeführte Jahreszahlen beziehen sich auf die Indienststellung der Schiffe)
1920 bis 1923, Bau-Nr. 70 bis 99, Bau von insgesamt 28 Fischdampfern zu je 50 t
1922, Bau-Nr. 66 bis 69, Bau der Fracht- und Passagierdampfer Emil Kirdorf, Carl Legien, Albert Vögler und Adolf v. Bayer für die Hugo Stinnes AG
1925, Bau-Nr. 100, Leichter Kreuzer Emden, erster Neubau der Reichsmarine nach dem Ersten Weltkrieg, in der Werft in Kiel im April 1945 von britischen Bomben schwer beschädigt, in der Heikendorfer Bucht im Mai 1945 gesprengt und dort bis 1948 verschrottet
1924, Bau-Nr. 101, Umbau eines Kanonenboots zum Vermessungsschiff Meteor, 1945 der UdSSR zugesprochen und dort als Ekvator in Dienst gestellt
1925 bis 1927, Bau-Nr. 102–107, Torpedoboot Möwe und fünf weitere Boote der Raubvogel-Klasse
1929, Bau-Nr. 108, Leichter Kreuzer Königsberg, Typschiff der K-Kreuzer (Königsberg-Klasse), im April 1940 nach britischem Luftangriff im Hafen von Bergen gekentert, im Juli 1942 gehoben und als Pier für U-Boote verwendet, erneute Kenterung im September 1944, nach Kriegsende in Bergen abgewrackt
1928 bis 1929, Bau-Nr. 109–114, Torpedoboot Wolf und fünf weitere Boote der Raubtier-Klasse
1928, Bau-Nr. 115, Lotsenschiff Schillig
1930, Bau-Nr. 116, Leichter Kreuzer Köln, 1945 bei Reparaturarbeiten in der KM-Werft durch Bomben versenkt, 1946 verschrottet
1931, Bau-Nr. 117, Leichter Kreuzer Leipzig, 1946 mit Gasmunition beladen vor dem Skagerrak versenkt
1931, Bau-Nr. 118, Artillerieschulschiff Bremse, 1941 nahe Nordkap von britischen Kreuzern versenkt
1931, Bau-Nr. 120, Fischereischutzschiff Weser, ab 1939 Begleitschiff für Minenräumboote, ab 1945 bei der German Minesweeping Administration, 1954 abgewrackt
1934, Bau-Nr. 123, Panzerschiff Admiral Scheer, im Bauhafen der Deutschen Werke Kiel durch mehrere Bombentreffer im April 1945 zum Kentern gebracht, Wrack vor Ort teilweise abgebrochen
1936, Bau-Nr. 124, Panzerschiff Admiral Graf Spee, 1939 in der Mündung des Río de la Plata nach Gefecht mit britischen Kreuzern selbst versenkt
1939, Bau-Nr. 125, Schlachtschiff Scharnhorst, im Dezember 1943 von britischen Kriegsschiffen vor dem Nordkap versenkt
1941, Bau-Nr. 128, Schlachtschiff Tirpitz, im November 1944 vor Tromsø (Norwegen) durch britische Tallboy-Bomben zum Kentern gebracht, in den 1950er Jahren vor Ort abgewrackt
Bau-Nr. 129, Leichter Kreuzer N der M-Klasse, 1938 begonnen, Baustopp am 21. September 1939, dann abgebrochen
Bau-Nr. 130, Schlachtschiff L der H-Klasse, nur Bauvorbereitung, am 31. August 1939 annulliert
Bau-Nr. 133. Schlachtschiff P der O-Klasse, nur Plan für Hellingbelegung, kein Bauauftrag
1941 bis 1944, insgesamt 27 Unterseeboote des Typs VII C: U 751 bis U 768 und U 771 bis U 779, weitere Boote wurden während des Baus bereits zerstört oder der Bau wurde abgebrochen
Literatur
Gerhard Koop, Kurt Galle, Fritz Klein: Von der Kaiserlichen Werft zum Marinearsenal. Bernard & Graefe Verlag, München 1982, ISBN 3-7637-5252-8