Sein Grab befindet sich auf dem alten Friedhof in Hochkirch. Das Archiv der Akademie der Künste in Berlin bewahrt seinen Nachlass.
Werk
Kito Lorenc’ umfangreiches Œuvre umfasst neben literarischen Werken auch Herausgeberschaften, Übersetzungen und wissenschaftliche Schriften. Er publizierte lebenslang in sorbischer und deutscher Sprache. Zuerst erschien 1961 der Band „Nowe časy – nowe kwasy“, der vornehmlich Gedichte aus seiner Studentenzeit enthält.[2] 1967 stellt er seinem Band „Struga. Wobrazy našeje krajiny. Bilder einer Landschaft“, der obersorbische und deutsche Fassungen der versammelten Gedichte nebeneinander abdruckt, den programmatischen Essay „Struga – konfesija“/„Struga – eine Konfession“ voran. Hier äußert er sich zur gegenwärtigen Lage der sorbischen Kultur in der DDR und es heißt:
„Štož smy so jako Serbja stali, štož smy a štož budźemy – buchmy, smy a budźemy z NDR, we njej, přez nju. Ale štož bě serbskemu basnikej Jurjej Brězanej před 18 lětami skónčny wuslědk w cylu dołheho pytanja, wone ‚Sym namakał swoju … wótčinu‘, to móžeše našemu pućej jenož spočatk być. Bohudźak njemějachu Serbja ani lóšta ani składnosće, so jako idyliska mjeńšina před pozadkom powabneje krajiny přitulnje wusydnyć w tutej swojej prěnjej wótčinje, takrjec jako atrakcija za turistow – a tak zalutowa so tež jich pisarjam zhotowjenje wotpowědnych folklorizowacych spěwančkow k tajkemu dwělomnemu, ponižacemu, anachronistiskemu předewzaću. Ně, hnydom Serbow přeja demokratiske a socialistiske přetworjenje tutoho kraja, woni dachu jemu dobry podźěl jónkróćneje swojoraznosće, činja jo runje w tučasnej, dych wotražowacej, ludźi a rěče a wašnja přewróćacej industrializaciji Łužicy diferencowaniše, bohatše na konfliktach, pisaniše.“[3]
In der deutschsprachigen Fassung:
„Was wir als Sorben geworden sind, sind und sein werden – wurden, sind und werden wir mit der DDR, in ihr, durch sie. Aber was dem sorbischen Dichter Jurij Brězan vor 18 Jahren endliches Ergebnis am Ziel langen Suchens war, jenes ‚Ich hab es gefunden … mein Vaterland‘, das konnte unserem Weg nur Beginn sein. Gott sein Dank hatten die Sorben weder Lust noch Gelegenheit, es sich als idyllische Minderheit vor reizvollem Landschaftshintergrund gemütlich zu machen in diesem ihrem ersten Vaterland, sozusagen als Touristenattraktion, und so blieb es auch ihren Schreibern erspart, die folklorisierenden Klampfengesänge zu solch zweifelhaftem, erniedrigendem, anachronistischem Unterfangen zu liefern. Nein, sofort wurden die Sorben erfaßt von der demokratischen und sozialistischen Umgestaltung dieses Landes, gaben ihr einen guten Teil unverwechselbarer Eigenheit, machen sie gerade in der gegenwärtigen atemberaubenden, Menschen und Sprachen und Sitten durcheinanderwirbelnden Industrialisierung der Lausitz differenzierter, konfliktreicher, farbiger.“[4]
Es folgen die Gedichtbände „Kluče a puće“ [Schlüssel und Wege] (1971) und „Flurbereinigung“ (1973). Letzterer versammelt neben anderen Gedichten auch deutschsprachige Übertragungen aus „Kluče a puće“ sowie die deutschsprachigen Fassungen der Gedichte und des Essays aus „Struga“.
1969 bis 1976 leitete Lorenc zudem den Kružk serbskich młodych awtorow (Zirkel sorbischer junger Autoren) und förderte so eine neue Generation sorbischer Dichterinnen und Dichter. Enge persönliche und künstlerische Kontakte unterhielt Lorenc außerdem zur sogenannten Sächsischen Dichterschule, einer Gruppe von Autoren, die in den 1960ern und 1970ern die DDR-Lyrik wesentlich mitprägte.[2]
Im Jahr 1981 verantwortete Lorenc das „Sorbische Lesebuch/Serbska čitanka“, in dem er Texte der sorbischen Literatur von ihren Anfängen bis zur Gegenwart zusammenstellte, den Großteil selbst ins Deutsche übersetzte und kommentierte.[2][5] Die gesellschaftskritische Dimension seines Werkes wird im Laufe der 1980er Jahre immer deutlicher und kulminiert im Gedichtband „Gegen den großen Popanz“, der außerdem den zunächst als Samisdat publizierten „Kleinen Weggefährten durch den Winter“ enthält.[2]
Nach der Wende gab Lorenc gemeinsam mit Johann P. Tammen „Aus jenseitigen Dörfern. Zeitgenössische sorbische Literatur“ heraus und machte erneut sorbische Literatur in deutscher Übersetzung zugänglich. Im Band finden sich u. a. Lyrik von Róža Domašcyna und Prosa von Angela Stachowa. Illustrationen steuerten Iris Brankačk, Maja Nagel und Božena Nawka-Kunysz bei. Die Herausgebertätigkeit führt Lorenc mit „Das Meer. Die Insel. Das Schiff“ (2004) fort. Sein letzter deutschsprachiger Lyrikband „Windei in der Wasserhose des Eisheiligen“ kam 2015 in den Buchhandel, sein letzter sorbischsprachiger „Zymny kut“ erschien 2016 im Domowina-Verlag.
Nicht nur die von Lorenc herausgegebenen Sammelwerke zeigen seine reiche Übersetzertätigkeit. Ebenso ergänzt er seine Bände „Suki w zakach“ (1998), „Podomk“ (2010) und „Zymny kut“ mit Übersetzungen von Johann Wolfgang Goethe, Maksim Tank, Ludvik Kundera, Karl Jaromír Erben und zahlreichen anderen Dichtern ins Sorbische. Daneben setzt er sich kontinuierlich auf wissenschaftlicher Ebene mit Literatur auseinander, z. B. in Studien zu Jan Lajnert oder Johannes Bobrowski.[6]
Die wendische Schiffahrt. Zwei Dramen, Domowina-Verlag 2004, ISBN 3-7420-1988-0.
kepsy-barby/Fehlfarben. Gedichte. sorbisch/deutsch, hrsg. von Paul Alfred Kleinert, Verlag der Nessing’schen Buchdruckerei 2005 (= die Nessing’schen Hefte No. 4).
Struga. Bilder einer Landschaft. Regie: Konrad Herrmann. Drehbuch: Toni Bruk, Konrad Herrmann, Hochschule für Film und Fernsehen der DDR (Potsdam-Babelsberg) 1972, 27 min.
Versuch über uns – Gedichte / Pospyt wo nas – Basnje, ausgewählt und gesprochen von Michael Lorenz, 3 CDs, Domowina-Verlag Bautzen 2015, ISBN 978-3-7420-2359-9
↑Kito Lorenc: Struga – konfesija. In: Struga. Wobrazy našeje krajiny. Bilder einer Landschaft. Ludowe nakładnistwo Domowina/VEB Domowina-Verlag, Budyšin/Bautzen 1967, S.7.
↑Kito Lorenc: Struga – eine Konfession. In: Struga. Wobrazy našeje krajiny. Bilder einer Landschaft. Ludowe nakładnistwo Domowina/VEB Domowina-Verlag, Budyšin/Bautzen 1967, S.11.
↑Christian Prunitsch: Über das kanonische und das subversive Konzept sorbischer Literaturgeschichte. In: Diana Hitzke (Hrsg.): Dominanz und Innovation. Epistemologische und künstlerische Konzepte kleiner europäischer und nicht-westlicher Kulturen. transcript, Bielefeld 2021, ISBN 978-3-8376-5737-1, S.119–134.
↑Kito Lorenc: Gedicht-Geschichten. Literaturkritische Studien. Wólny wjerš a formy ryma. Literarnokritiske studije. Hrsg.: Franz Schön und Christian Prunitsch unter Mitarbeit von Juliane Rehnolt. Domowina-Verlag/Ludowe nakładnistwo Domowina, Bautzen/Budyšin 2022, ISBN 978-3-7420-2616-3.
↑Smederevo – Dresden – Kamenz. Ehrungen für Kito Lorenc. In: Kleine Reihe des Sorbischen Instituts/Mały rjad Serbskeho instituta. Band12. Bautzen/Budyšin 2009, ISBN 978-3-9808608-8-8.