Kolpingfamilie Feldkirch

Logo des Kolpingwerkes
Direkt unter der Schattenburg, das Kolpinghaus (rot)
Adolph Kolping, Begründer des Kolpingwerkes
Diplom über die Aufnahme in das katholische Gesellenvereinswerk

Die Kolpingfamilie Feldkirch ist ein nationaler katholischer Sozial- und Arbeiterverein[1] mit Sitz in Feldkirch in Vorarlberg, Österreich. Er ist benannt nach Adolph Kolping (1813–1865), der zweiter Präses des von Johann Gregor Breuer 1846 in Elberfeld gegründeten Gesellenvereins war und an vielen anderen Orten weitere Gesellenvereine gründete.

Neben der Kolpingfamilie Feldkirch gibt es in Vorarlberg noch den Diözesanverband Vorarlberg[2], die Kolpingsfamilie Altach[3], die Kolpingsfamilie Bezau[4], die Kolpingsfamilie Bludenz[5], die Kolpingsfamilie Bregenz[6], die Kolpingsfamilie Dornbirn[7] und die Kolpingsfamilie Götzis.[8]

Kernstück und Schwerpunkt der Arbeit der Kolpingfamilie Feldkirch ist das Engagement mit und für die Familie. Der Kolpinggruß lautet „Treu Kolping“ mit der Antwort „Kolping treu“.

Geschichte

Das Kolpingwerk in Feldkirch begann wie in anderen Ländern als katholische Gemeinschaft für Handwerksgesellen.[9] Der Verein wurde als „katholische Gesellenverein“ in Feldkirch 1859 von Stadtpfarrer Fidel Häusle (gest. 8. Juni 1869) auf Anregung des Tischlergesellen Lorenz Ris aus Amberg gegründet. Es handelt sich dabei um den ältesten noch bestehenden Gesellenverein in Vorarlberg.[10] Die Genehmigung der Vereinssatzungen erfolgte am 8. Dezember 1858, als eigentliches Gründungsdatum gilt der 2. Februar 1859.[11] Damit ist der Feldkircher Gesellenverein auch im gesamten Kolpingwerk in Österreich einer der am frühesten gegründeten.[12] Adolf Kolping hat den Verein in Feldkirch noch persönlich besucht. Bereits im folgenden Jahr der Vereinsgründung hatte der Verein 70 Mitglieder.[13]

Aus Anlass der Vereinsgründung wurde ein Gottesdienst in der katholischen Basilika Rankweil und eine abendliche Festveranstaltung abgehalten. Zum ersten Vereinspräses bestimmte die Versammlung Stadtpfarrer Fidel Häusle, Stellvertreter wurde der Feldkircher Generalvikariatssekretär Thomas Fritsch. Thomas Fritsch (gest. 11. November 1875) folgte 1869 als Präses nach.

1865 wurde eine Bibliothek für die Mitglieder des Gesellenvereins gegründet.[14] 1867 bestand diese Bibliothek aus 306 Bänden.[15]

Gemäß dem Jahresbericht vom 7. Februar 1868 hatte der Verein zum Ende des Jahres 1867 78 Ehrenmitglieder. Als soziale Hilfestellung wurden damals den Mitgliedern angeboten: unentgeltlicher Unterricht in Rechnen, schriftlichem Aufsatz, Schönschreiben und Deklamation. Daneben bestand nun eine Vereinsbibliothek mit 499 Bänden und in der Vereinskrankenkasse befanden sich 78 Gulden und 30 Kronen. Sechs Gesellen erhielten daraus Unterstützung. Ab 1872 wurde zusätzlich noch Buchhaltung und Religion unterrichtet und der Verein betrieb auch eine Sparkasse.

Bereits 16 Jahre nach der Gründung hatte der Gesellenverein 1099 Gesellen als Mitglieder, ein Vermögen in der Gesellenkrankenkasse von 162 Gulden und eine Bibliothek mit 417 Bänden.[16] 1875 wurde am Goaßacker Platz, heute Jahnplatz, der „Blumsche Stadel“ gekauft und zum bis heute bestehenden Gesellenhaus (Kolpinghaus) umgebaut.[17] Der Kauf wurde durch die als „edle Wohltäterin“ bezeichnete Madam Muther ermöglicht. Nachfolger von Thomas Fritsch wurde Anton Walter (gest. 1917).

Im Vereinsbericht vom 3. Februar 1878 ist festgehalten, dass der Verein seit 1859 (Gründungsjahr) 1521 Gesellen aufgenommen hat und 1877 wiederum 72 Gesellen neu beigetreten sind. Im Kolpinghaus fanden 1877 über 100 Gesellen Unterkunft. Auch in diesem Bericht des Präses, Anton Walter, wird auf die Soziale Frage hingewiesen: Mit der Pflege des katholischen Gesellenvereins wird ein Stück der sozialen Frage gelöst, langsam beginnt man sich auch in den höheren Kreisen für die arbeitende, ärmere Bevölkerung zu interessieren. Wäre dieses schon früher geschehen, so hätte der Sozialismus nicht diese Ausdehnung gewinnen können.

Am 16. November 1887 versammelten sich im Saal des Katholischen Gesellenvereins in Feldkirch „50 Herren geistlichen und weltlichen Standes“, um sich wegen der Gründung eines im katholischen Geiste geleiteten Lehrerseminars in Vorarlberg zu besprechen. Dieses sollte zum Andenken an das vierzigjährige Regierungsjubiläum des Kaisers Franz Joseph I. errichtet werden. Am 26. November 1888 konnte die neue Lehrerbildungsanstalt mit 24 Kandidaten und drei Lehrern aus dem Orden der Schulbrüder eröffnet werden.[18]

Der Ausbau des Kolpinghauses war ein ständiges Anliegen und im Bericht vom 18. September 1895 wird hierzu festgehalten: Die Mittel zum Ausbau unseres Hauses liegen noch recht im Argen. Wir hoffen mit dem Theaterspiel in Dornbirn unsere Finanzen aufbessern zu können. Diese Veranstaltungen waren finanziell erfolgreich und am 3. Februar 1900 konnte das Gründungsfest im neu restaurierten Saal abgehalten werden.

Am 12. September 1909 wurde das fünfzigjährige Bestehen des Gesellenvereins in Feldkirch mit einer Festmesse um 10:30 Uhr und einem anschließend Festzug durch die Stadt begangen und um 20:00 Uhr mit einer Festveranstaltung im Saalbau des Kolpinghauses, zu dem auch der Präses des Hauptgesellenvereins aus Wien anreiste.

Erinnerungstafel im Eingangsbereich des Kolpinghauses über die Konstituierung des Landesausschusses Vorarlberg am 24. Mai 1945
Ehrenurkunde 100 Jahre Mitgliedschaft im Kolpingwerk

Nachdem in der Zwischenkriegszeit die Gemeindeverwaltungen Sozialaufgaben übernommen hatten, verlor auch der Gesellenverein in Feldkirch, spätestens zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, seine Bedeutung und auch seinen Einfluss.

Im Haus des Gesellenvereins fand mit Zustimmung des Vereins am 24. Mai 1945 die erste konstituierende Landesausschusssitzung des Vorarlberger Landesausschuss statt (Gedenktafel am Eingang). Der Landesausschuss amtiert zunächst auch im Kolping-Gesellenhaus, ab Anfang Juni in der ehemaligen Handelskammer in Feldkirch.[19] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kolpinghaus neben der eigenen Vereinstätigkeit unter den Präses Pfarrer Kilga und Pfarrer Raimund Zaggl auch verschiedenen Feldkircher Vereinen, Schulen und sozialen Einrichtungen und der Altpfadfindergruppe Feldkirch zur Verfügung gestellt und 1951 bis 1960 bestand unter der Leitung von Fidel Schurig auch wieder eine Kolping-Theatergruppe. Es bestand auch im ersten Obergeschoss zeitweise ein städtischer Kindergarten. Seit Ende der 1960er Jahre konnten auch in Feldkirch Frauen und Mädchen Mitglied der einzelnen Kolpingsfamilie werden und vollzog sich die Umbenennung der „Katholischen Gesellenvereine und -häuser“ in Österreich in „Kolpingsfamilien und Kolpinghäuser“.[20]

Nach dem Ausbau des Dachgeschosses und weiteren Adaptierungsarbeiten wurde das Vereinslokal in den Dachboden verlegt und finden Veranstaltungen sowie einmal monatlich kostenlose Rechtsberatungen für Vereinsmitglieder statt[21] und bereits seit 1991 sind Einrichtungen der Caritas im Haus untergebracht (z. B. eine Notschlafstellen mit ständiger Betreuung und die Flüchtlingshilfe).[22]

Organisation

Der Verein wird ausschließlich von ehrenamtlichen Helfern im Rahmen des Kolpingwerkes Feldkirch getragen und betreut. Der Tätigkeitsbereich ist vorrangig auf Feldkirch in Vorarlberg konzentriert.

Gesetzlich vorgesehene vereinsrechtliche Organe sind: Obmann (Präses, derzeit Lukas Laterner), Schriftführerin (derzeit Sonja Schwendinger-Natter) und Kassier (derzeit Norbert Natter).

Gemäß § 17 Abs. 8.4 der Statuten bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte, Urkunden, Ausfertigungen und Vereinbarungen der Zustimmung

  • des Wirtschaftsvorstandes,
  • Information an das Diözesan/ Landespräsidium,
  • der Mitzeichnung durch den Leiter des Wirtschaftsvorstandes, sowie
  • der schriftlichen Genehmigung des Präsidenten von Kolping Österreich:
  1. Rechtsgeschäfte, die den Erwerb und Verkauf, die Belehnung und Belastung der Kolpingsfamilie, ihres Liegenschaftsvermögens und sonstiger Vermögenswerte betreffen, langfristige Bestandverträge (Verträge, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder getroffener Vereinbarung länger als drei Jahre dauern) und solche, die einem gesetzlichen Kündigungsschutz unterliegen, sowie Rechtsgeschäfte in Zusammenhang mit dem Neu- und Umbau von Kolpinghäuser im Sinne des § 3 Abs. 2.6., sofern diese jährlich 10 % des Vorjahresumsatzes übersteigen. Die Genehmigung setzt die Vorlage der Bau- und Finanzierungsplanung sowie den Bedarfsnachweis voraus.
  2. Aufnahme von Darlehen und Krediten, sofern diese ein Jahresvolumen in der Höhe von 10 % des Vorjahresumsatzes übersteigen.

Für die Abhaltung der Generalversammlung einer örtlichen Kolpingsfamilie gibt es einheitliche Geschäftsordnung, die von der Bundes-Generalversammlung beschlossen und in Kraft gesetzt wurde.[23]

Trivia

Die Kolpingfamilie in Feldkirch ist Pate der Damtiere Charlotte und Emilia im Wildpark Feldkirch.

Siehe auch

Commons: Kolpingfamilie Feldkirch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ZVR-Zahl: 799 382 935
  2. ZVR-Zahl: 568 921 666. Zuständig für die Kolpingsfamilien in Altach, Bezau, Bludenz, Bregenz, Dornbirn, Feldkirch, Götzis.
  3. ZVR-Zahl: 808 628 241.
  4. ZVR-Zahl: 894 837 695.
  5. ZVR-Zahl: 504 001 306.
  6. ZVR-Zahl: 792 377 050
  7. ZVR-Zahl: 780 870 781.
  8. ZVR-Zahl: 721 509 263.
  9. Die weiteren Ausführungen ohne eigene Zitation sind aus einem geschichtlichen Überblick des katholischen Gesellenvereins in Feldkirch/Kolpingfamilie Feldkirch von Ida Natter vom November 2004 übernommen.
  10. Siehe auch hierzu: Im Prinzip: Hoffnung. Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870-1946 Bregenz 1984, S. 6, da bis zum Vereinsgesetz von 1867 jeder Versuch einer Selbstorganisierung der Arbeiterschaft von den Behörden streng bekämpft wurde und es 1877 in Österreich zum Verbot fast aller Arbeiterbildungsvereine wegen ihrer „socialdemokratischen Richtung“ kam. Katholische Gesellenvereine nach dem Muster Adolf Kolpings waren Arbeitervereinigungen, die hingegen bestehen bleiben durften.
  11. Robert Hoffmann (Hg), Bürger zwischen Tradition und Modernität. Bereits zuvor bestanden Arbeitervereine, die jedoch freiwillig oder zwangsweise nach kurzer Zeit wieder aufgelöst wurden, S. 371 ff.
  12. 1860 wurde der heute noch bestehende katholische Gesellenverein in Bregenz und 1861 in Dornbirn gegründet – beide heute „Kolpingfamilie“. Siehe auch: Industrie-Provinz: Vorarlberg in der Frühindustrialisierung 1740-1870, S. 341.
  13. Robert Hoffmann (Hg), Bürger zwischen Tradition und Modernität, der Verein in Dornbirn 60, in Bregenz 30 und in Bludenz 20 Mitglieder, S. 371.
  14. Christoph Volaucnik, Lesevereine in Feldkirch in Feldkirch aktuell, S. 3.
  15. Vorarlberger Volksblatt vom 8. Februar 1867.
  16. Katholischer Gesellenverein Feldkirch, Vereins-Blüten: Blätter für Belehrung und Unterhaltung, Band 3, Beilage zum Vorarlberger Volksblatt, S. 38 f, Meldung vom 10. Februar 1875.
  17. Aufgrund dendrochronologischen Untersuchungen konnte 2024 bei einem Umbau nachgewiesen werden, dass das Holz für die Holzbalken des Hauses im Dachgeschoss 1836/1837 gefällt wurde und das Haus vermutlich nach 1838 gebaut wurde.
  18. s’Meschiger Kirchablättle, Götzis, S. 6. Das Katholische Lehrerseminar wurde sodann 1888 gegründet (siehe: Katholisches Lehrerseminar in Feldkirch aktuell vom 29. September 2007, S. 5).
  19. Mit Dekret vom 24. Mai 1945 stellte die französische Militärregierung in Vorarlberg unter General René de Hesdin die Landesautonomie wieder her und ernannte diesen Landesausschuss. Siehe auch: Gott segne unsere Arbeit und unser Land! (Memento des Originals vom 15. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vorarlberg.at und Ein Gedenkort der Freiheit Enthüllung einer Gedenktafel am Gesellenhaus in Feldkirch, 24. Mai 2005
  20. In Deutschland erfolgte die Umbenennung der katholischen Gesellenvereine bereits 1935 in „Kolpingsfamilien“, um einem Verbot durch die nationalsozialistische Diktatur zu entgehen.
  21. Seit 2010. Auch für die Mitglieder des Pensionistenverbandes in Vorarlberg und Naturfreunde Vorarlberg durch Rechtsanwalt Anton Schäfer.
  22. Johannes Lampert, Die Caritas in Vorarlberg Ursprünge - Geschichte - Ausblick, S. 87.
  23. Geschäftsordnung der Generalversammlung einer örtlichen Kolpingsfamilie (Memento des Originals vom 6. Februar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kolping.at.