Am Anfang des 20. Jahrhunderts geriet Korea unter japanische Herrschaft. 1905 wurde KoreajapanischesProtektorat und 1910 vollständig von Japan annektiert. Die Annexion endete erst mit der Kapitulation Japans am 15. August 1945. Kurz zuvor wurde die Befehlsgewalt in einem Abkommen zwischen Yeo Un-hyeong und dem Inspektor-General des Gouvernementgenerals, Endō Ryūsaku, an die koreanische Unabhängigkeitsbewegung übergeben.[1] Die US-Armee landete am 8. September und übernahmen die de-facto Kontrolle über den südlichen Teil Koreas, während sowjetische Truppen den Nordteil besetzten. Nach der Kapitulation Japans kam Korea unter die Militärbesatzung der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. Es wurden am 15. August 1948 und am 9. September 1948 zwei unterschiedliche Einheitsregierungen gebildet, die eine Einigung aushandeln sollten, was jedoch aufgrund politischer Unstimmigkeiten nicht erreicht wurde.
In Korea wird diese Zeit als Ilje Sidae (일제 시대, kor.japanische Kaiserzeit) oder Ilje Gangjeomgi (일제강점기, kor. erzwungene Besatzungszeit durch das japanische Kaiserreich) bezeichnet.
Bereits nach der zwangsweisen Öffnung der japanischen Häfen durch US-Schiffe und Einsetzen erster Schritte der Meiji-Reformen gab es in Japan Bestrebungen, sich Korea untertan zu machen. Zu dieser Zeit unterhielt Korea Tributbeziehungen zum Kaiserreich China unter der Qing-Dynastie, die für ausländische Staaten aufgrund der konfuzianischenWeltanschauung als Vorbedingung galten um diplomatische Beziehungen zum Kaiserreich China zu etablieren. Korea begann ab dem frühen 19. Jahrhundert Zeitpunkt militärisch zu schwächeln und betrieb seit dem späten 17. Jahrhundert eine Isolationspolitik, mit der es sich von der Außenwelt abschottete. Japanische Politiker des späten 19. Jahrhunderts sahen Korea als einen strategisch notwendigen Ausgangspunkt für territoriale Expansion, waren sich jedoch bewusst, dass es zu dem Zeitpunkt militärisch unmöglich sei.[2]
1866 unternahmen Frankreich und 1871 die Vereinigten Staaten zwei erfolglose Strafexpeditionen gegen die Joseon-Dynastie Koreas. 1876 erzwang Japan durch Entsendung von Kriegsschiffen in die Mündung des Han-Flusses, der zur Hauptstadt Seoul führte, den Vertrag von Ganghwa. Das „Einsiedlerkönigreich“ Korea wurde für die japanische Wirtschaft geöffnet und diplomatische Beziehungen zwischen beiden Staaten wurden aufgenommen.[3] Aufgrund wirtschaftlicher und sozialer Missstände, die durch die Präsenz von japanischen und chinesischen Händlern verursacht werden kommt es 1894 zu Aufständen der sozialrevolutionären Sekte Donghak, die zuerst an den König appellieren, gegen die jedoch von der Regierung Hilfe aus der Qing-Dynastie gerufen wurde (wobei es zu ersten Zusammenstößen japanischer und chinesischer Truppen kommt). Nach der Niederlage Chinas im Ersten Chinesisch-Japanischen Krieg wurde 1895 der Friedensvertrag von Shimonoseki geschlossen. Artikel 1 stipulierte Beendigung von Chinas traditionellen, philosophisch-religiös motivierten Tributbeziehungen mit Korea.
1894 besetzten japanische Streitkräfte den Königspalast in Seoul, den Gyeongbokgung-Palast. Der koreanische Hof war in zwei Hauptfraktionen gespalten, einerseits die konservative Aristokratie, andererseits Reformer die das Land mit Hilfe westlicher und japanischer Unterstützung modernisieren wollten. Zwischen Juli 1894 und Februar 1896 wurden eine Reihe an Reformen zur Modernisierung des Landes durchgeführt, die heute als Gabo-Reformen bezeichnet werden, unter anderem die Abschaffung konfuzianischer Staatsprüfungen, die Abschaffung der Leibeigenenschaft, die Einführung des Silberstandards, die Implementierung einheitlicher Maßstäbe sowie die Einführung des deutschen Zivilrechts.[4]
Auf direkten Befehl von Miura Gorō, der 37 Tage zuvor als Gesandter nach Korea geschickt wurde, drang im frühen Morgen des 8. Oktober 1895 eine Einheit bestehend aus japanischen Diplomaten, Konsulatspolizei, Berichterstattern und Zivildienstbeamten (낭인배) in den Gyeongbokgung-Palast ein und tötete Königin Min und zwei ihrer Hofdamen. Die Leiche wurde in einen umliegenden Wald gebracht, mit Benzin übergossen und verbrannt. Die japanische Regierung hat jegliche Beteiligung abgestritten und eine Medienkampagne ins Leben gerufen, um den innenpolitischen Gegner Daewongun zu beschuldigen, während alle beteiligten japanischen Staatsbürger freigesprochen wurden.[5] König Gojong wurde anschließend gezwungen, einigen pro-japanischen Politikern wichtige Regierungsämter zu übergeben.[6] Am 11. Februar 1896 suchten Gojong, seine neue Ehefrau, die Prinzessin Eom Sunheon, und der Kronprinz Sunjong in der russischen Botschaft Schutz, die er erst nach zwei Jahren mit Unterstützung einer Volksbewegung für die Wiederherstellung der koreanischen Souveränität wieder verlassen kann. 1897 wird das Kaiserreich „Daehan“ proklamiert, wodurch die 505-jährige Joseon-Dynastie offiziell beendet wird.
Im Gefolge des Russisch-Japanischer Krieges, in dem Japan Seoul besetzt und mit Heer und Flotte von koreanischen Stützpunkten aus insbesondere gegen die Mandschurei operieren kann, verließ China entsprechend dem der unter Vermittlung des US-Präsidenten Theodore Roosevelt geschlossenen Vertrag von Portsmouth die Mandschurei und Russland akzeptierte Korea als japanisches Interessengebiet. Am 17. November1905 wird in Tokio die Unterschrift der koreanischen Delegation zu einem Vertrag gewaltsam erzwungen durch Raub des Siegels des koreanischen Außenministers, dieser Vertrag macht Korea zu einem japanischen Protektorat: das koreanische Herrscherhaus wird in die japanische Kaiserfamilie mit „gegenseitigem Nachfolgerecht“ integriert, hinter der koreanischen Regierung steht der japanische Verwaltungsdelegation des Generalgouverneurs Terauchi Masatake. Die Klage von Gojong vor dem internationalen Gerichtshof wird mit der Begründung abgewiesen, er besitze keine Souveränitätsrechte.
Am 22. August1910 erzwang die japanische Regierung den Rücktritt von Gojong, nachdem der japanische Generalresident des Protektorats Korea Itō Hirobumi am 26. Oktober 1909 auf einer Reise in der Mandschurei ermordet worden war.
Am 4. September 1909 übertrug Japan im Gando-Abkommen gegen den Rechtsanspruch des noch existierenden Koreanischen Kaiserreichs die Grenzprovinz Gando (chin.: Jiandao) an das Qing-Reich.[1]
Am 29. August 1910 kam Korea unter Militärbesatzung durch Japan und wurde unter dem Namen Chōsen (japanisch朝鮮Chōsen, koreanisch조선Chosŏn) komplett annektiert. Der neue Generalgouverneur wird auch in formeller Hinsicht als oberster militärischer Befehlshaber installiert und führte per Dekret sowohl die exekutive als auch die legislative Rolle aus.
Mit der Annexion machte sich das Japan ihre territorialen Ansprüche auf koreanisches Gebiet geltend. Nach der Kapitulation 1945 gelangten die betreffenden Inseln (beispielsweise die traditionell unbewohnten Liancourt-Rocks) zurück in den Besitz von Korea.
International präsentierte Japan den Tatbestand in der Korea nach einer Staatenunion seit 1910 integraler und dementsprechend gleichberechtigter Bestandteil von Japan. Dennoch gehörte nur ein einziger Koreaner dem japanischen Oberhaus an (1944), im gleichen Jahr wurde ein einziger Koreaner Mitglied des Abgeordnetenhauses. 54 Koreaner gehörten der Verwaltung des Generalgouverneurs in Korea an.
Besatzungszeit
Korea wird als landwirtschaftliches Hinterland Japans zielgerichtet ausgebaut und ausgebeutet: Eisenbahnlinien werden errichtet, um den rohstoffreichen Norden und den für agrarische Nutzung vorgesehenen Süden zu erschließen, viele Koreaner verlassen ihr Land in Richtung China, Hawaii und auch Japan.
Nach dem Tod des letzten Königs Gojong im Januar 1919 kommt es landesweit zu antijapanischen Unruhen, die in der Erklärung der Unabhängigkeit durch die Bewegung des 1. März gipfeln an der nach nur wenigen Tagen zwischen 800.000 und zwei Millionen Menschen teilgenommen haben. Unmittelbar nach der Verlesung der Unabhängigkeit wurden die größtenteils friedlichen Proteste blutig niedergeschlagen. Laut offiziellen Berichten wurden 553 Menschen getötet und 185 verletzt, laut heutige Schätzungen reicht die Zahl von 798 bis hin zu 7509 Toten.[9] Neuigkeiten von den Aufständen und den Gewaltakten wurden durch den japanischen Staatsapparat unterdrückt und Zeitungen wurden zensiert. International gab es wenig Anklang für die Proteste, außer vereinzelt in Zeitungen und politischen Organisationen.
Doch sieht sich die Besatzungsmacht zu Zugeständnissen genötigt: so wird im August mit Admiral Saito Makoto ein neuer Generalgouverneur ernannt, der sich für den Schutz koreanischer Kultur und Sitten ausspricht und der Wohlfahrt und dem Glück der Koreaner dienen will. Vorübergehend wird wieder die koreanische Sprache als Unterrichtssprache zugelassen und einige Koreaner werden an der Verwaltung des neuen Generalgouverneurs beteiligt. Andererseits werden die (japanische) Polizei massiv um 10.000 Mann und die Präsenz von Japanern insgesamt von 346.000 (1920) auf 424.700 (1925) ausgebaut; 1906 waren nur 39.000 Japaner in Korea, auch 1910 war die Zahl mit 171.543 recht gering, stieg dann aber konstant an: 1930 auf 527.016 und 1935 auf 619.000.
Im April 1919 wird in Shanghai unter Mitwirkung von Syngman Rhee eine koreanische Exilregierung gegründet. Nur die II. Internationale ergriff mit einer Resolution der Konferenz in Luzern vom 2.–9. August 1919 Partei für das vergewaltigte koreanische Volk und forderte den Völkerbund auf, Korea als Mitglied aufzunehmen. Am 11. Dezember1941 erklärte diese Exilregierung Japan den Krieg und kämpfte mit ihrer Koreanischen Restaurationsarmee von China aus mit den Alliierten.
Kulturelle Unterdrückung
In Japan war die Haltung zu Koreanern stark von der sogenannten Nissen dōsoron (jap.: 日鮮同祖論; wortwörtlich: Theorie zur Japanisch‑Koreanischen Gemeinsamen Abstammung) Hypothese geprägt laut der die koreanischen und japanischen Völker eine geschwisterliche Beziehung jeweiliger Abstammung von den antiken mythologischen Vorfahren Susanoo (Koreaner) und Amaterasu (Japaner) haben.[10][11]
Nominell auf legaler Ebene wurde ‚koreanischstämmigen Japanern‘ die gleichen politischen Rechte wie japanischstämmigen Japanern gewährt, unter anderem auch ein japanischer Pass.[12] Faktisch wurden den Koreanern die grundlegenden Rechte verwehrt. Dies beinhaltete unter anderem das Recht auf Versammlung und Organisation, Redefreiheit und eine unabhängige Presse: Alle koreanischen Zeitungen und Magazine mussten 1910 ihr Erscheinen einstellen, es verblieben neben einer koreanischsprachigen eine englische und ein paar japanische Zeitungen, die von der Provinzregierung unter Zensurvorbehalt herausgegeben wurden.
Japan hatte langfristig vor, Koreaner wie die Ainu und die Okinawer vollständig zu zwangsassimilieren.
Die Japanisierung wird mit aller Macht vorangetrieben: im kulturellen Bereich wird zu Beginn der Besatzung die traditionelle konfuzianische Schulausbildung verboten, hunderte private Schulen werden geschlossen, koreanische Schulbücher verboten und das japanische Schulsystem eingeführt; die japanische Sprache wird alleinige Unterrichts- und Amtssprache, Zeitungen miteingeschlossen, selbst der häusliche und private Gebrauch des Japanischen durch Überwachung gesichert. Die koreanische Tracht, der Hanbok, wird verboten, ab 1940 werden koreanische Namen zwangsweise japanisiert und die Staats-Shinto wird als Religion eingeführt um den üblichen Ahnenkult zu ersetzen. Der Lunisolarkalender wurde durch den in der westlichen Welt üblichen gregorianischen Kalender ersetzt.
Die japanische Besatzungsmacht verbot die traditionellen privaten Bildungseinrichtungen, wie die Seowon und christliche Missionsschulen, die den Menschen zuvor Zugang zu Bildung gegeben haben. Nach der Bildungsverordnung von 1911 gab es zunächst ethnisch getrennte Schulen, und 1922 wurde die Regelung in eine Unterteilung nach Muttersprache geändert, was jedoch im Endeffekt dasselbe bedeutete. 1938 wurde die Trennung nach Ethnie aufgehoben. Artikel 8 der Bildungsverordnung von 1911 setzte folgendes fest: „Achte auf die körperliche Entwicklung, unterrichte die Nationalsprache, vermittle die moralische Erziehung und kultiviere den Charakter der Nation...“ 「身体の発達に留意し国語を教え徳育を施し国民たるの性格を養成…」.[13] Mit der „Nationalsprache Koreas“ ist Japanisch gemeint. Japanisch wurde 1915 zur alleinigen Unterrichtssprache in Schulen.
Die Alphabetisierungsrate stagnierte während der gesamten Besatzung bei etwa 20 % und die Japaner hinterließen sie 1945 bei 22 %, da nie die Grundschulpflicht eingeführt wurde und die Bildungsinfrastruktur stark vernachlässigt wurde.[14] Sie stieg erst in den 1950ern drastisch an und erreichte 1970 87,6 %.[15]
Laut dem Bericht des Generalgouverneurs von 1939 waren nur 30 % der Studenten der Keijo Kaiserlichen Universität, der einzigen Universität in Korea, Koreaner und 70 % Japaner.[16] Zum akademischen Studium müssen junge Koreaner nach Japan auswandern.
Die Regierungszeitung Keijō Nippō bezog folgendermaßen Standpunkt zu den Ereignissen der gewaltsamen Unterdrückung der Bewegung des 1. März:
Koreans believe that after the President of the United States [Woodrow Wilson] established the League of Nations, even small and weak countries would avoid the domination of Great Powers, and be able to maintain their national independence. How foolish they are! Ah, [you] pitiful Koreans! You are governed by evil thoughts... Awake! Awake! ...If you do not have an understanding of the situation of the world, you will be doomed to perish.[17]
Im Januar 1920 veröffentlichte Generalgouverneur Saitō in der Zeitschrift The Independent eine vierseitige Erklärung, in der er behauptete, die Koreaner hätten die Proteste übertrieben oder völlig gelogen. Er behauptete, Japan habe „keinen anderen Wunsch, als die Lage des koreanischen Volkes zu verbessern“. Er behauptete, er werde eine Regierung schaffen, die so gut sei, dass die Koreaner ihre Identität aufgeben würden, um echte Japaner zu werden. Seine Regierung veröffentlichte eine Reihe von englischsprachigen Texten über Korea, wie Pictorial Korea und Educational Korea, die diese Botschaften verbreiteten.[18]
Im August wurde Saitō Makoto zum neuen Generalgouverneur ernannt. Laut eigenen Aussagen förderte er die Wohlfahrt und wollte dem Glück der Einwohner Chōsens dienen. Vorübergehend wurde wieder die koreanische Sprache als Unterrichtssprache zugelassen und einige Koreaner wurden an der Verwaltung des neuen Generalgouverneurs beteiligt. Zwar wurde danach die Polizei um 10.000 Mann aufgestockt, dafür aber die japanische Militärpolizei durch eine zivile Polizei ersetzt. Auch der Pressebereich war von den Erleichterungen betroffen. Im Laufe der 1920er Jahre erhöhte sich die Zahl der koreanischsprachigen Zeitungen auf fünf, darunter die 1920 in Seoul begründeten Tageszeitungen Dong-A Ilbo (jap. Tōa Nippō, dt. „Ostasiatische Tageszeitung“) und Chosun Ilbo (jap. Chōsen Nippō, dt. „Koreanische Tageszeitung“), die aber selbstverständlich unter japanischer Zensur standen. 1924 erscheint die erste Frauenzeitschrift Shin-Yeoseong (dt. „Das neue Frauenmagazin“) um die Geschlechtergleichheit zu verbessern und bestehende konfuzianische Geschlechterrollen zu hinterfragen. Shin-Yeoseong wurde monatlich von Gabyeoksa zwischen 1923 und 1934 veröffentlicht und stellte die aus Meiji-Japan stammende Redewendung “Wise Mother, Good Wife” (良妻賢母) in Frage, da sie das traditionelle Rollenbild der Frau als Mutter und häusliche Ehefrau idealisiert, welches von der Besatzungsmacht gefördert wurde.[19]
Der Staats-Shintō wird als Religion eingeführt. Die tägliche Teilnahme an den Tempelritualen wurde ab 1925 Pflicht, dies galt vor allem für Schüler und Studenten. Der Generalgouverneur Saito Makoto behauptete, dass der Besuch der Shintō-Schreine nicht der Annahme dieser Religion diene, sondern die Schreine den Vorfahren gewidmet seien und der Besuch daher einen „patriotischen Akt“ darstelle. Ab 1935 wurde der Druck zur Teilnahme erhöht, sodass einige christliche Schulen aus Protest selbst schlossen. Bei einigen koreanischen Eltern wiederum gab es Bedenkengegen solche Protestmaßnahmen, da sonst ihren Kindern der Zugang zu Bildung verwehrt werden würde. Aufgrund dieser Ablehnung unter den Eltern soll Saitos Erklärung 1937 nun auch von den christlichen Schulen akzeptiert worden sein, der Unterricht damit fortgesetzt.[20]
Auf dem Gelände des zuvor teilweise abgerissenen Königspalastes Gyeongbeokgung (umbenannt in Keifukukyū) wird die Residenz des Generalgouverneurs errichtet, der nicht nur die Blickachse zwischen Palast und Stadt zerstörte, sondern auch den geomantisch wichtigen Energiestrom vom nördlichen Gebirge Bukhan in die Hauptstadt unterbrach. Den von der Provinzregierung für das Parlament und Nationalmuseum genutzten Bau riss Südkorea fünfzig Jahre nach Ende der Besatzung am 15. August 1995 ab. Auf dem Gelände des Königspalastes Changgyeonggung (jap. Shōkeikyū) musste 70 % des Palastkomplexes einem Zoo weichen, der von der mit einem Botanischer Garten (der sogenannte Shōkei-Park) und einem Museum eingerichtet. Die südkoreanische Regierung ließ 1983 den Zoo und den Botanischen Garten entfernen.
Dennoch gibt es immer wieder Widerstände, insbesondere gegen Übergriffe von Besatzungsseite: als am 30. Oktober 1929 junge Japaner sich in Gwangju an koreanische Schülerinnen heranmachen, kommt es zu einem Handgemenge mit Koreanern; als die Koreaner verurteilt werden, die Japaner aber straffrei ausgehen, kommt es zu Unruhen an den Schulen; von den 54.000 beteiligten Schülern werden 1.642 inhaftiert, 2.330 werden vorläufig der Schule verwiesen, 582 müssen endgültig die Schulen verlassen. Zwanzig Jahre nach Beginn der Besatzung zeigt dies den Fehlschlag der japanischen Bemühungen, Korea gewaltlos für sich zu gewinnen.
Die Repression nahm ihren Höhepunkt mit dem Generalgouverneur Minami Jirō ein, der sämtliche Versuche die koreanische Ethnie, Sprache und Kultur auszulöschen intensivierte um die „Japanische Kultur und Denkweise“ einzuführen. Die unter der Parole „Naissen ittai“ (内 = innen, Japan; 鮮 = Korea; 一 = eins; 体 = Leib) durchgeführte Politik der totalen Assimilation sollte die für den seit dem Angriff auf Pearl Harbor an mehreren Fronten geführten Kriege erforderlichen Ressourcen vor allem an Menschen für Militär und Industrie sicherstellen. Generalgouverneur Minami erläuterte in einer Rede aus dem Jahr 1939 die Parole „Naissen ittai“ wie folgt: „Korea und Japan müssen eins werden in Gestalt, im Geist, im Blut und im Fleisch“; Ziel wäre letztlich eine völlige Gleichschaltung der Koreaner mit den Japanern, jede Diskriminierung auch beim Militär würde abgeschafft. Andererseits wusste Minami, wie aus einer Rede 1942 in Tokio ersichtlich ist, von den Schwierigkeiten bei der Durchführung: „Die Koreaner sind in Bezug auf Weltanschauung, Mitmenschlichkeit, Bräuche und Sprache ein völlig anderes Volk. Daher muss die japanische Regierung im vollen Bewusstsein dieser Tatsache die Kolonialpolitik entwerfen.“ Dahinter stand die Überzeugung, „dass die Japaner, zu denen die Koreaner stets aufzuschauen haben, immer einige Schritte voraus sein müssen. Denn die Japaner sind berufen, die Koreaner immer zu lehren und zu führen, und diese sollen mit Dankbarkeit und Gehorsam den vorausschreitenden Japanern folgen.“ Ab 1938 war der Gebrauch der koreanischen Sprache nun auch im privaten Bereich untersagt und durch ein Spitzelwesen bis in den familiären Bereich gesichert. Zugleich wurde die koreanische Tracht verboten und allein westliche oder japanische Kleidung war erlaubt.
Am 10. November 1939 wurde die sogenannte Soshi-kaimei (創氏改名) Politik eingeführt und Koreaner waren gezwungen einen Klassisch Chinesischen Nachnamen anzunehmen, ähnlich wie Japaner bereits einen hatten. Zuvor war es illegal für Koreaner gewesen einen Japanischen Namen anzunehmen um Verwechslungen mit Japanern zu vermeiden. Ab dem 11. Februar 1940 wurden Koreaner ebenfalls gezwungen ihren Vornamen in einen Japanischen zu ändern. Bis Mitte Mai 1940, vier Monate nach der Umsetzung der Umbenennung, waren nur 7,6 % der insgesamt 4.280.700 Haushalte umbenannt worden. Bei Verweigerung kam es oft zu einer Notiz an die Lehrer und folglich aktiver Diskriminierung in Schulen, zur Benachteiligung bei Beförderungen, zur Verweigerung von Lebensmittelrationen und zur Verpflichtung zum Wehrdienst bzw. zur Zwangsarbeit. Jedoch blieben die Versuche die Namensänderung zu forcieren erfolglos und wurden nach der Befreiung wieder rückgängig gemacht.[21]
Aufgrund dem Sieg der Alliierten und der Befreiung nach 1945 konnte die Politik der Auslöschung und Japanisierung nie vollendet werden. Bis zum Ende der japanischen Herrschaft blieb die Ehe zwischen Koreanern und Japanern illegal.
Bildung
Es wurde vom Generalgouvernement nie die Schulpflicht eingeführt und die Investitionen in Bildungsinfrastruktur blieben aus, weshalb die Alphabetisierungsrate zwischen 1910 von etwa 17–20 % auf 20 % im Jahr 1945 stagnierte.[22] Erst in den Jahren nach der Befreiung stieg sie von 20 % auf über 96 % im Jahr 1958.[12]
Wirtschaftliche Ausbeutung
Seit der Öffnung Koreas für den japanischen Handel durch die Verträge von 1876 war der Außenhandel Koreas immer mehr von ausländischer Monopolisierung dessen betroffen. Nach 1910 wurde der im Konfuzianismus unangesehene Tätigkeit des Handels auch innerhalb Koreas für Koreaner verboten und nur Japaner waren zugelassen. Aller Handel bis 1945 ist also in japanischer Hand. Nach 1911 existierten 110 Unternehmen in Handel und Industrie tätig waren, davon waren 101 in japanischem Besitz, hinzu kamen 19 japanische Unternehmen mit Niederlassungen in Korea. Die japanische Monopolisierung der Wirtschaft wurde verstärkt durch die Schließung von zwei größeren und erfolgreichen koreanischen Unternehmen, der „Korean Land and Maritime Transportation Company“ und der „Korea Hide Company“ sowie durch die Verstaatlichung – sprich Japanisierung – der Ginseng-Produktion und der Bergwerke.
Japan nutzte Korea wie gesehen zunächst als militärisches Aufmarschgebiet für den Chinesisch-Japanischen Krieg und den Russisch-Japanischen Krieg um die Jahrhundertwende. Nach Konsolidierung der Kräfteverhältnisse trat die wirtschaftliche Ausbeutung des Landes in den Vordergrund: Bodenschätze hat nur der nördliche Landesteil in nennenswertem Umfang zu bieten. Japan sah Korea als ein landwirtschaftliches Hinterland vor, das das überbevölkerte, auf Lebensmittelimporte angewiesene Japan und seine große städtischen Fabrikarbeiterbevölkerung zu ernähren.
Dementsprechend wurde die koreanische Landwirtschaft in den dreißiger Jahren zunehmend auf den Anbau von Reis ausgerichtet, während die traditionelle bäuerliche Landwirtschaft mit Gemüse, Rettich, Knoblauch und Frühlingszwiebeln, ein wenig Viehhaltung (zur Selbstversorgung und als Pachtabgaben) und – soweit möglich – Seidenzucht verdrängt wurde. Schon 1919 (Korea hatte etwa 17 Mio. Einwohner) wurde 1/6 der koreanischen Reisproduktion (64,7 Mio. Reisbüschel) für japanische Zwecke eingezogen, bevor japanische Planvorgaben die Änderung einleiteten. Die Reisanbauflächen wurden von 3,68 Mio. Acres (1919) auf 4,29 Mio. acres ausgeweitet, während die gesamte landwirtschaftliche Anbaufläche von 10,8 auf etwas mehr als 11 Mio. acres ausgeweitet wurde und die koreanische Bevölkerung von 17 auf knapp 23 Mio. Personen stieg. Auch ohne dass die Plansolls zur Steigerung des Reisertrags um knapp 75 % auch nur ansatzweise erreicht worden wären, wurde der Export nach Japan planmäßig gesteigert. So wurde um 1933 mehr als die Hälfte der koreanischen Ernte nach Japan abgeführt.
Die Reis-Monokulturen führten zudem zu einseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeit der Bauern, die bei Missernten oder nur Mindererträgen in Existenznot gerieten, zumal zu den Pachtabgaben Kosten für Dünger und Transport traten. Dies führte zu vielen Hofaufgaben, 1939 betrieben allein 340.000 Haushalte ihre Höfe als „Nomadenwirtschaft“ mit Brandrodung in abgelegenen Berggegenden.
Zwischen 1910 und 1918 wurden Katastervermessungen durchgeführt, moderne Landregistrierungsmethoden eingeführt und das Steuersystem des koreanischen Kaiserreichs überarbeitet. Die Besatzungsverwaltung wurde durch die Oriental Development Company der größte Grundbesitzer und führte Maßnahmen ein um die Reisproduktion zu erhöhen. Jedoch hinkte der Produktionswachstum dem ansteigenden Export hinterher und es kam zu einem Nettoverlust des pro-Kopf Reiskonsums innerhalb Koreas.[23] Koreanische Großgrundbesitzer, die einzigen Koreaner mit nennenswertem Kapitaleigentum, wurden im Zuge von „Landreformen zur Abschaffung des Feudalismus“ kompensationslos enteignet und das Land wurde an Privatpersonen mit ausreichendem Kapitalbesitz auktioniert, die zumeist Japanische Industrielle waren. Dasselbe geschah auch für freie Kleinbauern.
Der Anteil an landwirtschaftlicher Pacht nahm stark zu und die Abgaben betrugen 70–80 Prozent der Ernte.[23]
Auch die koreanische Fischerei wurde von japanischen (Klein-)Unternehmen übernommen, die zu 90.000 jährlich in koreanischen Gewässern fischten; 30.000 von ihnen wurden in Korea sesshaft. Ähnliches gilt für die koreanische Forstwirtschaft.
War die japanische Besatzung ursprünglich an Korea unter militärischen Aspekten als Aufmarschgebiet gegen China – dort insbesondere die Mandschurei – und Russland und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als Absatzregion für Industrieprodukte interessiert, rückte die industrielle Ausbeutung erst in den zwanziger Jahren in den Vordergrund: niedrige Löhne und lange Arbeitszeiten versprachen Investoren im Bereich der Energiewirtschaft (Wasserkraft) und der chemischen Industrie (für Düngemittel und Munition) hohe Renditen. Entsprechend dem militärischen Bedarf vervierfachte die chemische Industrie seit 1925 ihre Produktion, zudem wurden vor allem im Norden Koreas Stahl, Kohle, Wolfram und Blei gewonnen. Die industrielle Belegschaft stieg von 50.000 Arbeitern (1911) auf 1,5 Mio. Arbeiter (1945), die meisten davon zwangsverpflichtet.
Die schlechten Arbeitsbedingungen und die niedrigen Löhne führten zu einer erhöhten Gewerkschaftsbeteiligung und Mitgliedschaft in sozialdemokratischen und kommunistischen Parteien. 1929 kam es zum Wonsan Generalstreik, dem längsten Arbeitskampf im besetzten Korea in der es zu einem monatelangen Konflikt zwischen den Unterstützern des Wonsan Gewerkschaftsbundes und den Industriellen und Investoren, die von der Besatzungsverwaltung rechtlich unterstützt wurden.[24]
Zwangsarbeit und Zwangsprostitution
Ab 1938 wurden im Zuge dieser Arbeitsmobilisierung hunderttausende junger Leute und erfahrenen Arbeitern beiderlei Geschlechts zwangsweise im Nationalen Arbeitsdienst organisiert, der etwa 750.000 Einheiten umfasste, und mussten – ähnlich den Zwangsarbeitern aus ganz Europa in Deutschland – im gesamten Gebiet des Japanischen Kaiserreichs in Bergwerken und Fabriken die für den Militärdienst benötigten japanischstämmigen Männer ersetzen. Dort waren sie in ihrer geringen Freizeit gezwungen, Shintō-Schreine zu besuchen und dort für den Erfolg der geheiligten Mission Japans in Asien und für den Sieg über China zu beten. Es wird angenommen, dass es zwischen 1930 und 1945 etwa zwei Millionen Zwangsarbeiter gab.[25] Am Tag der Kapitulation lebten ca. 2,3 Millionen koreanischstämmige Personen auf den Japanischen Hauptinseln, weit mehr als 30 % der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki waren koreanischstämmige Zwangsarbeiter: 40.000 von 140.000 Toten und 30.000 verstrahlte Opfer.
Die in Chōsen verbliebene Bevölkerung wurde gleichzeitig in Nachbarschaftstrupps organisiert, die jeweils 10 Haushalte umfassten und für die Provinzregierung das Eintreiben der Steuern und anderen Abgaben übernahm. Während so der in Korea angebaute Reis als Naturalabgabe eingetrieben wurde – wie im vormodernen Japan üblich – verteilten diese Nachbarschaftstrupps Gerste und andere, mindere Nahrung zur Ernährung an die Bevölkerung. Gleichfalls der Ausbeutung dienten auch regelmäßige Veranstaltungen wie der um 1937 ins Leben gerufene „patriotische Tag“ und der „Tag im Dienste des Aufstiegs Asiens“, die 1939 vereint werden: der erste Tag jeden Monats war der gemeinsamen Fronarbeit der Bevölkerung Chōsens für den Zweiten Weltkrieg gewidmet.
Besonders ab 1940 und nochmals verstärkt ab Oktober 1943 verschärft sich die Kolonialpolitik: Tausende werden als „Gedankenverbrecher“, „nicht erwünschte Personen“ und „Rebellen“ verurteilt und inhaftiert.
Aus Chōsen – wie aus anderen japanisch kontrollierten Gebieten – wurden viele tausend junger Mädchen und Frauen an die Fronten verschleppt und dort in Soldatenbordellen jahrelang reihenweise vergewaltigt; diese Kriegsopfer werden euphemistischTrostfrauen genannt. Sie lebten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs häufig in Japan wie in ihrer koreanischen Heimat als Verfemte und Versteckte. Erst Demonstrationen in den 1990er Jahren und die Gründung des privaten japanischen Asia Women’s Fund nach Geständnissen ehemaliger japanischer Offiziere machten ihr Schicksal für eine breitere Öffentlichkeit publik. Da die japanische Regierung bis heute keine staatliche Verantwortung anerkennt und die Regierungsarchive nicht öffnet, ist man bei der Beurteilung der Zahlen auf Schätzungen angewiesen, die (insgesamt für ganz Asien) von 50.000 bis 300.000 reichen, von denen ein großer Teil aus Chōsen stammen soll.
Militär
Nach der Eingliederung Koreas wurde ein großes Aufgebot an Militärpolizei aufgestellt. Daneben wurde die Chōsen-Armee als Kolonialarmee des Kaiserlich Japanischen Heeres für Chōsen zuständig gemacht. 1915 wurden aus der Bevölkerung Chōsens Rekruten für die 19. und 20. Division ausgehoben, die beide bis 1937 in Chōsen verblieben.
Das japanische Militär rekrutierte ab dem 22. Februar 1938 koreanischstämmige Männer. Diese wurden insbesondere in der Infanterie eingesetzt. Anfangs war man hier – ähnlich wie in Nazideutschland aus rasseideologischen Gründen – sehr zurückhaltend und nahm nur sehr wenige der Freiwilligen auf, so etwa 1938/39 nur 1.280 von 15.294 Kandidaten. Dies änderte sich aber nach dem Ausgreifen der militärischen Auseinandersetzungen. Im Zuge der Arbeitsmobilisierung wurden etwa 50.000 koreanischstämmige Personen der oben erwähnten knapp 350.000 Zwangsarbeiter zum Militärdienst zugelassen und eingezogen. Dies geschah, obwohl erhebliche Bedenken bezüglich ihrer Zuverlässigkeit bestanden. Sie wurden daher erst nach ausgiebiger Überprüfung aufgenommen.
Stark war auch der Druck auf die 6500 koreanischstämmigen Studenten (1943) (Ausnahmen: Medizin und technische Fächer) in Japan, von denen 5000 in die Kaiserlich Japanische Armee eingezogen wurden; viele flohen und versteckten sich in der Provinz Chōsen oder in Mandschukuo, die meisten Fluchten endeten vor dem Militärgericht. Auch gab es koreanischstämmige Personen, die sich freiwillig zum Militärdienst meldeten. Diese unterzogen sich dem Training und Dienst in der japanischen Armee oft in der Hoffnung, als trainierte und erfahrene Soldaten einem künftigen freien Korea dienen zu können.
Koreanischer politischer und militärischer Widerstand
Nach dem Zusammenbruch der Freiwilligenarmee 1915 in der Mandschurei bildete sich ab 1920 unter Mitwirkung der „Koreanischen Provisorischen Regierung“, die 1919 nach dem Vorfall des ersten März in Shanghai gegründet wurde, dort eine regelrechte Armee, die einerseits gegen die japanische Besetzung im Gebiet der fernöstlichen Region von Sowjetrussland kämpfte und nach der Vertreibung der Japaner zwangsweise in die Rote Armee aufgenommen wurde, andererseits erfolgreicher in der Mandschurei gegen die Kwantung-Armee kämpfte, so in der viertägigen Schlacht bei Cheongsan-ri im Oktober 1920.
Die Eroberung Nordchinas im und nach dem zweiten japanisch-chinesischen Krieg schnitt den Nachschub für die Koreanische Freiwilligenarmee ab. Es blieb nur noch die Möglichkeit zu Attentaten aus dem Untergrund, insbesondere durch die von dem Präsidenten der Exilregierung Kim Gu (seit 1927) 1930 ins Leben gerufene „Koreanische Patriotische Legion“:
erfolgloses Granaten-Attentat am 8. Januar 1932 auf den japanischen Kaiser Hirohito in Tokio durch Lee Bong-Chang
Bombenanschlag am 28. April 1932 in Shanghai durch Yoon Bong-Gil auf die militärische Führung der Invasionstruppen in China, dem u. a. die Oberbefehlshaber der Flotte und des Heeres zum Opfer fielen.
Nach 1933 ließ Chiang Kai-shek koreanische Kadetten zur chinesischen Militärakademie zu, erstmals wurde so seit 1905 wieder die reguläre Ausbildung koreanischer Offiziere möglich.
Erst nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor, auf die die Exilregierung am 9. Dezember 1941 Japan und Deutschland den Krieg erklärte, gelang ihr unter Kim Gu, sich aus dem chinesischen Exil international Gehör zu verschaffen mit dem Euro-American Liaison Committee in Washington. Sie entsandte Beobachter zur Konferenz von Kairo 1943 und auf Vorschlag von Chiang Kai-shek wurde dort in die Kairoer Erklärung der Plan für die zukünftige Unabhängigkeit und Selbstständigkeit Chōsens integriert. In der Folge wurde auch in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen OSS-Spezialeinheiten in der pazifischen Region ausgebaut mit dem Ziel eines Einsatzes auch bei der Eroberung Chōsens.
Nach 1943 gelang die Bildung regulärer koreanischer Einheiten, welche auf Seiten der Alliierten an der chinesischen Front und im pazifischen Krieg kämpften; daneben gehörten koreanische Emigranten und Deserteure aus der japanischen Armee als Individuen und Gruppen einzelnen Armeen der Alliierten an, so auch die kommunistischen Gruppen um Kim Il-sung, der als Hauptmann Bataillonskommandeur bei der II. fernöstlichen Armee der Roten Armee diente.
Ansätze zu einer koreanischen Selbstverwaltung
Ab Anfang August 1945 bereitete die japanische Verwaltung unter dem Generalgouverneur Abe Nobuyuki die Übergabe der kriegsbedingt längerfristig nicht mehr haltbaren Kolonie an die lokale Bevölkerung vor, um ein Machtvakuum zu verhindern und den eigenen Leuten einen geordneten Rückzug zu ermöglichen. Am 8. August erklärt sich Yuh Woon-hyung bereit, den Wiederaufbau einer koreanischen Selbstverwaltung einzuleiten und eine Regierung zu bilden: die Koreanische Volksregierung (KVR) mit Yuh Woon-hyung als Vizepremier.
Ende der Besatzung
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gelang es den USA und der Sowjetunion nicht, Einigkeit über die Zukunft Koreas zu erzielen. Zwar war schon in der Kairoer Erklärung von 1943 festgelegt worden, dass Korea nach der Kapitulation Japans einen unabhängigen Staat bilden sollte. Allerdings sollte dies erst nach einer gewissen Übergangszeit („in due course“) erfolgen, da beide Seiten der Meinung waren, dass das Land nach Jahren der Fremdherrschaft politisch und wirtschaftlich komplett wiederaufgebaut werden müsse. Die Sowjetunion nahm schließlich den Vorschlag der USA an, Korea vorläufig entlang des 38. Breitengrads in zwei Besatzungszonen zu teilen. Die nördliche Zone sollte dabei unter sowjetische Verwaltung gestellt werden, die südliche Hälfte unter US-amerikanische. Anfangs hatten die US-Amerikaner die Halbinsel vollständig den Sowjets überlassen wollen.
Nach der offiziellen Kapitulation Japans besetzte die Rote Armee den Norden der Provinz und richtete dort noch im August 1945 eine sowjetische Zivilverwaltung ein. Die US-Amerikaner hingegen, unter General John R. Hodge, landeten erst am 8. September in Jinsen, um den südlichen Teil zu besetzen. Nach einem Vorschlag Dean Rusks mussten sich alle noch in der Kolonie verbliebenen japanischen Militärangehörigen nördlich des 38. Breitengrads der Roten Armee, südlich desselben der US-Armee ergeben. Beide Besatzungsmächte lehnten eine koreanische Selbstverwaltung zunächst ab.
Während das besetzte Japan und der Norden Zivilverwaltungen unterstellt wurden, errichteten die USA in ihrer südlichen Besatzungszone eine Militärregierung. Abe, der am 9. September versucht hatte, sich das Leben zu nehmen, sich dann aber den US-Amerikanern ergeben hatte, wurde erst am 12. September 1945 aus seinem Posten als Generalgouverneur entlassen.
Seit der Kapitulation bis zu diesem Zeitpunkt hatte die KVR unter japanischer Aufsicht die Verwaltung der Provinz übernommen. Die amerikanischen Militärregierung erwägt danach wurden noch japanische Beamte in ihren Ämtern zu belassen, da diese sich bestens in ihrer Kolonie auskannten.
Die Außenministerkonferenz vom 14. bis 23. Dezember 1945 in Moskau beschloss eine vier- bis fünfjährige Treuhänderschaft und eine vorläufige Regierung unter US-Betreuung.
Die US-Regierung wollte die der kommunistischen Infiltration verdächtigen Mitglieder der KVR wie auch nationalistische Kreise von jeder Macht fernhalten. Daher verbot nach der Verwaltungsübernahme durch US-Amerikaner die US-Regierung die KVR und ihre Strukturen.
Andererseits erkannte sie aber auch die aus dem Exil zurückkehrende KPR (Daehan Min-guk Imsi Jeongbu) mit ihrem Präsidenten Kim Gu nicht als koreanische Vertretung an, ihre Delegation wies der US-Oberbefehlshaber Hodge nach seinem Eintreffen zurück.
Dennoch spielten die bis zur Gründung der beiden Koreas fortbestehende KPR und Kim Gu eine erhebliche Rolle, Hodge spielte ihn und den aus dem US-Exil zurückkehrenden Rhee Syng-man gegeneinander aus.
Der Zusammenschluss der beiden Kontrahenten Rhee und Kim vom 14. Februar 1945 sollte dementsprechend die „Kommunisten“ um Yeo Un-Hyeon von der Gründung einer umfassenden nationalen Allianz abhalten, was aber misslang: die Einigkeit der überparteilichen KPR zerbrach, ihr linker Flügel schloss sich der neuen Linksallianz an. Zudem stand Kim für Ämter in einem nicht selbständigen oder geteilten Korea nicht zur Verfügung.
Hintergrund war eine dramatische Änderung der Weltlage. Die spärlichen Erfolge der Moskauer Konferenz, die Streitigkeiten um das persische Aserbaidschan, die Streitigkeiten um China und Korea veranlassten den US-Präsidenten Harry Truman zu seiner berühmten Notiz, die mit dem Satz endete: “I’m tired of babying the Sovjets.” Diese Haltung steht für den Beginn der Containment-Politik und des „Kalten Krieges“.
Koreanische Streitigkeiten
Daher ist der Einfluss der koreanischen Kontrahenten auf das künftige Schicksal Koreas begrenzt, wenn auch der die Streitigkeiten begleitende Mord und Totschlag an (insgesamt) vier Parteivorsitzenden binnen vier Jahren keine Stabilität und parteiübergreifende Orientierung der Politik belegt. Dieser Zwist muss aber auch teilweise auf die Politik der US-Regierung zurückgeführt werden, die den leichter zu steuernden Rhee favorisierte und die Gründung zweier Staaten, davon wenigstens einer unter US-Einfluss, wollte. Parallelen zur folgenden Entwicklung in Deutschland sind überdeutlich.
Die Allianz zwischen Rhee und Kim zerbrach an der Frage der Treuhänderschaft und der von der US-Regierung betriebenen Gründung eines südkoreanischen Teilstaates. Der Versuch von Kim Gu, durch innerkoreanische Konferenzen am 25. Februar 1947 und 20. April 1948 mit Gruppen aus dem Norden unter Kim Il-sung die Entwicklung zur Teilung Koreas aufzuhalten, endete ergebnislos. Nach Wahlen am 10. Mai 1948 unter UN-Aufsicht in der US-Besatzungszone, an denen sich die linken Gruppierungen nicht beteiligten, wurde die Republik Korea (Südkorea) gegründet, die sich in der Nachfolge der Vorläufigen Regierung der Republik Korea (KPR) sieht. Die KDVR (Nordkorea) ging aus Strukturen der koreanischen Volksregierung (KVR) hervor, die die sowjetische Verwaltung in ihrem Teil Koreas nicht verboten, sondern beeinflusst und gelenkt hatte.
1948 entstand die Republik Korea (Südkorea), die sich in der Nachfolge der Vorläufigen Regierung der Republik Korea sieht, während die KDVR (Nordkorea) aus Strukturen der KVR hervorging, die die sowjetische Verwaltung in ihrem Teil Koreas nicht verboten, sondern beeinflusst und gelenkt hatte.
1965 normalisierte Südkorea unter Park Chung-hee in einem Vertrag seine Beziehungen mit Japan, wobei die südkoreanische Führung die Trostfrauen bei den Reparationsfragen gegen Japan aussparte. Die japanischen Regierungen der Folgezeit sahen und sehen alle Ansprüche Südkoreas gegen ihr Land als mit diesem Vertrag abgegolten an.
Das Erbe der Besatzungszeit belastet weiterhin das Verhältnis der beiden koreanischen Staaten mit Japan.
Literatur
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